Ravensburg/Weingarten (dpi) – Die queere Gemeinschaft hatte es in den vergangenen Wochen nicht leicht: Abermals wurden bunte Flaggen und Regenbogenstreifen mutwillig zerstört. Doch am Samstag zeigten rund 1000 Menschen Solidarität mit der LGBTIQ+ Community und zogen durch Weingarten und Ravensburg.
Die „Queer Pride“ mit dem Motto – Jetzt erst Recht – startete am vergangenen Samstag am Ravensburger Bahnhof und zog rund 1000 Menschen aus der ganzen Region an.
Ziel war der Weingartener Stadtgarten, an dem am 3. Mai ein Regenbogenstreifen als Zeichen der Solidarität mit der queeren Gemeinschaft im Beisein des Oberbürgermeisters Ewald montiert wurde (wir berichteten). Nur wenige Stunden nach Anbringung des Regenbogenstreifens wurde er von einer Gruppe Jugendlicher zerstört.
Doch nicht nur das hatte besonders in den Reihen der LGBTQI+ Gemeinschaft für Aufregung gesorgt, auch die Äußerungen des CDU-Stadtrats Martin Winkler in der „Schwäbischen Zeitung“ (SZ) lösten Fassungslosigkeit aus. In dem SZ Artikel vom 27.05.2021 hatte er die Aktionen als Aufmerksamkeitsgesuche einer Minderheit mit extremen Positionen abgetan.
Doch unterkriegen lassen wollte sich die queere Gemeinschaft damals nicht. Der 16-jährige Jonathan Oremek (Jona Gold) organisierte als Reaktion auf die vergangenen Geschehnisse mit einer handvoll Menschen die Queer Pride.
Auf der Pride hagelte es viel Kritik für die Aussagen von Stadtrat Martin Winkler (CDU), so hatte Jona Gold in ihrer Rede ebenfalls Bezug darauf genommen: „Menschenrechte sind nicht extremistisch, der Wunsch nach Gleichberechtigung ist nicht extremistisch. Eine Demokratie lebt von Aktionen wie dem Übergang zur Vielfalt“.
Ursprünglich wurden 300 Personen für die Pride angemeldet, laut Polizei und Veranstalter waren es letztendlich dann rund 1000 Personen.
„Liebe kann nicht Sünde sein“
Der 16-jährige Jonathan Oremek trat als Drag Queen unter dem Namen „Jona Gold“ auf und fesselte die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihrer Rede. „Liebe kann nicht Sünde sein“ schallte aus den Boxen in Richtung der noch hunderten anwesenden Demonstranten auf dem Rasen des Weingartener Stadtgarten.
Jonathan Oremek muss im Alltag mit vielen Vorurteilen und Beleidigungen kämpfen, darunter auch an seiner Schule. Oremek hatte in seiner Rede viele Dinge angesprochen, welche die queere Gemeinschaft umtreibt. Er berichtete von Anfeindungen in denen er mit abwertenden Beleidigungen wie „Schwuchtel“ bezeichnet wurde. Erlebnisse, die Heterosexuelle wohl noch nie machen mussten.
Die erste Queer Pride hatte sich genau das auf die Fahne geschrieben: Aufmerksam machen, Menschen für das Thema sensibilisieren und vorallem die Städte Ravensburg und Weingarten bunt machen.
Das gefiel auch dem schwulen Weingartener Oberbürgermeister Ewald. In seiner Rede zollte er den Organisatorinnen und Organisatoren großen Respekt, die in kurzer Zeit so viele Menschen mobilisieren konnten. „Toleranz und Respekt sind die Grundvoraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft“ hatte Ewald auf der Bühne gesagt und stellte sich mit seiner Rede fest an die Seite der queeren Gemeinschaft.
Auch die Grüne Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger besuchte die Queer Pride und war sichtlich gefesselt. „Die queere Community hat die negative Stimmung in etwas positives gedreht“. Zu den vergangenen Debatten über die Aktionen der queeren Gemeinschaft zeigte Brugger wenig Verständnis. „Ich kann nicht verstehen, warum man sich so ablehnend gegen etwas stellt, das einem selbst nichts wegnimmt“ so die Grüne Bundestagsabgeordnete gegenüber dem WOCHENBLATT.
Weingartener Stadtrat war fast nicht vertreten
Vor Wochen hatten einige Stadträte des Weingartener Gemeinderates noch ein Zeichen gesetzt und mit der Verwaltungsspitze und Oberbürgermeister Ewald mehrere Regenbogenflaggen vor dem Kultur- und Kongresszentrum gehisst. Auf dem Bild hatten sich die Stadträte der SPD, Grünen und Freien Wähler sowie ein einziger CDU Stadtrat versammelt und ein gemeinsames Foto gemacht.
An der Queer Pride da gewesen waren Stadträte der Grünen, Studis für Weingarten und SPD. Darunter Claus Kessel, Hermine Städele, Roman Muth, Michael Müller und Ferdinand Ganter sowie Doris Spieß von der SPD und Rudolf Bindig ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter.
Doch trotz der geringen Teilnahme des Weingartener Gemeinderates zollten die anwesenden Stadträte den Veranstalterinnen und Veranstalter der Queer Pride großen Respekt.
Mit rund 1000 Teilnehmenden war die erste Queer Pride im Schussental ein voller Erfolg. Erste Stimmen kündigten bereits eine zweite Pride an.