Fragen zur Bundestagswahl 2025 Wie kommt der Wohnungsbau wieder in Schwung?

Wie kommt der Wohnungsbau wieder in Schwung?
Dr. Anja Reinalter (Bündnis90/Die Grünen), Martin Gerster (SPD) und Wolfgang Dahler (CDU) äußerten sich zur Lage im Wohnungsbau. (Bild: Pixabay)

Für viele Menschen ist derzeit der Traum vom Eigenheim kaum realisierbar. Stark gestiegene Baukosten, höhere Zinsen, teure Kosten für den Grunderwerb und die unsichere Wirtschaftslage sind Gründe dafür. Auch Mieter sind von der Bauflaute betroffen. Der Sozialwohnungsbau schwächelt ebenfalls, zu wenige Wohnungen werden gebaut. Dies verschärft die Lage auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt und lässt die Mietpreise weiter steigen.

Wir fragten bei Dr. Anja Reinalter (Bündnis90/Die Grünen), Martin Gerster (SPD) und Wolfgang Dahler (CDU) nach. Sie kämpfen für ihre jeweilige Partei um ein Bundestagsmandat im Wahlkreis Biberach.

Eigentlich wollte der Bund, dass in jedem Jahr 400.000 neue, bezahlbare und klimagerechte Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen bauen. Warum ist dieses Vorhaben in den letzten Jahren so krachend gescheitert?

Reinalter: „Die Preise für Wohnimmobilien haben seit 2018 eine Preissteigerungsrate von drei Prozent und mehr. Grund hierfür war die kontinuierlich hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien. Aufgrund der Probleme bei der Materialversorgung und den damit verbundenen Preissteigerungen, wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine sind die Preise noch einmal massiv gestiegen, hinzu kam noch die Inflation. Diese Gemengelage führte dann dazu, dass die Immobilienpreise, mit in der Spitze 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, geradezu explodiert sind.

Die Anhebung der Zinsen für Immobilienkredite erschwerte zusätzlich die Projektfinanzierung und führte zu einem Rückgang der Immobilieninvestitionen von Unternehmen aber auch gerade von Privatpersonen. Eine Entwicklung, die in dieser Form nicht abzusehen war, als der Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Die Niedrigzinsphase ist von der Unionsregierung nicht dazu genutzt worden in einem günstigen Marktumfeld das zu bauen, was schon damals dringend nachgefragt wurde: Bezahlbare Wohnungen.“

Gerster: „Die Bauwirtschaft hatte in den vergangenen Jahren mit mehreren Herausforderungen zu tun, die sich negativ auf die Bauaktivitäten in Deutschland ausgewirkt haben. Preissteigerungen durch Krieg und Inflation, Materialengpässe, die sich zusätzlich auf die Preise ausgewirkt haben, rapide Zinserhöhungen, die Investitionen in Bauprojekte erschwert haben, bis hin zum Fachkräftemangel auch in der Baubranche haben dazu geführt, dass weniger als von der Bundesregierung angestrebt gebaut wurde – trotz der richtigen Anreize für umfangreiche Investitionen in den Neubau von Wohnungen. Aber ein genauerer Blick lohnt sich: Jahr für Jahr wurden trotz der schwierigen Lage, in der sich die Baubranche insbesondere durch die Folgen des russischen Kriegs befindet, etwas weniger als 300.000 Wohnungen errichtet. Durch zielgerichtete Wohnbauförderung, mit Rekordsummen vom Bund auf den Weg gebracht, wurden in vielen Bundesländern wieder Sozialwohnungen geschaffen, teilweise betrug der Anstieg über 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.“

Dahler: „Es muss mehr gebaut werden. Wohnen ist die neue soziale Frage unserer Zeit. Die Ampel hat das Versprechen abgegeben, 400.000 Wohnungen jährlich zu bauen – eine der vielen unrealistischen Ankündigungen der Ampel, die nicht ansatzweise eingehalten werden konnten, weil die entscheidenden Schritte nicht eingeleitet wurden. Wir brauchen in Deutschland mehr Wohnraum, Bauen muss billiger und schneller. Zusätzlich müssen wir die Eigentumsquote erhöhen und die Möglichkeit zum Eigenheim oder der eigenen Wohnung wieder breiten Bevölkerungsschichten, wie es in anderen EU-Staaten, ermöglichen.“

Was muss umgehend geschehen, um die Zahl der Neubauten und die Zahl im Sozialwohnungsbau auf die jährlich minimal 400.000 Einheiten zu steigern?    

Reinalter: „Wir Grüne haben dann unter sehr viel schlechteren Bedingungen einiges auf den Weg gebracht. So fördern wir den sozialen Wohnungsbau wie noch nie. Für den Bau preisgünstiger Mietwohnungen stehen bis 2027 über 18 Milliarden Euro bereit, auch für das Programm Junges Wohnen für Studierende und Auszubildende. Diesen Weg wollen wir weiter gehen. Mit der Einführung der „Neuen Wohngemeinnützigkeit“ haben wir den Grundstein für dauerhaft bezahlbaren Wohnraum und günstige Mietwohnungen gelegt. Für eine nachhaltige und kraftvolle Neue Wohngemeinnützigkeit braucht es Fördermittel. Wir wollen die Mittel für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau noch einmal deutlich erhöhen. So können Unternehmen in langfristig bezahlbare Wohnungen investieren.

Zusätzlich haben wir einige Erleichterung im Steuerrecht vorgenommen. Hierzu gehört die Anhebung der linearen Abschreibung von Wohngebäuden von zwei auf drei Prozent und die Neuauflage einer zeitlich befristeten Sonderabschreibung im Mietwohnungsbau, mit der wir einen Steueranreiz für den klimagerechten Bau von bezahlbaren Wohnungen gesetzt haben. Zudem haben wir eine degressive AfA für neu gebaute oder neu erworbene Wohngebäude und Wohnungen eingeführt: Im ersten Jahr können fünf Prozent der Investitionskosten und in den folgenden Jahren jeweils fünf Prozent des Restwertes steuerlich geltend gemacht werden.“

Gerster: „Wir haben die Neubauförderung verstetigt und fördern klimafreundlichen und bezahlbaren Neubau mit 4,5 Milliarden Euro. Den aktuellen Wohnungsmangel wollen wir mit einer Investitions-, Steuer- und Entbürokratisierungsoffensive überwinden und Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Das schafft gute Rahmenbedingungen für privat Investitionen, insbesondere auch in den sozialen Wohnungsbau. Wir wollen einen Deutschlandfonds aufstellen, der öffentliches und privates Kapital mobilisiert, um die wichtigen Investitionsbedarfe erfüllen zu können, etwa beim Wohnungsbau. Mit dem Deutschlandfonds sollen Staat und private Geldgeber gemeinsam und bürokratiearm in Deutschlands Zukunft investieren können. Der Deutschlandfonds soll anfangs mit 100 Milliarden Euro ausgestattet werden und das Kapital nutzen, um Unternehmen und Einrichtungen, etwa kommunale Wohnungsbaugesellschaften, mit nötigen Finanzmitteln für wichtige Zukunftsinvestitionen auszustatten. Mit der neuen Wohngemeinnützigkeit hat die SPD bereits einen wichtigen Grundstein für eine weitere Säule für dauerhaft bezahlbare Wohnungen neben dem sozialen Wohnungsbau gelegt. Wir streben an, die finanziellen Anreize für den Bau von neuen Wohnungen nach den Bedingungen der Wohngemeinnützigkeit mit einem Investitionskostenzuschuss weiterzuentwickeln. Mit einer neuen bundeseigenen Wohnungsgesellschaft werden wir vorangehen, um durch eigene Wohnungsförderung den Markt zu entlasten.“

Dahler: „Es gibt viele Stellschrauben: Das Bauordnungs- und Raumordnungsrecht muss vereinfacht werden und über einen „Bautyp E“ wie „einfach“ muss Bauen günstiger werden. Wir müssen mit mehr Pragmatismus einfacheres und innovatives Bauen ermöglichen. Für mehr Neubau brauchen wir auch mehr Bauland. Wir müssen sowohl Neubaugebiete schaffen als auch über innerörtliche Verdichtung und Aufstockung mehr günstigen Wohnraum schaffen. Die Union will ein Moratorium für Baukosten: Also keine neuen Standards! Hier sind auch die Länder gefragt, ihre jeweiligen Landesbauordnungen zu entschlacken. Unser CDU-geführtes Landesministerium für Wohnen hat eine Novellierung der Landesbauordnung mit vielen Verbesserungen und Beschleunigungen vorgelegt. So soll etwa in Zukunft eine Baugenehmigung nach der vorgeschriebenen Frist als erteilt gelten, wenn noch nicht beschieden wurde. Das Widerspruchsverfahren beim Regierungspräsidium soll abgeschafft werden, das Baugenehmigungsverfahren als Ganzes verschlankt und das Bauen im Bestand vereinfacht werden. Das ist der richtige Weg.

Runter mit den Baunebenkosten – auch durch Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer für die erste selbst genutzte Immobilie! Neben der Wohnungsbauförderung des Bundes und der Länder wollen wir auch mit einer Sonderabschreibung dafür sorgen, dass der private Wohnungsbau durchstartet, denn ohne private Bauträger können wir das Problem nicht lösen.“

Kann es sein, dass Standards und Bauvorschriften die Neubauten so teuer machen, dass Investoren/Baugesellschaften/ Baugenossenschaften keinen Markt mehr dafür erkennen können?

Reinalter: „Die Standards und Vorschriften sind es nicht allein. Vor allem die seit Jahren steigenden Preise für Bauland macht das Bauen immer teurer. Wir Grüne setzen uns daher für eine Bodenpolitik ein, die sich auch am Gemeinwohl orientiert, und wollen hierfür das Baurecht entsprechend anpassen. Wir wollen die verschiedenen Potentiale der Innenverdichtung nutzen und so mehr Wohnraum schaffen.

Wir wollen gute Rahmenbedingungen für klimaverträgliches, schnelles und möglichst preiswertes Bauen und Umbauen schaffen. Hierfür wollen wir bau- und steuerrechtliche Hürden und den Bürokratieaufwand senken. Dazu werden wir das Baurecht vereinfachen, Verfahren digitalisieren und bundesweit angleichen – davon profitieren alle Formen des Bauens. Übertriebene Anforderungen an bauliche Standards werden wir auf ein sinnvolles Maß zurückführen.“

Gerster: „Wir haben bereits dafür gesorgt, dass Planen, Genehmigen, Bauen und Betreiben von Gebäuden schneller und effizienter wird. Mit dem neuen Gebäudetyp E soll schneller und bis zu 10 Prozent günstiger gebaut werden. Solche vereinfachten Baustandards wollen wir weiterentwickeln. Im seriellen und modularen Bauen stecken große Potenziale, die wir heben wollen.“ 

Dahler: „Standards und Bauvorschriften sind neben der Verteuerung der Baumaterialien und dem höheren Zinsniveau ein gewichtiger Grund dafür, dass Bauen so teuer ist. Hier kann die Politik aber Einfluss ausüben. Die Union will das tun und es nicht nur bei Ankündigungen belassen. Die Ampel hatte wieder ein gesondertes Bauministerium eingerichtet, um der Aufgabe mehr Aufmerksamkeit zu geben. Gebaut wurde aber vor allem eine neue Behörde mit mehr Personal und zusätzlicher Ministerin, aber zu wenig Wohnungen.“

Welche Programme für die energetische Ertüchtigung von Bestandsbauten sollten aufgelegt werden, damit sie einen echten und bezahlbaren Anreiz für Besitzer von Altbauten bieten? 

Reinalter: „Wir Grüne wollen mit einer sozialverträglichen Sanierungsoffensive die Anforderungen und die Förderung gleichermaßen auf die Sanierung der schlechtesten Gebäude ausrichten und haben dabei Menschen mit kleinem Geldbeutel besonders im Blick. Wir wollen auch mehr privates Kapital für die Sanierung energetisch schlechter Bestandsgebäude aktivieren. Etwa durch steuerliche Förderung, „Pay as you save“-Modelle oder einem Wärmefonds. Diese Optionen kommen vor allem für Haushalte mit gutem Einkommen und Rücklagen in Frage. Grundsätzlich gilt für uns: wer wenig verdient, bekommt mehr Förderung. Deswegen setzen wir uns auch für eine soziale Staffelung der Förderung für Sanierungen (Bundesförderung effiziente Gebäude) ein.“

Gerster: „Das KfW-Förderprogramm ‚Jung kauft Alt‘ haben wir bereits zum Jahresanfang erweitert. Im nächsten Schritt wollen wir dieses Programm verstetigen und weiter ausbauen. Das Programm ermöglicht zinsgünstige Kredite und Zuschüsse zur energetischen Sanierung.

Dahler: „Wir wollen mehr Eigentumsbildung. Das schließt auch die Förderung von energetischer Sanierung von Bestandsbauten ein. Wir werden die bestehenden Förderprogramme neu ausrichten und etwa Einkommensgrenzen anheben. Zusätzlich wollen wir Kosten für energetische Sanierungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer abzugsfähig machen. Bei Neubauten wollen wir den KfW55-Standard wieder förderfähig machen, was die Ampel nahezu über Nacht abgeschafft hatte. Das hat viele Häuslebauer verunsichert, die bereits mit der Förderung geplant hatten.“