Baden-Württemberg will afghanische Flüchtlinge aufnehmen

Baden-Württemberg will afghanische Flüchtlinge aufnehmen
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht in Stuttgart. (Bild: Bernd Weißbrod/dpa/archivbild)

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Die Bundesregierung, die Nachrichtendienste, die internationale Gemeinschaft – sie alle haben die Lage in Afghanistan falsch eingeschätzt. So sagt es Außenminister Heiko Maas. Die Machtübernahme durch die Taliban hat Folgen auch für Baden-Württemberg.

Stuttgart (dpa/lsw) – Nach der Machtübernahme in Afghanistan durch die militant-islamistischen Taliban will Baden-Württemberg weitere Ortskräfte und deren Angehörige aufnehmen. «Die Bilder aus Afghanistan sind erschütternd», sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Montag. «Das Land Baden-Württemberg steht selbstverständlich zur Unterstützung bereit und wird Menschen aus Afghanistan aufnehmen.» Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) erklärte, das Land habe schon in den vergangenen Wochen zahlreiche afghanische Ortskräfte und ihre Familien aufgenommen.

Die Ortskräfte hätten in den vergangenen Jahren die Bundeswehr und Hilfsorganisationen unterstützt und sich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt, erklärte Regierungschef Kretschmann. Sie seien durch die Machtübernahme der Taliban in höchster Gefahr. «Es scheint mir zwingend, dass wir schnell in Bund-Länder-Gespräche einsteigen, um die Hilfe bestmöglich zu koordinieren», sagte er.

In welchem Umfang weitere Menschen aus Afghanistan nach Baden-Württemberg kommen werden, hänge von verschiedenen Faktoren ab, erklärte Gentges. «Seriöse Prognosen scheinen zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht möglich.» Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, werden in der Regel nach einem bestimmten Verteilschlüssel in die Bundesländer gebracht. Der Anteil für Baden-Württemberg beträgt rund 13 Prozent. Innerhalb des Landes werden die Menschen in die sogenannte vorläufige Aufnahme auf Stadt- und Landkreise verteilt.

Nach dem Rückzug ausländischer Streitkräfte haben die Taliban die Macht in Afghanistan rasch wieder an sich gebracht. Afghanen, die als Übersetzer, Fahrer oder andere Hilfskräfte für ausländische Organisationen gearbeitet haben, gelten als gefährdet. Die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus der von den Taliban übernommenen Hauptstadt Kabul hat begonnen. Die Bundeswehr war erst Ende Juni nach einem 20-jährigen Einsatz aus Afghanistan abgezogen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte laut Teilnehmerkreisen am Montag bei einer Sitzung des CDU-Vorstands, die Bundesregierung habe vor Monaten bereits 2500 Ortskräfte in Afghanistan identifiziert. Bei 600 davon wisse man derzeit nicht, ob sie in Drittstaaten seien. Weitere 2000 Menschen habe die Bundesregierung identifiziert, die ebenfalls ausreisen sollten, wie etwa Menschenrechtler und Anwälte. Insgesamt gehe es bei dieser Gruppe um 10.000 Menschen, da die Familienmitglieder mitgerechnet würden.