„Ganz großes Ziel noch möglich“ – mit dem Konstanzer Weg

Leon Grabenstein von der HSG Konstanz im Spiel gegen Essen.
Leon Grabenstein von der HSG Konstanz im Spiel gegen Essen. (Bild: Peter Pisa)

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Teil zwei der Englischen Woche: Am Mittwoch, 19 Uhr, empfängt die HSG Konstanz die Eulen Ludwigshafen in der Schänzle-Hölle. Dabei möchte die junge Mannschaft von Jörg Lützelberger eine Reaktion zeigen und dass sie es deutlich besser als in Dresden kann.

Konstanzer Weg als Bereicherung für die 2. Bundesliga

Dort stand die HSG in der ersten Hälfte auf verlorenem Posten und ließ ihre Grundtugenden und ihren schnellen Ball vermissen, für den die zweitjüngste Mannschaft der Liga steht. Auf der anderen Seite müssen die Konstanzer auch die ganz anderen Möglichkeiten auf der Gegenseite zur Kenntnis nehmen. Gut bezahlte Profis, erfahrene Topspieler und aktuelle Nationalspieler sowie eine hochmoderne Arena, die aus privater Hand von einem Investor finanziert wurde, unterstreichen die Erstliga-Ambitionen an der Elbe.

Die Mannschaft von Jörg Lützelberger kann sich im Konzert der Profiteams mit ihrem etwas anderen Weg, dem Konstanter Weg, dennoch als Bereicherung sehen. Hier bekommen hochtalentierte Spieler die Möglichkeit, sich persönlich und sportlich in der stärksten zweiten Liga der Welt weiterzuentwickeln und den nächsten Schritt zu machen – und gleichzeitig dank Kooperationen zur Förderung des Spitzensports mit der Exzellenzuniversität und HTWG Konstanz unter perfekten Bedingungen ihre berufliche Karriere voranzutreiben.

Kaum ein anderer Club schenkt jungen Talenten so sehr das Vertrauen. Zahlreiche Spieler dankten es bereits mit tollen Entwicklungen und konnten damit den nächsten Schritt in die 1. Bundesliga gehen. 15 Punkte stehen in dieser Saison auf dem Konto und sprechen für die Wettbewerbsfähigkeit der Mannschaft. „Wir haben eine tolle, homogene Mannschaft, die uns an ganz vielen Tagen ganz viel Spaß macht“, beschreibt es Jörg Lützelberger. „In Dresden hat es in den ersten 30 Minuten weniger Spaß gemacht.“

„Geben alles, um drinzubleiben“

Auch wenn dieser Weg mitunter steiniger ist und Enttäuschungen und Rückschläge zwangsläufig inbegriffen sind: Der Head Coach und sein Trainerteam haben große Freude an der Entwicklung der jungen Spieler. Gerade die maximale Herausforderung auf höchstem Niveau lässt diese besonders schnell vonstattengehen. Bei der HSG Konstanz scheut sich niemand, den harten Weg in der 2. Bundesliga zu gehen, nur weil er mit Niederlagen verbunden ist.

„Aus diesen nimmt man ganz oft viel mehr für die Zukunft und eigene Entwicklung mit als aus Siegen“, sagt Lützelberger und hat nach wie vor große Freude an der maximalen Challenge mit einem solch jungen Team im Haifischbecken 2. Bundesliga. Mit Blick zum Fussball ergeben sich zum südbadischen Vorzeigeclub SC Freiburg einige Parallelen. Jahrelang pendelte der SC zwischen erster und zweiter Liga, musste stets die besten Spieler abgegeben und sich aus neuen, jungen Talenten eine neue Mannschaft formen, scheute dennoch nie den Vergleich mit den Großen und verfiel bei Niederlagen und Rückschlägen in keinerlei Resignation oder stellte gar den eigenen Weg infrage. In langsamen Schritten ging es bergauf.

Die Kontinuität zahlt sich nun aus. Auch bei der HSG Konstanz arbeitet man in kleinen Schritten an der Weiterentwicklung des Konstanzer Weges, trainiert oft zweimal täglich, baute das Trainer- und Gesundheitsteam kontinuierlich aus, investierte in die Infrastruktur wie einen eigenen neuen Kraftraum, bekommt bald einen Hallenanbau mit neuer Trainingshalle, Büro- und Geschäftsräumen sowie VIP-Bereich. Es tut sich etwas auf allen Ebenen, aber „die Qualität dieser Liga ist wirklich beeindruckend“, so Lützelberger. „Wir sind stolz, ein Teil davon zu sein und geben alles, um drinzubleiben. Wir spielen eine ordentliche Saison und haben uns eine Position erarbeitet, von der aus das ganz große Ziel noch möglich ist.“

Drei Punkte bis zum rettenden Ufer

Die Flinte ins Korn zu werfen ist für ihn und seine Schützlinge keine Option. Das große Ziel Klassenerhalt war bereits mit der Formulierung vor der Saison ein sehr anspruchsvolles – aber auch kein Unmögliches, wenn alle zusammenstehen. „Es gibt für uns keine Pflichtsiege in dieser Liga“, stellt der 37-Jährige aber auch klar. „Wenn wir es zulassen, dass unser Gegner sein Potenzial abruft, werden wir an den meisten Tagen nicht gewinnen.“

Trotzdem wurde er in Dresden bereits in der Halbzeit deutlich. „Das war zu wenig“, weiß er. „Nach dem Match haben wir schnell den Blick nach vorne gerichtet und uns vorgenommen, gegen die Eulen zu zeigen, dass wir das besser können.“ Der Punkte trennen die HSG vom rettenden Ufer. Nun kommen die Eulen Ludwigshafen, ehe am Sonntag bereits das nächste Auswärtsspiel in Lübeck an der Ostseeküste bevorsteht.

„Wenn wir uns einmal in ein Spiel reingefightet haben, sind wir für jeden Gegner eine große Gefahr“

Bei den Eulen Ludwigshafen ist Trainer Michel Abt nach einigen Wochen wieder zurück auf der Bank und führte sein Team zuletzt zu einem 28:26-Sieg gegen Coburg. Im Hinspiel schrammten die Gelb-Blauen nur knapp am Auswärtssieg vorbei, entführten aber beim 30:30-Remis immerhin einen Punkt vom Rhein. „Je länger ein Spiel ausgeglichen verläuft“, blickt Lützelberger voraus, „umso größer wird der Druck für die favorisierte Mannschaft. Wenn wir uns einmal in ein Spiel reingefightet haben, sind wir für jeden Gegner eine große Gefahr und können auch in der stärksten 2. Handballliga der Welt punkten. Das ist unser Ziel.“

Dass die HSG nach Anlaufschwierigkeiten ihre Daseinsberechtigung in dieser Liga hat, hat sie nicht zuletzt mit zwei Heimsiegen in Serie gezeigt. Dass sich die Mannschaft mit der einmaligen Unterstützung im gefürchteten Hexenkessel Schänzle-Hölle leichter tut als in fremden Hallen, ist kein Geheimnis. Dass man im Hinspiel auf Augenhöhe war, ist für Lützelberger jedoch auch daheim „überhaupt gar keine Garantie, im Gegenteil, Topmannschaften merken sich so etwas.“

„Qualität der Gegner macht es so reizvoll und geil“

Clever und mutig sein ist die Headline für die Konstanzer, auf die es von Anfang an ankommen wird. Es übt wieder einen ganz besonderen Reiz für alle bei der HSG Konstanz aus, mit ihren Mitteln in ein heißes Duell mit einem ambitionierten Ex-Erstligisten gehen zu können. Mit Demut und um das Wissen der eigenen Möglichkeiten, aber auch dem unbedingten Willen, daraus das maximale herauszuholen und besondere Freude an diesen nicht selbstverständlichen Highlights zu entwickeln.

„Die Qualität, die bei den Gegnern vorhanden ist“, unterstreicht der ehemalige Bundesligaprofi, „macht es für uns so reizvoll und geil – und so besonders, wenn wir es schaffen, diese Teams mit unserer Art, unseren Mitteln und Lösungen zu bespielen.“ Deshalb relativiert er auch das letzte Spiel.

„Klar tut es weh, so deutlich in Dresden zu verlieren und sich in der ersten Hälfte so unterlegen zu fühlen. Nur das ist die 2. Handball-Bundesliga. Wenn wir nicht an das Limit kommen, sieht es so aus. Ich stelle mich aber vor die Mannschaft, weil wir es an ganz vielen Tagen schaffen. Nur nicht an jedem. Diese Unzufriedenheit nach dem Spiel in Dresden wollen wir aktiv spüren, in Energie umwandeln und gegen die Eulen auf die Platte bringen.“

(Vereinsmitteilung: HSG Konstanz/Andreas Joas)