Produzent Marius Beck im Interview Tschappel: Filmserie mit autobiografischen Zügen

Tschappel: Filmserie mit autobiografischen Zügen
Der Produzent und Autor Marius Beck (Apollonia Film) feierte mit seiner Crew, Schauspielern und Gästen bei der Premiere von „Tschappel“ einen riesigen Erfolg. (Bild: Maximilian Kohler)

Wer mit offenen Augen durch Oberschwaben fährt, kann sich den Plakaten zur ZDF-Serie „Tschappel“ nicht entziehen. Mit einer witzigen Wortwahl wird auf die Comedy-Reihe, die für ZDF Neo hergestellt wurde, auf eine spannende Art geworben. Am 17. Mai wurde eine glanzvolle Premiere in Zußdorf gefeiert, ein Event, das Wellen schlug. Seit dem 23. Mai gab es für gut Informierte kein Halten mehr. Sie streamten „Tschappel“ vorab aus der ZDF-Mediathek und hatten ihre helle Freude daran. Ab heute, 3. Juni, startet ZDF Neo die Serie abends in seinem Programm. „Tschappel“ wird in Doppelfolgen ausgestrahlt.

Wir haben mit Marius Beck (Produzent und Autor von Apollonia Film, apollonia-film.de), einem der Macher von „Tschappel“, ein Interview geführt.

Herr Beck, könnten Sie sich und Ihre Firma bitte kurz vorstellen?

Ich bin Marius Beck, 30 Jahre alt, und gebürtig aus Zußdorf in Oberschwaben. Hauptberuflich bin ich Filmproduzent und Drehbuchautor und habe im Sommer 2021 mit meinem Cousin Paul Beck, ebenfalls aus Zußdorf, die Apollonia Film GmbH gegründet – wir produzieren Spielfilme, Dokumentarfilme und Serien für öffentlich-rechtliche Sender, Streaminganbieter und fürs Kino.

Wann und wie fanden Sie ins Filmgeschäft?

Im Mai 2019 bin ich an der Hochschule für Fernsehen und Film München für einen begehrten Studienplatz im Fach Drehbuch angenommen worden. Zuvor habe ich ebenfalls in München Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ein Praktikum beim Bayerischen Rundfunk gemacht.

Warum haben Sie als Zußdorfer den Firmensitz München gewählt?

Wir beide leben schon seit unserem Studium in München und da war es selbstverständlich die Firma dort zu gründen, wo auch aktuell unser Lebensmittelpunkt ist. Außerdem sind in München viele Player in der Filmbranche ansässig: der Bayerische Rundfunk als Sender, viele andere Produktionsfirmen, die bayerische Landesförderung FFF, Technikverleiher und vor allem viele Kreative (Autoren, Regie, Schauspieler, usw.) sind in der bayrischen Landeshauptstadt – die Wege also kurz. Trotzdem haben wir auch einen zweiten Unternehmenssitz direkt bei uns in Zußdorf angemeldet. Also in Zußdorf sind wir auf jeden Fall die einzige Filmproduktionsfirma. Das können wir in München nicht behaupten.

Welche Filmprojekte (und für wen) haben Sie schon erfolgreich abgewickelt?

Abgewickelt ist in dem Kontext der falsche Begriff. Wir sind eigentlich keine Dienstleister, die die Ideen eines Senders oder Auftragsgebers umsetzen. Sondern wir entwickeln (oft gemeinsam mit anderen Kreativen) eine Idee und ein Konzept, das wir dann zum Beispiel einem Sender anbieten. Und dann fällt eine Entscheidung, ob das Konzept weiterverfolgt und umgesetzt wird und wir dafür einen Auftrag und somit auch ein Budget zur Verfügung gestellt bekommen. Dabei werden zum Beispiel Fernsehserien oft komplett von einem Sender finanziert; für einen Kinofilm wiederum muss man die Finanzierung mit vielen verschiedenen Partnern auf die Beine stellen.

Nun haben Sie ein neues Projekt, das ab 03. Juni bei ZDF Neo ausgestrahlt wird. Um was geht es in der Serie?

In unserer Serie TSCHAPPEL geht es um junge Menschen auf dem Dorf, und um die Frage, ob man nach der Schule wegziehen will oder bleiben soll. Und was man eigentlich mal aus dem eigenen Leben machen will. Weil die Serie lose auch auf autobiografischen Erinnerungen von uns basiert, spielt sie natürlich auch in Oberschwaben. Und es wird auch konsequent oberschwäbischer Dialekt darin gesprochen.

Wer spielt in diesen Folgen mit?

Die Hauptrolle Carlo wird vom Nachwuchsschauspieler Jeremias Meyer gespielt. Seine besten Freunde werden von Sebastian Doppelbauer und David Rashed gespielt, sein Schwarm Pia von Mina-Giselle Rüffer. Die Eltern von Carlo sind die bekannten schwäbischen Darsteller Bernd Gnann und Bärbel Stolz und dann ist da noch seine sehr besondere Tante Gabi, die von Nina Gnädig gespielt wird. Dazu kommen noch etliche Gastauftritte, Episodenhauptrollen und Nebenrollen – insgesamt gibt es so knapp 40 Darsteller und Darstellerinnen.

Wo wurde die Serie gedreht?

Die Serie wurde komplett in unserem Heimatdorf Zußdorf gedreht. Nur für ein paar Motive, die wir so nicht im Dorf gefunden haben, mussten wir woanders hingehen. Allerdings nicht weiter, als in die Nachbardörfer Wilhelmsdorf, Pfrungen und Ruschweiler. Das alles ist in einem Radius von maximal 10 Kilometern entstanden. Für uns hatte das bei den Drehbüchern schon einen großen Vorteil, da wir die Gegebenheiten in Zußdorf in- und auswendig kennen, die Serie so dem Dorf auf den Leib schreiben konnten.

Auf was dürfen sich die Zuschauer bei dieser Serie besonders freuen?

Ich hoffe auf eine Serie, die einen wunderbar unterhält und einen ein bisschen in die Zeit zurückversetzt, als man selbst gerade frische 18 war und nicht so genau wusste, wie es jetzt weitergeht mit dem Leben. Die Serie erzählt vom Gefühl des gefühlt ewig langen Sommers nach dem Abi; die ganze Welt steht einem offen und man hat objektiv vielleicht die beste Zeit des Lebens, auch wenn sich das gerade nicht so anfühlt, weil man unglücklich verliebt ist oder weil die eigenen Eltern einem verboten haben nach dem Abi auch nach Australien zu gehen.

Und die Serie ist was für alle Leute, die auch auf dem Dorf aufgewachsen sind (ganz egal ob schwäbisch oder nicht) und mal eine Serie über die Provinz sehen wollen, die weder Heimatfilmklischees erzählen noch Dörfer problematisieren wie in mancher Tatort-Episode. Sie erzählt das normale Dorfleben eines 18-Jährigen „Tschappels“ zwischen Fußballtraining, Bauwagenparty und Wildunfall.

Haben Sie schon eine Fortsetzung der ersten Staffel geplant?

Auf jeden Fall! Eine Serie ist ja grundsätzlich immer auf mehrere Staffeln ausgelegt. Doch um die bewilligt zu bekommen, muss die erste Staffel unbedingt beim Publikum ankommen, vor allem die Klickzahlen in der ZDF-Mediathek sind für eine Fortsetzung entscheidend!

Ändert sich dann ggf. die Besetzung der Rollen und wer kommt evtl. neu hinzu?

Nein, die Grund-Besetzung bleibt auf jeden Fall dieselbe und auch bei den Nebenfiguren gibt es viele, die wir eher noch stärken wollen, weil dort einfach tolle Schauspielerinnen und Schauspieler sind, die dem Dorf noch mehr Farbe und Charakter geben und noch mehr Facetten erzählen. Das wollen wir stärken, aber den Fokus auf unsere Hauptfigur Carlo werden wir auf jeden Fall behalten. Wir erleben die Welt und sein Heimatdorf Hintervorderbach ja immer aus seiner Perspektive.

Welche weiteren Projekte haben Sie in der Planung?

Aktuell drehen wir einen Kinofilm mit dem Arbeitstitel FREEZING (apollonia-film.de/) – es ist der Abschlussfilm der Regisseurin Catharina Lott an der Münchner Filmhochschule und wir arbeiten zusammen mit dem FFF Bayern und dem Bayerischen Rundfunk. Eine Veröffentlich ist dann 2026 geplant. Außerdem sind gerade noch zwei Dokumentarfilme von uns in Postproduktion und zwei weitere Dokumentarfilme in Planung für einen Dreh 2026.