Kommentar: Ein Spieler, an dem sich die Geister scheiden

Kommentar: Ein Spieler, an dem sich die Geister scheiden
Toni Kroos gab seinen Rücktritt aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bekannt. (Bild: picture alliance / Laci Perenyi | Laci Perenyi)

Madrid (tmy) – Toni Kroos hat am Freitag seinen sofortigen Rücktritt aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft öffentlich gemacht. Was die einen sehr schade und als deutliche Schwächung für den DFB-Kader ansehen, dürfte bei anderen großen Jubel ausgelöst haben. Denn Kroos ist einer dieser Kicker, an dem sich die Geister von Generationen scheiden.

Warum ist das so? Ganz einfach deshalb, weil man die Spielweise des gebürtigen Greifswalders eben mögen und insbesondere verstehen muss, um zu erkennen, dass der 31-jährige Familienvater, der mit dem FC Bayern München und Real Madrid alles gewann, enorme Qualitäten und ein hohes Spielverständnis mitbringt, wie nur wenige Fußballstars.

Und doch verspotten ihn seine Kritiker allzu gerne als „Querpass-Toni“. Und – so ehrlich muss der Autor dieser Zeilen an dieser Stelle sein – auch ich habe diesen Begriff schon verwendet und mich hin und wieder gewundert, wenn der Weltmeister von 2014 für seine Passquote von 100 Prozent gefeiert wurde, wenn doch z.B. 98 von 100 Zuspielen freistehend – ohne „Gegner-Druck“ wie es heißt – über eine Distanz von drei bis acht Metern erfolgten.

Aber dann gibt es eben diese zwei bis fünf – oder manchmal auch mehr – Pässe über eine große Distanz und meist diagonal über das halbe Feld, die wohl nur Kroos so spielen kann, die punktgenau ankommen und genau die richtige Schärfe haben. Ja, auch das muss man neidlos anerkennen – ebenso, wie seinen tollen Freistoß gegen Schweden bei der WM 2018.

Dennoch wird es immer kritische Stimmen geben, wie auch bei vielen anderen Stars im Welfußball, was diesen Sport noch spannender macht, weil man stundenlang diskutieren kann. Selbst ein Lothar Matthäus, Rudi Völler oder Jürgen Klinsmann – drei Stützen des Weltmeisterkaders von 1990 – hatten und haben bis heute nicht nur Fans, was völlig normal ist. Ja, Kroos ist kein Zweikämpfer mit großen Defensivqualitäten und wird das nicht mehr.

Seine Stärken liegen in der Spieleröffnung beziehungsweise der Seitenverlagerung – für das Grobe sind beispielsweise Spieler wie Kimmich beim DFB oder Casemiro bei Real zuständig. Sie halten dem Taktgeber, der seit 2014 in der spanischen Hauptstadt Zuhause ist, den Rücken frei. Toni Kroos ist eben ein anderer Spielertyp wie es Bastian Schweinsteiger gewesen ist. Egal, ob man ihn nun mag oder nicht – nach 106 Länderspielen sollte man Applaus spenden.   

Was sagen Sie zum DFB-Rücktritt von Toni Kroos? Schreiben Sie uns gerne Ihre Meinung per E-Mail an [email protected] und diskutieren Sie mit.

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