Kommentar Ein Kanzler ohne Format

Ein Kanzler ohne Format
Mit seinem verbalen Angriff auf Joe Chialo (CDU) hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) böse danebengegriffen. (Bild: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa)

Was seit gestern durch die Presselandschaft geistert, ist eigentlich kaum zu fassen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat, übereinstimmenden Presseberichten zufolge, einen CDU-Politiker nicht nur weit unter der Gürtellinie angegriffen, er hat mit seinen Worten auch den Verdacht einer rassistischen Beleidigung ausgelöst.

Es ist nicht wenig, was Scholz sich da ankreiden lassen muss. Der Kanzler hatte offensichtlich Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) als Feigenblatt seiner Partei bezeichnet und nannte ihn einen „Hofnarren“. Scholz hat, so die Berichte, Chialo nicht nur einmal verbal so angegangen, er wiederholte offensichtlich seine Worte. Spätestens da hat der Spaß ein Loch! Es ist eines Kanzlers unwürdig, gar niederträchtig, solche Worte von sich zu geben. Jeder gute Gastgeber hätte ihn ganz schnell vor die Türe gesetzt.

Erinnert man sich an den verbalen Schlagabtausch vom Dienstag im Bundestag. Die Rede des Oppositionsführers Friedrich Merz (CDU), bezeichnete der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil als Pöbelei. Es wäre interessant zu erfahren, wie er nun diese Entgleisung des Kanzlers bewertet. Vermutlich werfen Klingbeil und seine Partei jetzt tapfer im Akkord Nebelkerzen, um den Vorgang zu kaschieren und Schaden im Wahlkampf abzuwenden, Dementis und Gegenangriffe eingeschlossen. Statt Krokodilstränen zu vergießen, sollten die wackeren „Kanzlerversteher“, die ihn als Kandidaten ja nicht mehr haben wollten, mal lieber mit dem Betroffenen reden. Der hat die Vorgänge bestätigt, ohne sich bisher weiter dazu zu äußern.

Dieses menschliche Format ist begrüßenswert, zeigt es doch, dass es in der Politik noch Besonnenheit und Würde gibt. Attribute, die man Scholz so nicht mehr zubilligen kann. Statt sich öffentlich zu entschuldigen hat er laut Presseberichten, einen Staranwalt mit der Angelegenheit beauftragt. Dies ist die schlechtmöglichste Entscheidung in diesem Fall.

Dem Kanzler fehlt ganz offenbar die menschliche Größe, seine Entgleisung einzugestehen. Viele unentschlossenen Wähler, sehen jetzt einen Regierungs-Chef, der zwar Anstand und Vernunft gebetsmühlenartig predigt, dies aber offensichtlich nur als Spielregel für alle anderen betrachtet, sich selbst aber großzügig davon ausnimmt.

Bei der besagten privaten Feier bekamen, so die neuesten Pressemeldungen, auch die Medienvertreter vom Kanzler ihr Fett ab. Er griff sie offensichtlich wegen ihrer Berichterstattung zur illegalen Migration an und dies, weil die Medien seine Politik in diesem Themenfeld partout nicht verstanden haben. Diese Form der Medienschelte ist ungeheuerlich, denn eine grundlegende Aufgabe für Journalisten ist, für eine unabhängige und kritische Berichterstattung zu sorgen.

Wikipedia dazu: „Vierte Gewalt oder vierte Macht wird als Ausdruck für die Massenmedien, wie Presse und Rundfunk verwendet. Die ‚Vierte Gewalt‘ stellt in einem System der Gewaltenteilung eine vierte, virtuelle Säule dar, die ohne gesetzlich verankerte Gewalt mittels wahrhaftiger Berichterstattung und Vermittlung der öffentlichen Meinung eine Kontrollfunktion über die drei Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative ausüben soll, um Machtmissbrauch zu verhindern.“

Wenn Scholz das nicht gefällt und deshalb so anprangert, zeigt er nur, wie sehr er sein Ego über alles andere stellt. Spätestens damit steht fest, dass die Schuhe eines Kanzlers wohl deutlich zu groß für ihn ausfallen!

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