Der Bundestag hat am 31. Januar das Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (UBSKM-Gesetz) beschlossen. Ein zentraler Bestandteil des Gesetzes ist die Einrichtung eines parlamentarisch legitimierten Amtes für einen Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch.
Zudem wird der Betroffenenrat sowie die Aufarbeitungskommission gesetzlich verankert. Eine weitere entscheidende Neuerung ist die dauerhafte Sicherstellung der medizinischen Beratung im Kinderschutz – eine Maßnahme, die auch das Ulmer Modellprojekt „Medizinische Kinderschutzhotline“ auf eine gesetzliche Grundlage stellt und verstetigt. Damit wird der Kinderschutz in Deutschland nachhaltig gestärkt.
Von einer Projektidee zur bundesweiten Institution
Die „Medizinische Kinderschutzhotline“ ist aus einer Initiative des 2013 gegründeten Kompetenzzentrums Kinderschutz in der Medizin in Baden-Württemberg hervorgegangen. Hintergrund war die Erkenntnis, dass Fachkräfte der Jugendhilfe oft mit medizinischen Fragen im Kinderschutz überfordert sind – besonders in Krisenzeiten wie nachts oder am Wochenende.
Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Jörg Fegert und Prof. Dr. Ute Ziegenhain von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Ulm wies auf diesen Mangel hin. In Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin der Universität Freiburg und den DRK-Kliniken Berlin wurde 2016 ein telefonisches Beratungsangebot für Fachkräfte im Gesundheitswesen gestartet. Seitdem wurde die Hotline schrittweise auf die Jugendhilfe sowie Experten in familiengerichtlichen Verfahren ausgeweitet.
Kinderschutz als lebenslange Aufgabe
„Nachdem ich letztes Jahr eine Urkunde für meine 40-jährige Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst erhielt, wurde mir klar, dass der Kinderschutz in der Medizin bereits seit über 40 Jahren ein Herzensthema von mir ist“, erklärt Prof. Fegert.
„Früher fehlte es an Grundlagenwissen in Diagnostik und Traumatherapie. Leider waren es dramatische Ereignisse wie der Missbrauchsskandal in Deutschland oder das Attentat auf dem Breitscheidplatz, die die Trauma-Forschung vorangebracht haben. Umso erfreulicher ist es, dass ein von Ulm aus koordiniertes, bundesweites Angebot nun gesetzlich verstetigt wird.“
Internationale Anerkennung und Zukunftsperspektiven
Die Medizinische Kinderschutzhotline wurde bereits zweimal erfolgreich durch das Deutsche Jugendinstitut evaluiert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnete sie in einem Bericht zur Prävention im Kinderschutz als „Leuchtturmbeispiel für die europäische Region“.
Die dazugehörigen E-Learning-Programme wurden von über 60.000 Teilnehmer mit Ärztekammer-Zertifikaten abgeschlossen. Die Finanzierung der Beratungsangebote soll künftig von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder einer Nachfolgeeinrichtung übernommen werden. Eine letzte Projektförderung für 2025 und 2026 bietet den nötigen Zeitraum für Vertragsverhandlungen zur dauerhaften Implementierung.
Darüber hinaus sieht das UBSKM-Gesetz die Einrichtung eines Forschungszentrums vor, das die Bundesregierung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Häufigkeit sexueller Gewalt und weiteren relevanten Themen informiert. Das Deutsche Jugendinstitut wird die Organisation übernehmen, während die epidemiologische Forschung vom Kompetenzzentrum Kinderschutz in der Medizin in Ulm geleitet wird.
Weitere Informationen unter: https://kinderschutzhotline.de
(Quelle: Universitätsklinikum Ulm)