Da Vinci heißt das Roboter-Assistenzsystem, von welchem circa 8.600 Exemplare in OP-Sälen weltweit im Einsatz sind. Das System ermöglicht höchste Präzision bei minimaler Belastung und schnellerer Regeneration und zählt zu den modernsten Entwicklungen im Bereich der minimalinvasiven Chirurgie. Ab sofort profitieren davon auch die Patienten am Biberacher Zentralklinikum – die ersten Operationen konnten bereits erfolgreich durchgeführt werden.
Am Sana Klinikum arbeiten die Fachbereiche Allgemein- und Viszeralchirurgie (AVC), Urologie sowie Gynäkologie bereits seit 2019 im interdisziplinären Zentrum für Minimalinvasive Chirurgie zusammen. Abteilungsgrenzen werden im Rahmen dessen bewusst aufgehoben, Abläufe gemeinsam weiter optimiert und fortlaufende Investitionen in die Medizintechnik getätigt. Unter der Federführung der Chefärzte Dr. Thomas Schmidt (AVC), Dr. Jörg Bernhardt (Urologie) sowie PD Dr. Dominic Varga und Dr. Steffen Fritz (Gynäkologie) hat mit dem Roboter-Assistenzsystem Da Vinci nun die modernste Entwicklung auf dem Gebiet der minimalinvasiven Chirurgie Einzug gehalten.
„Tatsächlich befindet sich der Roboter bereits seit gut drei Monaten bei uns im Haus“, so der Ärztliche Direktor und Chefarzt Dr. Thomas Schmidt, der die Einführung des „Da Vinci“ als Projektleiter betreut hat. Am Morgen des 27. März war es soweit: Der Da Vinci traf per LKW aus den Niederlanden in der Warenannahme des Biberacher Klinikums ein. Drei große Kartons mit einem Gesamtgewicht von über einer Tonne galt es sorgsam auszupacken. Allein der sogenannte Patientenwagen mit vier interaktiven Armen, an denen die Operationsinstrumente befestigt sind, bringt es auf ein Gewicht von 650 Kilogramm. Zum Da Vinci gehört außerdem ein Videosystemwagen zur Steuerung von Kamera, Lichttechnik, CO2-Insufflator sowie eine Arztkonsole, über die der Chirurg die Arme des Roboters steuert.
Auf die Ankunft des OP-Systems im März folgte eine intensive Vorbereitungsphase, die technische Installation sowie die Schulung der Operateure und des OP-Personals: „Wir haben uns zunächst anhand von Onlinemodulen und Live-Fallbeobachtungen mit dem System und der Technologie vertraut gemacht, bevor es dann am Simulator in die Praxis ging“, erklärt Schmidt. Geübt wurde sowohl am eigenen Da Vinci vor Ort als auch in einem Trainingscenter. „Der Schwierigkeitsgrad wurde dabei immer höher. Um in das nächste Trainingslevel zu gelangen, musste jeweils eine definierte Anzahl an Punkten erreicht werden“, ergänzt Dr. Bernhardt.
Einen vertiefenden praktischen Einblick haben die Chirurgen zudem im Rahmen von Hospitationen, unter anderem am Uniklinikum Freiburg, erhalten. „Wir haben in den vergangenen Monaten viel trainiert und sozusagen den Da Vinci „Führerschein“ erfolgreich bestanden. Wir sind stolz, unseren Patientinnen und Patienten diese innovative Technik somit nun auch in Biberach anbieten zu können.“
Der Eingriff selbst mutet futuristisch an. So steuert der Chirurg die vier Roboterarme mittels Joystick und Fußpedalen von der Arztkonsole aus. Tatsächlich sitzt er so nicht mehr direkt beim Patienten, denn der Da Vinci führt, wenige Meter weiter, die Befehle des Operateurs mit maximaler Präzision für ihn aus. Am OP-Tisch selbst befindet sich weiterhin ein Team, welches sich um den Patienten kümmert, Instrumente wechselt und dem Operateur assistiert. „Auch die robotergestützte Chirurgie ist und bleibt Teamarbeit“, betont Schmidt. Wichtig zu wissen: Alle Schritte erfolgen durch die Hände des Operateurs, der Roboter führt keine eigenständigen Bewegungen durch.
„Er ist sozusagen ein ausführendes Hightech-Instrument“, verdeutlicht er dessen Funktionsweise. „Die Erfahrung und das Fingerspitzengefühl des Chirurgen werden damit optimal mit den punktgenauen Bewegungen des Da Vinci kombiniert. Die Roboterarme sind dabei sehr viel beweglicher, als es das menschliche Gelenk jemals sein könnte“, führt PD Dr. Varga fort. So ist das Operieren auf kleinstem Raum mit einer fast uneingeschränkten Bewegungsfreiheit möglich. Der Operateur erreicht damit Stellen, die im Rahmen der klassischen Laparoskopie nur schwer zugänglich sind. Das System gleicht überdies das natürliche Zittern der Hände aus.
„Gerade bei stundenlangen Operationen erleichtert uns das die Arbeit. Auch, weil wir an der Konsole sitzend deutlich entspannter und ermüdungsärmer als am OP-Tisch arbeiten können“, freut sich Schmidt. Über den Monitor der Konsole beobachtet der Chirurg jede Bewegung innerhalb des Körpers des Patienten. Die hochauflösende 3D-Kamera liefert dabei eine dreidimensionale Ansicht in bis zu zwölffacher Vergrößerung und leuchtet das Operationsfeld im Körperinneren zudem vollständig aus. Dies ermöglicht eine visuelle Darstellung feinster Strukturen wie Nervenbahnen und Blutgefäße. Dank der Fluoreszenz-Bildgebung können außerdem auch winzigste Tumoranteile, die für das bloße Auge nicht erkennbar sind, sichtbar gemacht werden.
Im Biberacher Klinikum wird der maschinelle Assistent vorwiegend bei komplexen Eingriffen im Bereich der Allgemein- und Viszeralchirurgie, der Urologie sowie der Gynäkologie eingesetzt. Grundsätzlich kann dabei der gesamte Bauchraum abgedeckt werden. Insbesondere für die radikale Prostata- wie auch Nierentumorentfernung, bei onkologischen Darmoperationen, bei der Hernien- und Refluxchirurgie sowie bei großen Uterusmyomen und -tumoren ist der Einsatz angezeigt. Darüber hinaus assistiert das System im Adipositaszentrum bei bariatrischen Operationen. „Mit dem Da Vinci komplettieren wir unser Behandlungsangebot und können unseren Patienten ab sofort alle Operationsformen, von den offenen über die laparoskopischen bis hin zu robotergestützten, anbieten.“
Welche davon Anwendung findet, wird individuell entschieden: „Wir wägen sorgfältig ab, welche Methode für den jeweiligen Patienten die beste und aus medizinischer Sicht erfolgversprechendste ist. Für uns steht im Mittelpunkt, dass der Patient davon profitiert. Dahingehend beraten wir ihn ausführlich hinsichtlich der möglichen Optionen und entsprechend seiner Bedürfnisse“, betont Schmidt.
Die Vorteile für den Patienten sind indes bei passender Indikation groß. So können die Instrumente über kleinste Hautschnitte in das Körperinnere eingebracht werden. Gesundes Gewebe rund um den Operationsort wird durch die hochpräzise Umsetzung des Roboters nicht verletzt. Das Verfahren ist für den Patienten somit deutlich schonender und mit geringeren Schmerzen, weniger Blutverlust und einer niedrigeren Wundinfektionsrate verbunden. Dadurch erholt er sich meist schneller und kann in der Regel das Krankenhaus früher wieder verlassen. Und das mit einer Narbe, die für den Laien auf den ersten Blick kaum zu erkennen ist.
Neben den Vorteilen für Patienten und Operateure erhöht die Gesamtinvestition durch die Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro auch nochmals die Attraktivität des Krankenhauses für medizinische Fachkräfte: „Roboterassistiertes Operieren ist heutzutage für Bewerber nicht nur eine wichtige Voraussetzung, sondern oftmals Ausschlusskriterium. Es war und ist uns daher ein Anliegen, dass wir uns dahingehend als Arbeitgeber gut aufstellen und weitere Anreize für potenzielle künftige Mitarbeitende schaffen“, so Schmidt.
Auch Geschäftsführerin Beate Jörißen sieht das neu etablierte OP-System als richtungsweisend: „Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dieser umfassenden Investition einen weiteren großen Schritt in der medizinischen Weiterentwicklung unseres Klinikums gehen und unseren Standort als zentralen Gesundheitsversorger für den Landkreis Biberach weiter stärken und zukunftssicher aufstellen. Mein Dank geht an der Stelle an alle Kolleginnen und Kollegen, die sich in den vergangenen Monaten mit größtem Engagement dafür eingesetzt, eingebracht und fortgebildet haben. Allen voran unser Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie Herr Dr. Schmidt.“
Weitere Informationen sind online unter www.operiereninbiberach.de erhältlich.
(Pressemitteilung: Sana Kliniken Landkreis Biberach)