Ein junger Soldat, durch eine Mine und eine Drohne schwer verletzt, erhält im Klinikum Friedrichshafen medizinische Versorgung – ein Beispiel gelebter internationaler Hilfe und chirurgischer Höchstleistung.
Zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat das Klinikum Friedrichshafen einen verletzten ukrainischen Soldaten aufgenommen. Der knapp 33-Jährige aus Odessa wurde vor wenigen Wochen bei einem Einsatz durch eine Mine und eine Drohne schwer verletzt – mit teils massiven Schäden am Unterarm und an den Augen.
Deutschland nimmt über 1.000 verletzte Soldaten auf
Seit Beginn des Krieges wurden mehr als 1.000 verwundete ukrainische Soldaten zur medizinischen Behandlung nach Deutschland evakuiert. Die sogenannte „Medical Evacuation“ (MEDEVAC) erfolgt per Flugzeug, Schiff oder Landweg. Die Bundesregierung rechnet mit rund 50 Millionen Euro Gesamtkosten für die Versorgung dieser Patienten.
Zuweisung nach dem Kleeblattprinzip
Die Verteilung der Patienten erfolgt im sogenannten Kleeblattprinzip – ein Verfahren, das ursprünglich während der Corona-Pandemie entwickelt wurde, um eine Überlastung regionaler Kliniken zu vermeiden. Auch das Team von Prof. Dr. Ludwig Oberkircher, Chefarzt der Unfallchirurgie und Mitglied des Traumanetzwerks, meldete Kapazitäten zur Behandlung an und erhielt die Zuweisung.
Komplexe Operation am Unterarm
Mit einem externen Fixateur zur Stabilisierung eines Knochenbruchs kam der Soldat nach Friedrichshafen. Vor Ort stellten die Traumatologen fest, dass Teile des Knochens nicht mehr zu retten waren. Die Lösung: Knochenersatzmaterial wurde mit einer internen Platte befestigt, um die Durchblutung und Funktion zu erhalten.
Eingeklemmter Nerv – eine zweite Baustelle
Neben der Knochenschädigung zeigte sich, dass ein Nerv im Unterarm durch die Explosion beeinträchtigt war. Dr. Michael Ruggaber, Chefarzt der Plastischen- und Ästhetischen Chirurgie und Handchirurgie, stellte eine Einengung des Nervs fest. Es folgte eine operative Dekompression, um die Lähmung zu beheben. Eine tägliche Physiotherapie unterstützt die Genesung.
Weitere Behandlung in Ulm und menschliche Unterstützung vor Ort
Wegen der Augenverletzungen wurde der Patient zusätzlich in der Augenklinik der Universitätsklinik Ulm vorgestellt. Parallel erfährt er in Friedrichshafen nicht nur medizinische, sondern auch menschliche Unterstützung: Freiwillige Helfer, viele von ihnen selbst ukrainische Geflüchtete oder Klinikmitarbeitende, versorgen ihn mit dem Nötigsten und geben Halt in der Muttersprache.
Betreuung mit Herz – Unterstützung über die Klinik hinaus
Einen besonderen Beitrag leisten Christoph und Alina Mezger, die über 21 Jahre in der Ukraine lebten. Sie kümmern sich ehrenamtlich um den Patienten – in enger Abstimmung mit dem Klinikpersonal und unterstützt durch digitale Übersetzungshilfen. Christoph Mezger lobt die reibungslose Zusammenarbeit mit Klinik, Stadt Friedrichshafen und dem Landratsamt Bodenseekreis: „Schnell, engagiert und unbürokratisch.“
Noch kein Rückflugtermin
Wann der genesende Soldat in seine Heimat zurückkehren kann, ist derzeit unklar. Doch bis dahin bleibt er in guten Händen – medizinisch wie menschlich.
(Quelle: MCB)