Erste HBC-Promotion: Sebastian Krug untersucht die Durchlaufwirkung von Holz-Beton-Verbunddecken

Erste HBC-Promotion: Sebastian Krug untersucht die Durchlaufwirkung von Holz-Beton-Verbunddecken
Promovend Sebastian Krug und Doktorvater Prof. Dr.-Ing. habil. Jörg Schäzlin in der Versuchshalle für Baustoff- und Bauteilprüfung. (Bild: HBC Biberach)

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Sebastian Krug ist der erste Promovend der Hochschule Biberach (HBC), der seine Dissertation im Rahmen des Promotionsverbandes ablegt.

Sein Thema: die Durchlaufwirkung von Holz-Beton-Verbunddecken, sein Doktorvater: Prof. Dr.-Ing. habil. Jörg Schänzlin, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Holzbau, das Besondere: Noch vor wenigen Jahren war es Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) nicht möglich, eigenständig Promotionen zu betreuen, dies war allein Universitäten vorbehalten. Mit der Verleihung des Promotionsrechtes an die HAWen 2022 durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst änderte sich die Situation, der Promotionsverband Baden-Württemberg wurde als Dachverband gegründet.

24 HAWen gehören dem Verband an, u.a. die Hochschule Biberach. Seither können herausragende Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter bis zur Promotion begleitet werden. Dabei gelten dieselben Qualitätsanforderungen wie für eine Promotion an einer Universität.

Das Promotionsrecht sei ein weiterer Faktor, der Studiengänge an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) besonders attraktiv mache, so Prof. Dr.techn. Heike Frühwirth, Prorektorin für Forschung, Transfer und Kooperationen. „Es bietet unseren Absolventen die Möglichkeit, in einem praxisorientierten und forschungsnahen Umfeld direkt an der Hochschule zu promovieren und damit erweiterte Karrierechancen zu erschließen“, sagt die Wissenschaftlerin, die selbst im Bereich Biotechnologie forscht.

Zurück zu Sebsatian Krug, der an der Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement sein Bachelor- und auch Masterstudium abgeschlossen hat. Schon 2021, als er als Master-Student die Möglichkeit erhielt, am Institut für Holzbau (IfH) in Teilzeit zu arbeiten und an einem Forschungsprojekt im Bereich Holz-Beton-Verbundbau mitarbeiten konnte, zeichnete sich der Weg zur Promotion ab: „Erste Kontakte zum IfH hatte ich schon während meiner Bachelorarbeit im Bauingenieurwesen, in der ich mich mit dem Thema „Schwingungsmessungen von Holzbrücken zur Schadenserkennung“ beschäftigt habe.

Hier zeigte sich bereits, dass mich das Thema Holzbau und die wissenschaftliche Forschung begeistern“, beschreibt Sebastian Krug seinen Einstieg in die Wissenschaft. Der konkrete Wunsch, die akademische Laufbahn weiterzuführen und Vollzeit in der Forschung und Lehre tätig zu sein, entstand schließlich gegen Ende seines Masterstudiums. Zunächst war die Idee, das Vorhaben in Kooperation mit einer Universität zu realisieren, doch dann zeichnete sich das Promotionsrecht für HAWen ab und Doktorvater Prof. Dr.-Ing. habil.

Jörg Schänzlin stellte Stebastian Krug diese Möglichkeit in Aussicht. Schänzlin ist einer von insgesamt sechs Professoren der Hochschule Biberach, die in den Promotionsverband aufgenommen wurden und an der HBC über den Verband Promotionen betreuen dürfen; sie forschen in den Themengebieten Biotechnologie und Ingenieurwissenschaften. Dieses Promotionsrecht steht nicht jeder HAW-Professor zur Verfügung, sondern wird über die Forschungsqualität und -quantität vergeben. Die Entscheidung fiel Sebastian Krug nicht schwer: „Biberach ist der richtige Ort für mich und mein Promotionsvorhaben“.

„Dass das Institut für Holzbau an der Hochschule Biberach ein attraktiver Ort für eine Vertiefung des Wissens sein kann, zeigt sich u.a. am Institut für Holzbau, an dem ein internationales Team mit zuzeit zehn wissenschaftlichen Mitarbeiter beschäftigt ist“, sagt Prof. Jörg Schänzlin, wissenschaftlicher Leiter des IfH. Sie alle hätten sich der Wissenschaft verschrieben und würden Fragestellungen im Bereich des Holzbaus bearbeiten – und lösen.

Seit 2021 forscht Sebastian Krug nun zu Holz-Beton-Verbunddecken. Diese Verbundbauweise stellt eine innovative Lösung dar, um die Vorteile beider Baustoffe – Holz und Beton ­– miteinander zu kombinieren und so den aktuellen Anforderungen des nachhaltigen Bauens gerecht zu werden. Besonders vorteilhaft ist die Bauweise bei mehrgeschossigen Gebäuden, da sie die Steifigkeit und Tragfähigkeit von Beton mit der Nachhaltigkeit und dem geringeren Gewicht von Holz vereint.

Zwar setzen bereits einige aktuelle Bauprojekte auf solche Deckensysteme, die Durchbiegung der Decken jedoch stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Eine vielversprechende Lösung zur Reduzierung dieser Durchbiegung ist der Einsatz von Durchlaufträgern, d.h. Deckenträger die mehrere Deckenfelder überspannen, wie es im reinen Stahlbeton- oder reinen Holzbau bereits üblich ist. „Da es für diese Art von statischer Konfiguration derzeit keine Berechnungsgrundlagen in der Holz-Beton-Verbundbauweise gibt, untersuche ich diese Thematik im Rahmen meiner Promotion“, beschreibt Sebastian Krug sein Arbeitsgebiet.

Mit Hilfe dieser Ergebnisse sollen schlankere Decken realisiert werden, die zu einer Kosteneinsparung und Reduktion des Ressourcenverbrauchs beitragen können. Dabei werde gezielt eine bisher noch offene Fragestellung aufgegriffen, die in die europäische Bemessungsnorm überführt werden wird, erläutert Jörg Schänzlin. „Die europäische Bemessungvornorm CEN/TS19103 wurde am Institut maßgeblich entwickelt und wird im kommenden Jahr in die europäsiche Norm EN 1995-1-3 überführt. Im Rahmen dieser Überführung werden die Ergebnisse von Sebastian Krug aufgenommen, so dass diese dann europaweit zur Anwendung kommen“, so Schänzlin.

Um die Forschungsfrage auf wissenschaftlich fundierter Art und Weise beantworten zu können, wurden experimentelle Belastungsversuche in der Versuchshalle der Hochschule sowie zahlreiche numerischen Simulationen am Rechner durchgeführt. Somit kann das Verformungsverhalten der Holz-Beton-Verbunddecken beschrieben und analysiert werden. Damit bilden statistische und probabilistische Methoden einen essentiellen Schwerpunkt in der Forschung von Sebastian Krug, weshalb er im Frühjahr 2023 vier Wochen an der Aalto University in Finnland verbrachte.

Der Aufenthalt wurde durch die sog. COST Action Kooperation gefördert. Eine Initiative, die den internationalen Austausch auf wissenschaftlicher und technischer Ebene koordiniert und bündelt. Zudem nahm Krug bereits an verschiedenen internationalen Konferenzen teil, um dort seine Ergebnisse vorzustellen und sich mit anderen Forschenden auszutauschen – „Erfahrungen, die die eigene Arbeit bereichern und für neue Perspektiven sorgen“, so der Doktorand.

Aktuell befindet sich der 27-jährige in der Dokumentationsphase seiner Ergebnisse. Eine Finalisierung der Dissertation ist für die zweites Jahreshälfte 2025 geplant.

Und wie hat er seine Pionierarbeit als erster eigenständiger Promovend an der HBC erlebt? „Im Großen und Ganzen absolut empfehlenswert,“ resümiert Sebastian Krug. Am Anfang habe es zwar viele Fragen gegeben, die für alle Beteiligten neu waren, doch die Mitarbeitenden in der Verwaltung hätten ihn gut unterstützt, insbesondere die Kollegen aus dem Bereich Forschungs- und Transferservice seien eine große Hilfe gewesen.

„Im Austausch mit anderen Promovenden erkenne ich auch Vorteile: Im Gegensatz zu Uni-Promovenden, die zunächst meist für die Lehre angestellt werden, bin ich direkt am Institut für Holzbau in die Forschung eingebunden und kann konkret an meiner Forschungsfrage arbeiten“, sagt Sebastian Krug.

Während unabhängig vom Promotionsverband Ba-Wü an der HBC natürlich auch weitere Promotionen laufen – aktuell beispielsweise im Bereich Gebäudeklimatik – steht auch am IfH der nächste Doktorand bereits in den Startlöchern. Zudem wird über das im Institut für Bildungstransfer (IBiT) ansäßige Netzwerk-Programm BINAnetwissenschaftlicher Nachwuchs aus ganz Süddeutschland, Österreich und der Schweiz mit Angeboten wie einer Schreibwerkstatt oder regelmäßigem Input zu Themen rund um die wissenschaftliche Karriere gefördert und so auf dem Weg zum Doktortitel unterstützt.  

Über den Promotionsverband: 

Der Promotionsverband Baden-Württemberg mit Sitz in der Landeshauptstadt Stuttgart übt als Dachverband das eigenständige Promotionsrecht der Hochschulen für angewandte Wissenschaften des Landes aus. Insgesamt 24 HAWen, darunter 21 staatliche Hochschulen und drei Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft, haben sich darin zusammengeschlossen, nachdem ihnen 2022 das Promotionsrecht vom Wissenschaftsministerium verliehen wurde.

Aktuell arbeiten 316 nachgewiesen forschungsstarke Professoren in fünf Forschungseinheiten im dazugehörigen Promotionszentrum BW-CAR zusammen und es können insgesamt 7 Doktorgrade verliehen werden.

(Pressemitteilung: HBC Biberach)