Filmfest eröffnet: Bis Sonntag 70 Filme auf der Leinwand – und ein paar auch daheim

Filmfest eröffnet: Bis Sonntag 70 Filme auf der Leinwand – und ein paar auch daheim
Biberachs OB Zeidler besitzt auch eine Mütze. Sie war bei seiner Filmfest-Ansprache als Hinweis auf den verkaufsoffenen Sonntag am 7. November gedacht. Der ist offizieller Anlass und Abschluss der Biberacher Filmfestspiele (Bild: Uli Landthaler)

Biberach – Die Biberacher Filmfestspiele sind eröffnet: Bis Sonntag laufen im Traumpalast-Kino an der Waldseer Straße 70 Filme deutscher und deutschsprachiger Filmemacher. Dazu kommt als Neuheit ein kleines Online-Angebot. Bei der Eröffnungsfeier in der vollbesetzten Stadthalle gab es am Dienstag frische Preis-Biber, einen OB mit Mütze und ein paar Seitenhiebe gegen jene, die dem Festival mit Getöse den Rücken gekehrt haben.

„Man hat uns einige Stöckchen hingehalten“, bilanzierte Biberachs OB Zeidler, kraft Amtes Vorstandsmitglied des Filmfest-Vereins, den Streit um die ausgeschiedene Intendantin Helga Reichert. Sie war unter anderem wegen Meinungsverschiedenheiten über ein künftiges Online-Angebot des Festivals zurückgetreten – und hat in Ravensburg ein neues Festival gegründet, zu dem einige Biberacher Gesichter abgewandert sind.

Der großteils ehrenamtlichen Filmfest-Leitung unter Tobias Meinhold wurde von dort in den sozialen und anderen Medien Ignoranz und Unfähigkeit vorgeworfen, dafür hatte der vielbelesene OB ein Zitat von Wilhelm Busch parat: „Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut“.  Im Begrüßungs-Trailer bezeichnet man sich als „die Nr. 1 der Filmfestivals in Oberschwaben“.

Viel Lob gab es für die neue Intendantin Nathalie Arnegger, die zusammen mit Anke Rauthmann unbeirrt ein ambitioniertes und anspruchsvolles Filmfest-Programm zusammengestellt hatte. Es sind sehr politische Themen dabei, meinte Kultur-Staatssekretärin Petra Olschowski, und das passe in die Zeit.

Ambitioniertes Filmfest-Programm: Intendantin Nathalie Arnegger und Kulturstaatssekretärin Petra Olschowski präsentierten bei der Eröffnung die neu gestalten Preis-Biber.
Ambitioniertes Filmfest-Programm: Intendantin Nathalie Arnegger und Kulturstaatssekretärin Petra Olschowski präsentierten bei der Eröffnung die neu gestalten Preis-Biber. (Bild: Uli Landthaler)

Der Eröffnungsfilm „Me – We“ greift das Thema Flucht und Vertreibung in vier verschiedenen Geschichten aus vier verschiedenen Blickwinkeln auf: Überforderte und blauäugige Integrationshelfer, idealistische Retter und eine rechtsextreme Clique – das ungewöhnliche Werk des österreichischen Filmemachers David Clay Diaz gehört sicher zu Anwärterkreis auf einen der Preis-Biber. Die werden am Sonntag verliehen und haben vom Bildhauer Frieder Kobler einen neuen Look bekommen. 

Neu ist das Online-Angebot der Biberacher Filmfestspiele. Sechs Filme gibt es nicht im Kinosaal, sondern als Video on Demand für den heimischen Bildschirm (Link auf der Filmfest-Homepage). Und zwar:

  • Gehirntattoo (61 Minuten): Hans leidet unter Schizophrenie. Im Wartezimmer seiner Psychotherapeutin hat er Marie kennengelernt, die sein Zutrauen gewinnt. Aber die möchte nur die kaput­ten Teile von Hans‘ Persönlichkeit kennenlernen – und treibt ihn immer tiefer in seinen Wahn.
  • Modell Olimpia (89 Minuten): Eine verzweifelte Mutter will mit einer Therapie ihren Sohn von seinen Gewalt- und Todesfantasien befreien. Doch der Plan gerät außer Kontrolle.
  • Zu den vier Winden (44 Minuten): Das Drama-Roadmovie erzählt von einer jungen Frau auf der Suche nach dem Vater ihres Kindes. Der ist nach einem Militärputsch wie viele andere Männer aus der Region plötzlich verschwunden. Nun will sie ihn endlich finden und verlässt dazu ihr abgelegenes Bergdorf.
  • Ich hätte am Kronleuchter hängen bleiben müssen (71 Minuten): Dokumentarfilm über Clown Olli und seine Partnerin und Kostümnäherin Ulrike im Circus Roncalli. Beide sind seit 35 Jahren zusammen unterwegs. Eine Geschichte über einen schwindenden Berufsstand, über künstlerische Selbstverwirklichung und die Opfer, die wir uns selbst und anderen dafür abverlangen.
  • Wood and Water (80 Minuten): Anke freut sich nach ihrem letzten Arbeitstag auf einen Sommerurlaub mit ihren Kindern an der Ostsee, wo sie ihre besten Jahre verbracht hat. Doch ihr Sohn Max, der in Hongkong lebt, sagt ab, weil die prodemokratischen Proteste dort das Leben zum Erliegen gebracht haben. In der Leere des Ruhestands fasst Anke den Entschluss, zu ihm nach Hongkong zu fliegen. Während Max noch auf Geschäftsreise ist, quartiert sie sich in seiner Wohnung ein und be­wegt sich durch die rätselhafte neue Welt. Die Begegnung mit der Stadt und ihren Menschen öffnen ihren Blick für ein neues Kapitel ihres Lebens.
  • Kurzfilmblock mit sechs Beiträgen (88 Minuten insgesamt): „The Bond“, „Das Paket“, „Deutschland Im Winter“, „Paradiesvo­gel“, „Nicht zu nah!!!“ und “Trübes Wasser”.

Ein Ticket kostet 8 Euro („Zu den vier Winden“ 6 Euro) und ist nach dem Kauf 48 Stunden gültig. Mit der Kommentarfunktion kann man Lob, Kritik, Gedanken und Anregungen loswerden.

Mehr zum Filmfest, zu den Kurzfilmen und zum Programm unter www.filmfest-biberach.de.