Wetterextreme, Hitzerekorde & Politik Roland Roth referierte in Bestform zum Klimawandel

Roland Roth versteht es, wichtige und spannende Informationen so zu vermitteln, dass sie hängen bleiben.
Roland Roth versteht es, wichtige und spannende Informationen so zu vermitteln, dass sie hängen bleiben. (Bild: Maximilian Kohler)

Am vergangenen Freitag, 9. September, riss Roland Roth (Chef der Wetterwarte Süd) seine Zuhörer mit einem Vortrag zum Klimawandel regelrecht mit. Mit Fakten und einer gehörigen Portion Wortwitz, wies er die Anwesenden auf die bereits erfolgten Klimaveränderungen und deren Folgen für Mensch und Natur hin.

In der vollen Gaststube der Schussenrieder Brauerei Ott warteten neben dem Freitags-Stammtisch, Band-Mitgliedern der ehemaligen Kult-Band Easy Livin‘ viele weitere Interessierte gespannt auf den Vortrag von Roth.

Sie erlebten einen Abend bei dem deutlich wurde, dass Roth nicht nur über das Wetter spricht, sondern das Wetter mit jeder Faser seines Herzens lebt. Dass der Klimawandel die Menschen zunehmend beschäftigt, erklärte Roth anhand seiner rund 100 Vorträge, die er jährlich hält: „Früher waren 80 Prozent der Vorträge gefragt, die nichts mit dem Klimawandel zu tun hatten. Die Vorträge hatten teils kabarettistische Züge und waren unterhaltsam. Jetzt aber werden 80 Prozent der Vorträge mit dem Thema Klimawandel angefragt.“

Teile der Band Easy-Livin‘ waren auch da. Von li Mäxe Roth, Fribbe Reutter, Hansi Fink und Meine Amann
Teile der Band Easy-Livin‘ waren auch da. Von li Mäxe Roth, Fribbe Reutter, Hansi Fink und Meine Amann (Bild: Maximilian Kohler)

Details machen betroffen

Roth ging in seinem kurzweiligen Vortrag auf natürliche Klimaschwankungen, die bereits begonnene Klimaveränderung, deren Ursachen bzw. Folgen und die möglichen Stellschrauben ein. Mit einem Schaubild verdeutlichte Roth die Abweichung von der mittleren globalen Jahrestemperatur in den Jahren 1901 bis 2000. Seit 1980 wird dieser Mittelwert beständig überschritten, der Abstand dazu immer größer. Roth beschrieb einen Effekt, der für jeden nachvollziehbar war: „Stiegen vor 40 Jahren die Temperaturen von 18 Grad auf 28 Grad und darüber hinaus, dauerte dies drei bis vier Tage. Heutzutage ist das innerhalb eines Tages möglich.“

Nie war es wärmer

Noch beeindruckender war die „Hitparade“ der weltweit wärmsten Jahre, seit Beginn der Aufzeichnung von Temperaturen durch den Deutschen Wetterdienst (1881). Die ersten 38 Plätze werden bis auf das Jahr 1944 (Platz 34), nur von Jahren zwischen 1980 und heute belegt. Die ersten drei Plätze als wärmste Jahre belegen die Jahre 2016, gefolgt von 2020 und 2019. Der Wetterexperte wies auf die drastischen Folgen von schmelzenden Gletschern und Eisbergen hin. Roth empfahl: „Wenn Sie den Gletscher auf der Zugspitze noch sehen wollen, müssen Sie bald hinfahren. Spätestens in 10 Jahren ist er verschwunden.“

Zunehmende Wetterextreme

Die fatalen Folgen erläuterte Roth anhand der zunehmenden Wetterextreme mit weitreichenden Konsequenzen für Mensch und Natur. Allein die Aufstellung der Wetterkatastrophen in den letzten 20 Jahren, lösten bei den Zuhörern ein unbehagliches Gefühl aus. „Wir erleben heutzutage binnen kurzer Zeit Sturzfluten, die wir so früher nicht kannten“, so Roth und erinnerte u. a. an die unglaublichen Schadensbilanzen an der Elbe (2002), in Braunsbach (2016) und im Ahrtal (2021) hin. Zudem erinnerte er an die Unwetterschäden in Baltringen (2016) und im Raum Biberach und Schwendi (2021).

Aufforderung zu mehr regionalem Konsum

Fünf Stellschrauben sieht Roth als Möglichkeit, die kaum mehr aufzuhaltende Klimaerwärmung teilweise zu begrenzen. Dazu zählen deutliche Veränderung im Mobilitätsverhalten, bei der Energie und Industrie, in unserer Lebensweise mit Konsumverhalten, auch in der Ernährung und Landbewirtschaftung. Er untermauerte dies u. a. mit Hinweisen darauf, dass immer noch viel zu viel geflogen wird (z. B. Shopping Flüge), oder dem Konsum von weltweit und somit ganzjährig verfügbaren Produkten. Roth mahnte zur Nachhaltigkeit und den Verzehr regionaler Produkte mit kurzen Wegen vom Erzeuger auf den Tisch der Verbraucher. Kritische Worte fand Roth zur Mobilität allgemein und forderte einen Ausbau des Nahverkehrs.

Kritik an der Politik

Roth wäre nicht er selbst, wenn er auch Richtung Politik Klartext reden würde: „Die Politik weiß schon seit Jahrzehnten um die Gefahren für unser Klima. Getan wurde aber nahezu nichts!“ Dabei verwies er auf eine Klimastudie eines weltweit anerkannten deutschen Klimaforschers, der schon vor rund 70 Jahren das drohende Szenario des Klimawandels beschrieben hatte.

Bonmots

Zum Sommermärchen 2006: „Die Fußball-Weltmeisterschaft nahte, das Wetter war schlecht. Da Klinsmann ein Sommermärchen wollte, packte er in Kalifornien zum Reisegepäck auch gutes Wetter ein. Wir hatten während der WM ein super Wetter. Leider legte Klinsmann nach der WM das märchenhafte Wetter wieder in das Reisegepäck und flog zurück in die USA. Damit war es vorbei mit dem schönen Wetter.“

Zu seinen Radtouren und von Vorträgen bis Kempten, Donaueschingen etc.: „Ich fuhr nachts mutterseelenallein durch einen Wald. Connie Francis sang „Schöner fremder Mann“. Da ich weit und breit allein auf weiter Flur war, nahm ich mal an, sie meine mich!“

Roth bedauert die Laupheimer: „Die müssten normal viel weniger Steuern zahlen als wir Schussenrieder. Die leben in einer langweiligen Gegend. Dort fehlt die abwechslungsreiche und von den Gletschern geformte Landschaft, wie wir es hier haben.“

Die Veranstaltung erfolgte In Kooperation zwischen der Wetterwarte Süd, der Schussenrieder Brauerei Ott und Wochenblatt Media (Aulendorf).