Dass die Betreuung älterer Menschen durch ausreichend geschultes Personal zu einem bezahlbaren Preis zunehmend schwieriger wird, ist eine gesellschaftliche Herausforderung. Nicht nur Träger von Pflegeeinrichtungen, sondern auch Bürger sowie insbesondere Politiker und Entscheidungsträger im Sozial- und Gesundheitsministerium in Stuttgart müssen sich dieser Realität stellen.
Doch anstatt Lösungen zu schaffen, wurde mit der Landesheimbauverordnung (LHeimBauVO) ein bürokratisches Konstrukt geschaffen, das bereits bei seiner Einführung 2009 als nicht mehr zeitgemäß galt.
Bayern als Vorbild: Flexibilisierung der Vorschriften
Während in Baden-Württemberg weiterhin an der starren Verordnung festgehalten wird, hat Bayern seine Vorschriften angepasst. Die dortige Landesheimbauverordnung wurde gekippt, was den Pflegeanbietern neue Spielräume ermöglicht. Besonders hervorzuheben ist die Aufhebung der verpflichtenden Einzelzimmerquote sowie die Abschaffung der umfassenden Modernisierungs- und Sanierungspflicht für bestehende Einrichtungen. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sieht darin einen Vorteil für Pflegeanbieter, Krankenkassen und vor allem die Bewohner.
Rückblick: Die Einführung der Landesheimbauverordnung
2019 markierte eine Wende in der stationären Pflege Baden-Württembergs. Die damals eingeführte Verordnung brachte eine bundesweit einmalige Regelung mit sich: Die zuvor zulässige Doppelzimmerquote von 20 Prozent wurde durch eine verpflichtende 100-prozentige Einzelzimmerquote ersetzt.
Die Träger hatten zehn Jahre Zeit, um die Vorgaben umzusetzen – eine Maßnahme, die hohe Investitionen und erhebliche Mehrkosten für die Bewohner zur Folge hatte.
Starr und unflexibel: Das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG)
Seit 2015 gilt das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG). Doch die bisherigen Erfahrungen zeigen: Das Gesetz ist zu unflexibel, um auf die tatsächlichen Bedürfnisse in der Pflege einzugehen. Kommunen und Träger bestätigen zwar die hohe Nachfrage nach alternativen Versorgungsformen, doch das Gesetz erschwert deren Umsetzung. Während bei der Heimaufsicht bereits Anpassungen erfolgen, ist im Bereich der Landesheimbauverordnung kaum Bewegung erkennbar.
Kostendruck und Versorgungsengpässe verschärfen sich
Die strikte Einzelzimmerquote und die umfassenden Modernisierungsvorgaben haben gravierende Folgen:
- Steigende Kosten für die Bewohner: Die Eigenanteile explodieren – oft weit über 4.000 Euro.
- Fehlende Mittel für Investitionen: Träger können kaum noch neue Einrichtungen bauen oder bestehende modernisieren.
- Versorgungsnotstand verschärft sich: Besonders angesichts der demografischen Entwicklung und der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen werden die Probleme in den kommenden Jahren noch gravierender.
- Einrichtungs-Schließungen: Einige Träger mussten Standorte aufgeben, da sie die Anforderungen finanziell nicht mehr erfüllen konnten.
Forderung nach Reformen: „Pflege muss bezahlbar bleiben“
Die St. Elisabeth-Stiftung, eine der betroffenen Einrichtungen, fordert dringend eine Anpassung der Vorschriften.
Andrea Thiele, Vorstandssprecherin der Stiftung, bringt es auf den Punkt: „Sollte die Landesheimbauverordnung in der jetzigen Form weiterbestehen und uns als Trägern weiterhin jegliche finanzielle Flexibilität nehmen, dann werden kaum noch Neubauten in der stationären Langzeitpflege entstehen. Zudem werden notwendige Sanierungen so lange wie möglich aufgeschoben. Es ist unverständlich, dass die Landesregierung an einer Regelung festhält, die den Pflegenotstand verschärft und die Kosten für die Bewohner in die Höhe treibt.“
Notwendige Anpassungen für eine zukunftsfähige Pflege
Die aktuellen Verhandlungen zwischen Vertretern der Trägerverbände, wie der Caritas, und dem Sozialministerium deuten auf mögliche Reformen hin. Erste kleine Erleichterungen, etwa der Wegfall einzelner verpflichtender baulicher Maßnahmen, sind bereits in Diskussion.
Doch aus Sicht der St. Elisabeth-Stiftung reichen diese nicht aus. Ohne eine grundlegende Anpassung der Landesheimbauverordnung droht ein massiver Rückgang an Langzeitpflegeplätzen.
Ein breiter Ruf nach Veränderung
Nicht nur die St. Elisabeth-Stiftung, sondern auch Netzwerke wie „Alter und Pflege“ sowie die Diözesane Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe, Hospizarbeit & Pflege fordern eine Abkehr von der aktuellen Regelung. Nur mit flexibleren Vorschriften kann eine qualitativ hochwertige und gleichzeitig bezahlbare Pflege auch in Zukunft gewährleistet werden.
(Quelle: St. Elisabeth Stiftung)