Nato beobachtet Einsatz von Streubomben

Nato beobachtet Einsatz von Streubomben
«Die kommenden Tage werden wahrscheinlich noch schlimmer sein»: Jens Stoltenberg. (Bild: Olivier Matthys/AP/dpa)

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Russland setzt bei seinen Angriffen auf die Ukraine laut Jens Stoltenberg auch Streumunition ein. Der Nato-Generalsekretär befürchtet für die kommenden Tage «mehr Leid, mehr Tod und mehr Zerstörung».

Brüssel (dpa) – Nach Angaben der Nato setzt Russland im Krieg gegen die Ukraine auch Streumunition ein. «Wir haben den Einsatz von Streubomben gesehen», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.

Zudem gebe es auch Berichte über den Einsatz anderer Waffenarten, die gegen das Völkerrecht verstoßen würden. Details nannte Stoltenberg nicht. Russland war zuletzt auch der Einsatz sogenannter thermobarischer Artillerie-Waffensysteme vorgeworfen worden, die eine besonders zerstörerische Kombination aus einer Hitze- und Druckwelle verursachen.

So groß wie Getränke- oder Spraydosen

Als Streumunition werden Raketen oder Bomben bezeichnet, die noch in der Luft über dem Ziel zerbersten und eine Vielzahl kleiner Sprengkörper freisetzen, die sogenannte Submunition. Diese Mini-Bomben, in etwa so groß wie eine Getränke- oder Spraydose, fallen dann in einem Umkreis von mehreren Dutzenden Metern zu Boden.

Sie können selbst leicht gepanzerte Fahrzeuge durchschlagen und nicht nur durch ihre Splitterwirkung Menschen in der Nähe tödlich verletzen. Streumunition kann vom Boden aus durch Raketenwerfer abgefeuert, aber auch von Flugzeugen als Bombe abgeworfen werden.

Streubomben sind in den meisten Ländern der Welt geächtet. Mehr als hundert Staaten gehören bereits einem 2010 in Kraft getretenen Übereinkommen gegen Streumunition an, darunter Deutschland. Der völkerrechtliche Vertrag verbietet unter anderem die Herstellung und den Einsatz dieser Art von Munition. Russland und die Ukraine haben das Übereinkommen jedoch nicht unterzeichnet. Berichten zufolge wurde seit 2014 auch in umkämpften Gebieten im Donbass Streumunition verwendet.

Stoltenberg rechnet Verschlechterung der Lage

Stoltenberg erwartet wegen des anhaltenden Kriegs noch eine deutliche Verschlechterung der Lage in dem osteuropäischen Land. «Die kommenden Tage werden wahrscheinlich noch schlimmer sein, mit mehr Tod, mehr Leid und mehr Zerstörung», sagte der Norweger nach einem Treffen der Nato-Außenminister. Die russischen Streitkräfte setzten schwerere Waffen ein und setzten ihre Angriffe im ganzen Land fort.

Schon jetzt seien in dem russischen Angriffskrieg viele Zivilisten getötet oder verletzt worden. Stoltenberg sprach von der schlimmsten militärischen Aggression in Europa seit Jahrzehnten.

Nato schließt Flugverbotszone über Ukraine aus

Unterdessen wird Nato dem ukrainischen Wunsch nach Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine nicht nachkommen. Das Thema sei angesprochen worden, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach Beratungen der Außenminister der Mitgliedstaaten in Brüssel.

Die Alliierten seien sich aber einig, dass Nato-Flugzeuge nicht im ukrainischen Luftraum operieren sollten. «Wir haben als Nato-Verbündete die Verantwortung, eine Eskalation dieses Krieges über die Ukraine hinaus zu verhindern, denn das wäre noch gefährlicher, verheerender und würde noch mehr menschliches Leid verursachen», sagte Stoltenberg. Für die Durchsetzung einer Flugverbotszone müssten Nato-Kampfflugzeuge in den ukrainischen Luftraum fliegen und russische Flugzeuge abschießen. Man verstehe die Verzweiflung der Ukraine, man sei aber überzeugt, dass ein solcher Schritt zu einem großen Krieg in ganz Europa führen könnte.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Nato-Staaten zuvor eindringlich aufgefordert zu verhindern, dass Russland weiter Luftangriffe auf sein Land starten kann. «Wenn Ihr den Himmel jetzt nicht schließen wollt, dann nennt eine Frist», sagte er. «Sagt mir, wie viele Menschen sollen in die Luft fliegen, wie viele Arme, Beine, Köpfe braucht Ihr, damit das zu Euch durchdringt?»

Einwirken der Nato wäre «Weltkatastrophe»

Zuvor hatte bereits Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn den Wunsch zurückgewiesen. Eine solche No-Fly-Zone müsste von den Vereinten Nationen beschlossen werden und es stelle sich die Frage, wer diese Zone kontrollieren würde, sagte der dienstälteste Chefdiplomat der Nato-Staaten am Rande von Beratungen des Bündnisses in Brüssel. Ein militärisches Einwirken der Nato wäre «eine Weltkatastrophe», warnte er.