Der frühe Vogel fängt den Wurm. Oder er wird über den Tisch gezogen. Ich habe mich mit meinen Schätzen auf den Flohmarkt begeben, um sie an den Mann (oder die Frau) zu bringen. Was ich dabei gelernt habe und welche Tipps ich geben würde, das verrate ich hier.
Die Kisten müssen an die frische Luft
Im Keller stapeln sich Kisten voller Bücher, Krempel, schönen Sachen, die viel zu schade zum Wegwerfen sind und Omas Schätze aus vergangenen Tagen. Da kommt der Flohmarkt in Ravensburg gerade recht. Wir haben uns unter die „Flohmärktler“ gemischt und einiges erlebt.
Fliegende Händler am Start
Punkt 7 Uhr war unser Stand startklar. Die ersten „fliegenden Händler“ umkreisten uns wie Motten das Licht. Mit Lupen bewaffnet näherten sie sich dem Schmuck, diversen Edelsteinketten, Opas Taschenuhren und alten Bildern. Gekauft hätten sie vieles – nur leider fast nichts dafür bezahlt. Zum Glück gab ein alter Flohmarkthase uns zuvor den Tipp: „Wertvolle Sachen dürft ihr nie gleich an die ersten Kunden verkaufen. Das sind meist Händler, die das Unwissen der Verkäufer ausnutzen.“ Gut zu wissen, denn er hatte recht.
1000 mal berührt – und doch nicht gekauft
Die Geschäfte liefen ganz gut und die Stadt füllte sich stündlich. Interessant war, dass manch ausgesuchtes Stück von fast allen Standbesuchern bestaunt, umgedreht und am Ende doch nicht gekauft wurde. Die alte Taschenuhr des Opas war der Hingucker. Ein Kenner schaute gefühlt zwanzigmal vorbei, nahm das tickende Teil liebevoll in seine Hände, drehte es hin und her und kaufte es am Ende… NICHT. Wahrscheinlich war unser Preis doch zu hoch.
Als Verkäufer ist man eine Art stiller Beobachter
Immer wieder probierten Frauen, die nach unserem Gefühl Kleidergröße 42 haben, Teile in Größe 38. Das Resultat war absehbar – aber wahrscheinlich kommt es auf den Versuch an. Die Aussicht auf ein gutes Schnäppchen war hier anscheinend größer als eine realistische Selbstwahrnehmung. Aber auch das gehört zum Flohmarkt dazu – einfach mal unverbindlich schauen, was einem gefällt. Interessant sind auch die unterschiedlichen Preisvorstellungen der potenziellen Kunden. Ein Rätsel bleibt uns, wie man bei einer wirklich bestens erhaltenen Markenbluse (Neuwert rund 60 Euro) bei 3 Euro noch handeln kann. Das hinterlässt doch einen schalen Nachgeschmack.
Ein Hoch auf junge Mädels
Im Gegensatz dazu begegneten uns aber auch junge Damen, die für ein hippes Kleidungsteil anstatt der geforderten 5 Euro freiwillig 7 Euro gaben, weil sie sich sonst schämen würden. Alle Achtung und ein Hoch auf die Jugend!
Ehrfurcht und Wertschätzung: Wenn das Herz dabei
Respekt zollten wir einem jungen Mann, der sich für eine alte Schieblehre (gehört zur Grundausstattung beim Vermessen von Innen- und Außendurchmesser in einer Werkstatt) unseres Opas interessierte und sie schließlich auch kaufte. Voller Ehrfurcht strich er zärtlich über das Teil und erzählte uns, dass er mit Leib und Seele im Metallberuf arbeitet. „Mein Chef zahlt nicht wirklich viel, aber er ist nett, ich lerne täglich was Neues, darf die Maschinen für private Arbeiten nutzen und es macht mir unendlich viel Spaß.“ Bei so was geht man doch gerne gleich mit dem Preis runter.
Klauen trotz Schnäppchenpreisen: Dreiste Diebe auf dem Flohmarkt
Dann kam es leider auch vor, dass eine kleine Menschentraube, die sich anscheinend alle kannten, 100 Sachen gleichzeitig in die Hände nahmen, danach wieder abdüsten und oh Schreck, Omas gute Kette ist weg. Das versaut den Tag. Nicht unbedingt wegen dem verlorenen Gewinn, sondern wegen des dreisten Verhaltens.
Zusammenhalt, obwohl man sich nicht kennt
Dass Standbetreiber zusammenhalten, ist was Schönes. Wir hatten leider unseren Sonnenschirm vergessen und kamen uns ab 13 Uhr wie Grillwürste auf dem Rost vor. Unser Gegenüber erhielt Schatten durch die hohen Häusergassen und brachte uns prompt seinen Sonnenschirm – als eine Art Überlebensgeschenk. Als Dank bekam er unsere alten Videokassetten und ein paar liebe Worte. Über letzteres hat er sich gefreut, über den Rest wahrscheinlich eher nicht, denn die Kassetten waren am Abend immer noch unberührt an seinem Stand…
Aber alles in allem: Das nächste Mal sind wir noch besser vorbereitet, nehmen Snacks und Getränke mit, vergessen weder Schirm noch Abdeckplane (falls es regnet) und behalten unsere Kundschaft ein bisschen besser im Blick. Doch allein für solche Begegnungen, wie mit dem jungen Mann und den hoch erfreuten Mädels, würden wir es immer wieder machen. Unser Resümee: Flohmarkt mach Spaß – auf beiden Seiten.
Falls Sie noch nach tollen Flohmarkt- und Basarschnäppchen für den Nachwuchs suchen, geht’s hier zu unserer umfangreichen Liste der Kinderbasare in Oberschwaben. Viel Erfolg beim Stöbern!