Zum Gespräch geladen Zahnärzteprotest: Politiker waren eingeladen, hatten aber keine Zeit

Zahnärzteprotest: Politiker waren eingeladen, hatten aber keine Zeit
Rund 200 Bürger folgten den interessanten Fachvorträgen und Informationen durch die Zahnärzte. (Bild: Steybe)

Die Zahnärzteschaft aus den Landkreisen Biberach, Bodensee und Ravensburg hatte zu ihrem Protesttag die Politiker in Bund, Land und Kommunen zu einem Gespräch eingeladen. Der Saal im Best Western Hotel in Weingarten war mit rund 200 Personen proppenvoll, aber nach Wochenblatt-Informationen war kein einziger Politiker der Einladung gefolgt.

Die Kreisvorsitzende der Zahnärzte im Landkreis Biberach, Dr. Christian Jaeger-Wamprecht ist enttäuscht. „Von den eingeladenen Politikern war keiner da. Ich empfinde dies als enttäuschend. Es stellt sich mir die Frage, ob die Abgeordneten kein wirkliches Interesse an unserer Arbeit und an der Verbesserung bzw. Erhaltung einer flächendeckenden, zahnärztlichen Versorgung der Menschen haben?“

Das Wochenblatt fragte bei den Angeordneten der Region nach, warum sie nicht zum Austausch mit den Zahnärzten nach Weingarten gekommen waren. Nicht alle Abgeordneten waren zu einer Antwort bereit.

Alle Abgeordneten hatten „andere Verpflichtungen“

Der Biberacher Bundestagsabgeordnete Josef Rief (CDU) teilte dazu mit: „Der Vorsitzende der Bezirkszahnärztekammer hatte mich zum Aktionstag ‚Sprechtag der Zahnärzte‘ eingeladen und mich gefragt, ob ich lieber einen teilnehmenden Zahnarzt in meinem Wahlkreis besuchen oder zur Veranstaltung nach Weingarten kommen möchte. Ich hatte mich dafür entschieden, am späten Vormittag Zahnarzt Ralph Neher in Bad Buchau zu besuchen, der mit seiner Praxis am Aktionstag teilgenommen hat. Leider war ich nachmittags terminlich bereits gebunden und konnte die Veranstaltung nicht mehr unterbringen. Es tut mir leid, dass gerade die örtlichen Abgeordneten der Parteien, die aktuell die Bundesregierung stellen, nicht vor Ort waren.“

Vom Wahlkreisbüro der Ravensburger Bundestagsabgeordneten Heike Engelhardt (SPD) wurde mitgeteilt: „Frau Engelhart hatte sich im Vorfeld mit Zahnmedizinern ausgetauscht und sich für die Veranstaltung entschuldigt. Eine persönliche Teilnahme war ihr aufgrund anderer Verpflichtungen nicht möglich.“

Das Landtagsbüro der Abgeordneten Petra Krebs (Bündnis 90/Die Grünen) schrieb auf unsere Nachfrage: „Frau Krebs konnte aufgrund von Fraktionsterminen nicht anwesend sein. An diesem Tag fanden wichtige Sitzungen in Stuttgart statt, die die Anwesenheit der Abgeordneten erforderten.

Die Sicherstellung einer guten zahnärztlichen Versorgung ist ein wichtiges Anliegen. Frau Krebs befindet sich in einem stetigen Austausch mit den relevanten Verbänden, wie zum Beispiel der Landeszahnärztekammer.“

Der Biberacher Bundestagsabgeordnete Martin Gerster (SPD) meldete sich: „Der Austausch mit Verbänden, Betrieben und insbesondere mit Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis ist mir sehr wichtig. Unabhängig von einzelnen Anlässen bin ich für sie grundsätzlich immer ansprechbar. Über die Einladung zur Zahnärzte-Veranstaltung im Nachbar-Wahlkreis habe ich mich gefreut, habe dem Veranstalter aber frühzeitig mitgeteilt, dass mir eine Teilnahme aus Termingründen nicht möglich ist. Als Ampel-Koalition messen wir der zahnärztlichen Versorgung eine sehr große Bedeutung bei. Diese hängt vor allem von engagiertem Handeln ab. Die SPD-geführte Bundesregierung steht dafür: Mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach packen wir in dieser Legislaturperiode wichtige Reformen an, die von früheren Gesundheitsministern jahrelang versäumt worden sind. Unser Ziel ist eine gute, qualitativ hochwertige und flächendeckende Gesundheitsversorgung für alle Menschen, gerade auch im ländlichen Raum. Dazu gehört auch eine gute zahnärztliche Versorgung.“

Auch Olaf Bentlage, Büroleiter und Pressesprecher von MdB Benjamin Strasser (FDP), gab eine Antwort: „Herr Strasser war bei der Veranstaltung aufgrund anderer terminlicher Verpflichtungen entschuldigt. Er hat gleichzeitig mit Herrn Dr. Markus Steybe (Kreisvorsitzender Bodenseekreis, Friedrichshafen) einen Gesprächstermin im Juli 2024 in dessen Praxisräumen vereinbart. Dort besteht dann die Möglichkeit über die Herausforderungen der Zahnärzte in ländlichen Gebieten zu sprechen.“

Ihre Abwesenheit begründete auch die Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen): „Die Anliegen der Zahnärzte und Zahnärztinnen in Baden-Württemberg nehme ich sehr ernst. Als Abgeordnete im Wahlkreis Ravensburg beschäftige ich mich intensiv und seit vielen Jahren auch unabhängig von meinen eigenen Fachthemen mit der Gesundheitspolitik in all ihren Facetten bei uns vor Ort und bin dazu mit zahlreichen Akteuren im engen und kontinuierlichen Austausch. Viele Menschen in unserer Region treibt die Frage um, wie wir gute gesundheitliche Versorgung auch in der Zukunft und im ländlichen Raum sicherstellen.

An dem Sprechtag der Zahnärzte und Zahnärztinnen in Weingarten konnte ich leider nicht teilnehmen, weil ich bereits andere Termine zugesagt hatte. Ich erhalte zahlreiche Einladungen und es ist mir leider nicht immer möglich, alle wichtigen Gesprächsangebote zuzusagen. Ich habe aber sehr gerne das ebenfalls bei der Einladung übermittelte Angebot für einen Austausch in einem anderen Rahmen angenommen und bin hierzu schon in der konkreten Terminvereinbarung mit den Zahnärzten. Denn es ist wichtig, die Situation vor Ort zu kennen, um in Berlin an guten Lösungen mitzuwirken und ich bin dankbar für alle Menschen, die im Gesundheitsbereich wichtigste Aufgaben für unsere Gesellschaft und den Zusammenhalt übernehmen und ihre Expertise und Eindrücke mit mir als Abgeordneten teilen wollen.“

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