„Gute Leistung kann man nur bringen, wenn man Freude an etwas hat“

„Gute Leistung kann man nur bringen, wenn man Freude an etwas hat“
Freuen sich auf ihre nächste WM: Tanja Kuttler und Maike Merz (von links). (Bild: Michael Schmidt)

Tettnang (tmy) – Tanja Kuttler und Maike Merz haben sich als Handball-Schiedsrichterinnen national und international längst einen Namen gemacht und sind vom Weltverband für die WM der Frauen Anfang Dezember in Spanien nominiert worden. Für die beiden Tettnangerinnen, die einst beim TSV und der SG Argental selbst diesen, ihren Sport ausübten, ist es bereits die zweite WM-Nominierung. Das WOCHENBLATT hat mit den Geschwistern gesprochen.

Wie sehr hat Sie beide diese nächste Nominierung gefreut?

Über die Nominierung zu unserer 2. Weltmeisterschaft haben wir uns sehr gefreut. Gerade nach unserer Baby-Pause war es nicht selbstverständlich, dass wir sofort wieder berücksichtigt werden. Daher war es für uns auch sehr wichtig, zum Ende der vergangenen Saison wieder in den Spielbetrieb einzusteigen, um uns für internationale Aufgaben zu empfehlen. Wir sind sehr froh, dass unsere Leistung überzeugt hat und wir im Dezember nach Spanien fliegen dürfen.

Wie haben Ihre Familien diesen nächsten Karriere-Schritt aufgenommen?

Unsere Familien freuen sich natürlich riesig und unterstützen uns vor allem auch, wo immer es geht, damit diese Teilnahme überhaupt möglich ist. Wir werden drei Wochen weg sein, das muss natürlich alles erst einmal koordiniert und geplant werden. Direkt nach der Nominierung haben wir uns mit den Papas, Omas und Opas zusammengesetzt, um die Kinderbetreuung zu regeln. Glücklicherweise hat das trotz der Herausforderung, drei Kinder „unterzubringen“ alles super geklappt und wir konnten unsere Nominierung bestätigen.

Wie vereinbaren Sie das Pfeifen überhaupt mit der Familie und Ihren Berufen?

Um die Schiedsrichterei mit dem Privatleben zu vereinen, bedarf es einer guten Planung und Koordination. Unsere Tage sind sehr voll und es gibt selten einmal Zeit, sich auszuruhen. Neben der Betreuung unserer Kinder müssen wir natürlich die Spieleinsätze an sich und zusätzlich Trainingseinheiten sowie Theorieeinheiten (Spielvorbereitungen, Spielanalysen, Coachings, Reiseplanungen, usw.) unterbringen, was oftmals sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.

Daher haben Sie sich dazu entschlossen, beruflich kürzerzutreten?

Ja, da wir mittlerweile in Deutschland und international sehr viel im Einsatz sind, haben wir zunächst beschlossen nicht direkt wieder zur Arbeit zu gehen, um unserer Familie zuhause gerecht zu werden. Wir sind nicht selten zwei bis Tage für einen Spieleinsatz unterwegs und möchten dann nicht direkt wieder zur Arbeit „rennen“, sondern auch Zeit mit den Kleinen verbringen. Das lässt sich aktuell alles sehr gut vereinbaren, allerdings sind wir speziell bei den Spielen unter der Woche oftmals auf die Unterstützung der Großeltern angewiesen, die sich aber glücklicherweise immer freuen, wenn sie sich um die Kinder kümmern dürfen.

Haben Sie in Ihrer Anfangszeit in Tettnang und Argental von einer solchen Schiedsrichter-Laufbahn geträumt?

Auf gar keinen Fall. Ich glaube es gibt wenige Schiedsrichter, die von Anfang an diese Laufbahn einschlagen möchten. Meistens macht man den Schiedsrichterschein aus Verbundenheit zum Verein – Schiedsrichtermangel ist ja beinahe überall ein Thema und so haben auch wir uns damals dazu entschlossen, dem Verein zu helfen. Dass man als Schiedsrichter überhaupt Karriere im Sport machen kann, war uns zu diesem Zeitpunkt glaube ich noch nicht einmal bewusst. Ich persönlich hätte auch am liebsten nach dem ersten Spiel wieder aufgehört (Maike). Wir haben uns aber zum Glück durchgekämpft und irgendwann beschlossen, zusammen aufs Feld zu gehen.

Juckt es Sie beide manchmal in den Fingern, doch noch einmal selbst zu spielen?

Zu Beginn unserer DHB-Laufbahn war es für uns schon sehr schwer, nicht mehr spielen zu dürfen und diesen Schritt zu gehen. Wir wussten damals ja noch nicht, wo das Ganze hinführt und wie erfolgreich wir werden können. Aktuell würden wir die Pfeife definitiv nicht mehr eintauschen, da uns das Ganze absolut erfüllt und glücklich macht. Wir sind im Sektor „Leistungssport“ angekommen. Hier sind Ausdauer, Durchhaltevermögen und Ehrgeiz gefragt – das entspricht vollumfänglich unserer Vorstellung vom Sport und wir sehen uns – auch als Schiedsrichter – als vollwertige Sportler. So haben wir beispielsweise bereits zu Beginn der Schwangerschaften mit viel Einsatz und Unterstützung eines Fitness-Coaches an unserem Comeback gearbeitet.

Haben Sie schon eine Idee, wie lange Sie noch auf diesem Niveau pfeifen wollen?

Unsere Vereinbarung war schon immer, dass wir es machen, solange wir Spaß daran haben. Denn wirklich gute Leistung kann man nur bringen, wenn man Freude an etwas hat. Aktuell können wir nur sagen, dass wir mit großer Freude bei der Sache sind und das Vertrauen bekommen – sowohl in Deutschland als auch international – tolle Spiele leiten zu dürfen. Und da wir noch einige Ziele und Träume haben, werden wir voraussichtlich noch eine ganze Weile am Ball bleiben.

Hand aufs Herz: Wer von Ihnen beiden fährt besser beziehungsweise lieber, wenn Sie mit dem Auto zu Spielen anreisen?

Wie als Schiedsrichter auf dem Spielfeld, ergänzen wir uns auch beim Autofahren prima. Ich – also Maike – habe beispielsweise die deutlich bessere Orientierung auf der Autobahn, wohingegen Tanja sich in der Stadt bestens zurechtfindet. Ich würde auch nach dem 10. Mal die Halle und vor allem den richtigen Parkplatz nicht finden. Beim Einparken muss ich aber zugeben, dass Tanja die Nase vorn hat – gerade enge Parkhäuser sind eher nicht mein Ding, sodass ich notfalls auch mal meine Schwester ans Steuer lasse.