Betreuung, Bildung, Erziehung Personalmangel in Kitas: Wer passt auf die Rasselbande auf?

Personalmangel in Kitas: Wer passt auf die Rasselbande auf?
Die Arbeit in einem Kindergarten ist sehr erfüllend, abwechslungsreich und ganz bestimmt nie langweilig – einfach wild und kunterbunt, so wie Kinder nun mal sind. (Bild: iStock / Getty Images Plus)

Fast alle Familien brauchen ihn dringend und er wird immer mehr zur Mangelware: Der Platz in der Krippe oder im Kindergarten. Die Wartelisten sind lang und die Leidtragenden sind berufstätige Eltern. In vielen Kitas und Kindergärten der Region werden händeringend Fachkräfte gesucht.

Der Personalmangel in Kindergärten und Tagesstätten ist aktuell ein großes Thema und die betroffenen Eltern können ein Lied davon singen. Bei Ausfällen müssen oft ganze Gruppe geschlossen werden. Die Nachricht kommt per Mail und bringt Eltern immer wieder in Stresssituationen: „Heute ist keine Betreuung möglich“. Nicht jeder hat Oma und Opa einsatzbereit in der Nähe. Die Situationen spitzen sich vielerorts so zu, dass die Kleinen immer öfters zuhause bleiben müssen. Es fehlt einfach an Erziehern. Da bleibt natürlich der Frust der Eltern nicht aus.

Die Eltern verlangen immer mehr, da die Betreuungszeit der Kinder oftmals täglich über sechs Stunden liegt. Die Vorbereitung, die Übergaben in den einzelnen Gruppen, viele Benachrichtigungen und wichtige Informationen bleiben daher oft auf der Strecke. Wenn dann noch Kolleginnen krank sind, können geplante Programme nicht stattfinden.

Personalmangel stellt zunehmende Belastung dar

Jeder, der Kinder hat und es sich nicht leisten kann, dass ein Elternteil zuhause bleibt und sich um die Erziehung und den Haushalt kümmern kann, ist fast immer zwingend auf die Hilfe von Kindertagesstätten angewiesen. Hier können Kinder guten Gewissens hingebracht werden, lernen viel, dürfen ausprobieren und haben Spaß in der Gruppe. Die Eltern können arbeiten gehen und sorgen so für den Erhalt des konjunkturellen Wohlstands.

Laut einer Bertelsmann-Studie aus dem vergangenen Jahr fehlen in Baden-Württemberg mehr als 59.000 Kita-Plätze. Über 18.000 Erzieherinnen und Erzieher bräuchte es, um den Bedarf zu decken. Von Jahr zu Jahr steigen die Zahlen.

Eigentlich haben Eltern seit dem Jahr 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder, die älter als ein Jahr alt sind. Für die über Dreijährigen gilt der Anspruch schon seit 1996. Der Fachkräftemangel erschwert es aber zunehmend, die Rechtsansprüche zu erfüllen. Der alarmierende Personalmangel stellt in der Kindertagesbetreuung eine zunehmende Belastung dar. Die Diskrepanz zwischen der steigenden Nachfrage nach Kitaplätzen und der begrenzten Verfügbarkeit qualifizierten Personals hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschärft.

Mehr Flexibilität für Kita-Träger

Der Deutsche Kitaverband fordert daher ein Umdenken in der Diskussion um den Fachkräftemangel, da in den nächsten Jahren nicht mit einer Entspannung, sondern eher noch mit einer Verschärfung des Problems gerechnet werden muss: „Neue praxisbegleitende, durchlässige Wege in den Beruf, die unterschiedliche Ein-, Auf- und Ausstiegsmöglichkeiten bieten. Dies umfasst auch mehr Flexibilität und Verantwortung für Kita-Träger bei der Stellenbesetzung sowie vielfältigere Kita-Teams, ohne die Qualität der frühkindlichen Bildung zu vernachlässigen“, heißt es auf der Homepage des Verbands.

Arbeitsmarkt ist nahezu leergefegt

Der Arbeitsmarkt für Erzieherinnen und Erzieher ist leergefegt. Die permanente Unterbesetzung in den Kindertageseinrichtungen führt zu reduzierten Öffnungszeiten, langen Warteschlangen für Neuaufnahmen und Mitarbeitern, die über Jahre hinweg auf dem Zahnfleisch gehen und irgendwann krank werden.

Dieser Zustand ist dramatisch und alarmierend zugleich, da hierdurch Kindern das gemeinsame Spielen und die pädagogische Erziehung in den Kindertageseinrichtungen verwehrt bleibt und gut qualifizierte Fachkräfte zuhause bleiben müssen, wodurch der Fachkräftemangel in seiner Gesamtheit weiter zunehmen wird.

Der Fachkräftemangel in den Kitas trifft alle. Auch beim Trägernetzwerk KONZEPT-E mit 46 Kinderhäusern, zu denen in Friedrichshafen die element-i Kinderhäuser Wiki und Seehasen gehören, wird gegen den Personalmangel gekämpft.

Dabei bedarf es großer Anstrengung und viel Energie für die Akquise neuer Mitarbeiter, um einen möglichst konstanten Kita-Betrieb führen zu können. Der Träger bildet auch Nachwuchs, Quer- und Direkteinsteigende an den eigenen Fachschulen aus und macht sich für innovative Lösungen sowie höhere Flexibilität, z.B. beim Personalschlüssel, stark. Damit Pädagoginnen und Pädagogen erst gar nicht aus dem Berufsfeld aussteigen, plädiert Waltraud Weegmann, Geschäftsführerin von KONZEPT-E, für ein Miteinander aller Akteure: „Es wäre leichter für uns alle, wenn wir zusammenhalten und die Mitarbeitenden unterstützen würden. Ich verstehe den Ärger der Eltern, wenn es z.B. zu Kürzungen der Betreuungszeiten kommt. Doch leider belastet dieser Ärger unsere Erziehenden vor Ort und die Mitarbeitenden unserer Verwaltung.“ 

Arbeiten in Kita und Krippe – mehr als nur Bilder malen und Windeln wechseln

Die Arbeit in einem Kindergarten ist sehr erfüllend, abwechslungsreich und ganz bestimmt nie langweilig – einfach wild und kunterbunt, so wie Kinder nun mal sind. Das Erarbeiten von pädagogisch wertvollen Angeboten, die Planung von interessanten Aktionswochen und der intensive Austausch mit den kleinen Entdeckern und Abenteurern von morgen ist erfüllend. Natürlich gibt es auch anstrengende und herausfordernde Zeiten in einem Kindergarten, doch am Ende des Tages gehen die Kinder doch fast immer mit einem breiten Lachen im Gesicht nach Hause.

Der Beruf der Erzieherin besteht aus viel mehr als „nur“ der Betreuung der Kinder. Kinder sind für Eindrücke und Vorbilder empfänglich und Erzieherinnen vermitteln grundlegende Werte und schenken Geborgenheit. Dazu bringen sie ihre Persönlichkeit, eigene Ideen und viel Kreativität ein. Sie lernen viele Familien mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Wurzeln kennen und arbeiten partnerschaftlich mit ihnen zusammen. Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit ist auf alle Fälle eine Bereicherung, die auf Gegenseitigkeit beruht.

Die Ausbildung zur Erzieherin bietet viele Vorteile

Der klassische Weg dauert in der Regel vier Jahre und startet mit dem Besuch eines einjährigen sozialpädagogischen Berufskollegs. Hier wird den angehenden Sozialpädagogen jede Menge interessantes theoretisches Fachwissen vermittelt. Dann folgen zwei Jahre auf einer Fachakademie/Fachschule für Sozialpädagogik, welche ebenfalls viel Wert auf Theorie legen, durch diverse Praktika jedoch dafür sorgen, dass das Gelernte in der Praxis auch korrekt angewandt werden kann.

Das letzte Ausbildungsjahr wird dann in Form eines Anerkennungsjahres (Vollzeitpraktikum) bei einer Kindertageseinrichtung absolviert. Hier werden die Auszubildenen optimal an die späteren Arbeitsansätze herangeführt. Während der gesamten Ausbildung können die Auszubildenden finanzielle Unterstützung durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beantragen.

Es gibt aber auch noch die praxisintegrierte Ausbildung (PiA), die quasi wie eine normale duale Ausbildung abläuft – auch wenn sie das nicht ist, da die Gesamtverantwortung der Ausbildung weiterhin bei der Fachschule liegt.

Die Auszubildenden sind jedoch direkt bei einer Kindertageseinrichtung angestellt und arbeiten bereits von Beginn an zwei Tagen in der Woche in der Einrichtung mit. Die restliche Zeit wird an der Schule mit Theorieaufbau verbracht. Die Auszubildenden erhalten während der kompletten Ausbildungszeit eine Ausbildungsvergütung von der Einrichtung.

Der große Vorteil bei beiden Wegen der Ausbildung zur Erzieherin ist: wer die Ausbildung erfolgreich absolviert, bekommt mit dem Ausbildungszeugnis ebenfalls noch eine Hochschulzugangsberechtigung für das jeweilige Bundesland und kann damit an allen Fachhochschulen studieren – auch in ganz anderen Bereichen. Also ein ausgebildeter Erzieher kann nach seiner Ausbildung theoretisch auch Fachinformatik oder BWL studieren.

Danke, dass du mir beim Aufwachsen geholfen hast!

Diesen Satz hören Erzieherinnen nicht selten, wenn die großen Kinder dann irgendwann aus dem Kindergarten „geworfen“ werden und in die Schule übergehen. Kann es etwas Schöneres geben als Kindern beim Aufwachsen zuzusehen und ihnen zu helfen, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln und einfach immer dann da zu sein, wenn Unterstützung benötigt wird? Wer also auf der Suche nach einer absolut verantwortungsvollen, abwechslungsreichen und schönen Ausbildung mit enormem Mehrwert ist, sollte die Berufsfelder der sozialpädagogischen Berufe rund um Kindergarten und Grippe unbedingt auf dem Schirm haben. Denn auch die Löhne in den Kindertageseinrichtungen sind in den letzten Jahren stetig gestiegen und inzwischen auf einem guten Niveau. Wenn man den Prognosen für die nächsten Jahre glauben mag, werden diese auch weiterhin ansteigen.