Auffälliger Mistelbefall an den Lindauer Tannen

Auffälliger Mistelbefall an den Lindauer Tannen
Gesteuert wird die Drohne von Johannes Schönefeld, Student der Forstwirtschaft an der Hochschule in Rottenburg. Für seine Bachelor-Arbeit untersucht er die Verbreitung von Misteln (lat. Viscum album ssp. abietis) an Weißtanne und Kiefer in Bayern und Baden-Württemberg. (Bild: Forstbetrieb Sonthofen)

WOCHENBLATT

Ein leises Surren ist zu hören, als im Staatswald bei Lindau eine Drohne langsam abhebt. Sie ist mit einer Kamera ausgestattet und fliegt in Richtung Krone einer großen Weißtanne.

Gesteuert wird die Drohne von Johannes Schönefeld, Student der Forstwirtschaft an der Hochschule in Rottenburg. Für seine Bachelor-Arbeit untersucht er die Verbreitung von Misteln (lat. Viscum album ssp. abietis) an Weißtanne und Kiefer in Bayern und Baden-Württemberg. Begleitet wird Schönefeld vom Staatswald-Förster Moritz Janzen, in dessen Revier die Drohne gerade aufsteigt.

Der Ort der Untersuchung ist nicht zufällig gewählt: Förster Janzen ist der fast flächendeckende Mistelbefall an Weißtanne rund um Lindau nicht entgangen und er war sofort bereit, die Forschungen des angehenden Forstmannes zu unterstützen.

Die Mistel ist bekannt für mystische und medizinische Eigenschaften, die ihr zugeschrieben werden. Schon im Altertum wurde sie zur Behandlung von Epilepsie oder bei unerfülltem Kinderwunsch empfohlen. Gallische Druiden nutzten die immergrüne Mistel als Heil- und Zauberpflanze. Deshalb ist sie auch für den Druiden Miraculix aus den berühmten Asterix-Comic eine unverzichtbare Zutat.

Im Mittelalter blieb das Ansehen der Mistel groß, Hildegard von Bingen führte sie in ihrem Register der Heilpflanzen auf. Vieles davon hat sich bis in unsere Zeit erhalten und macht die Mistel zu einer beliebten Dekoration zur Weihnachtszeit. Wer sich unter einem Mistelzweig küsst, dessen Liebe soll glücklich sein und ewig halten.

Waldbesitzer und Förster betrachten Mistelbefall mit gemischten Gefühlen, denn er schwächt den befallenen Baum: Misteln leben halbparasitär auf ihren Wirtsbäumen. Die Samenverbreitung findet über Vogelarten statt, zum Beispiel durch Misteldrosseln. Die Beeren sind für die Vögel eine wichtige Winternahrung und werden nach dem Fressen meistens auf gut zugänglichen, hochgelegenen Baumkronen wieder ausgeschieden. Dort haften die Kerne der Beeren an jungen und dünn berindeten Zweigen und keimen im Frühling. Der Mistelkeimling bildet einen sogenannten „Senker“, der in die Rinde, genauer gesagt bis in das Kambium wächst und die Zellwände der wasserleitenden Elemente teilweise auflöst.

So entsteht eine direkte Verbindung zum Leitungssystem des Wirtsbaumes und die Mistel kann Wasser und die darin gelösten Nährsalze entnehmen. Starker Mistelbefall führt zu Kronenverlichtung bis hin zum vollständigen Absterben des Baumes. In jedem Fall ist zumindest die Vitalität und damit die Wuchsleistung eines befallenen Baumes gemindert.

Aus forstwirtschaftlicher Sicht ist es also sehr interessant zu untersuchen, was die Ausbreitung der Mistel begünstigt und was sie möglicherweise einschränkt. Förster Janzen erwartet deshalb gespannt die Forschungsergebnisse seines angehenden, jungen Kollegen.

(Pressemitteilung: Bayerische Staatsforsten, AöR – Forstbetrieb Sonthofen)