„Flüchtlinge werden wegen besserer Strukturen in der Kernstadt untergebracht“

Bürgermeister Marcus Schafft und Philipp Friedel (Landratsamt) äußerten sich zur Flüchtlingsunterbringung bei der Riedlinger Geschwister-Scholl-Realschule.
Bürgermeister Marcus Schafft und Philipp Friedel (Landratsamt) äußerten sich zur Flüchtlingsunterbringung bei der Riedlinger Geschwister-Scholl-Realschule. (Bild: MK/Friedel Landratsamt Biberach)

Vor wenigen Tagen berichteten wir, dass sich die Elternvertreter der Geschwister-Scholl-Realschule wegen der Flüchtlingsunterbringung in unmittelbarer Schulnähe schriftlich an die Stadt und den Landkreis gewendet haben.

Wir wollten deshalb von Bürgermeister Marcus Schafft und dem Landratsamt erfahren, warum die Eltern erst jetzt informiert werden, ob die Standortwahl klug gewählt sei, warum in den Teilorten keine Flüchtlinge untergebracht werden und ob die massive Unterbringung an einem Standort („Ghettoisierung“) der richtige Weg ist. 

Schafft: „Wir stehen unter Druck“

Bürgermeister Schafft verwies in seiner Antwort auf die bundesweite Problematik bei der Unterbringung von Flüchtlingen: „Es ist bekannt, dass bundesweit die Landkreise und Städte- und Gemeinden unter erheblichem Druck stehen, die durch bundespolitische Vorgaben aufzunehmenden Flüchtlinge unterzubringen. Man kann das begrüßen oder nicht – letztlich ist das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Eine Aufgabe bei der die kommunale Ebene wie so oft trotz aller Beteuerungen bis dato die ausreichenden Ressourcen fehlen. Im Gegenteil, was von der Politik versprochen wurde, z.B. 13 b BauGB (vereinfachtes Verfahren im Baugesetzbuch, Anmerkung der Redaktion), stellt sich als nicht gangbar heraus. Die aktuell avisierte Pauschale deckt auch nicht mal alle Kosten.“

Der Bürgermeister sprach in seiner Stellungnahme von einer „Mangelverwaltung“, bei der im Landkreis Biberach erfolgreich versucht werde, die Belegung von Hallen, also auch Schulsporthallen, zu vermeiden. Das sei beileibe nicht überall in diesem Land gelungen, im Landkreis Biberach schon. Dazu bedürfe es aber eines effektiven Zusammenwirkens zwischen den Gemeinden und dem Landkreis. So handhabe das auch die Stadt Riedlingen.

Er führte weiter aus: „Gleichzeitig ist für die Stadt zu berücksichtigen, dass unsere Kapazitäten für eine Anschlussunterbringung viel zu gering sind, um alle Menschen angemessen unterzubringen. Daher beteiligt sich die Stadt seit 2014 konsequent durch Unterstützung der Unterbringung des Kreises im Rahmen der Gemeinschaftsunterbringung. Das wird dann auf unsere Unterbringungs-Quote angerechnet. Wenn wir den Weg über die AU (Anschlussunterbringung) gegangen wären, hätte die Stadt mangels anderer Liegenschaften ihrerseits Hallen belegen müssen. Eine Konzeption wurde am 30. November 2015 dem Gemeinderat öffentlich vorgestellt und natürlich abgelehnt.“

Zur aktuellen Frage der konkreten erweiterten Unterbringung von Geflüchteten bei der Realschule, so Schafft, wurde der Gemeinderat mit Mail der Stadtverwaltung vom 18. Oktober informiert. Er räumt ein, dass der Elternbeirat auf Stadt und Gemeinderat zugekommen sei.

„Frau Schulze vom Ordnungsamt und ich werden einen Besprechungstermin mit dem Elternbeirat in der Schule wahrnehmen. Der Gemeinderat ist mit Mail vom 7. November auf den Termin aufmerksam gemacht worden und hat die Gelegenheit zur Teilnahme,“ erläutert Schafft die Reaktion auf das Schreiben der Elternvertreter.

Auch zur Frage, warum keine Flüchtlinge in den Teilorten untergebracht werden, antwortete Schafft: „Die Unterbringung der Flüchtlinge im Rahmen der GU (Gemeinschaftsunterkunft) ist bewusst auf den Kernort beschränkt worden. In der Kernstadt sind diesbezüglich die Strukturen besser. Die Unterbringung an der Realschule erfolgte auf Basis einer Abwägung verschiedenster sonstiger Möglichkeiten. Diese sind aber mittlerweile auch ausgereizt.“

Philipp Friedel (Zentralstelle für Gremien, Öffentlichkeitsarbeit und Wirtschaftsförderung des Landkreises) verwies auf den Handlungsdruck, unter dem Landkreis stehe: „Der Landkreis hat derzeit monatlich etwa 200 Geflüchtete unterzubringen. Die Platzkapazitäten von rund 2000 Plätzen sind ausgeschöpft. Der Landkreis hat daher, um Hallenbelegungen zu vermeiden, weitere Containerstandorte beschlossen, so auch die Erweiterung des Standortes in Riedlingen um weitere 60 Plätze. Der Kreis versucht an seinem dezentralen Unterbringungskonzept festzuhalten und betreibt eine Vielzahl von Unterkünften, muss zwischenzeitlich aber dort unterbringen, wo Plätze schnell generiert werden können.“    

Das Landratsamt verweist auf den enormen Handlungsdruck

Friedel beschrieb in seiner Antwort, dass der Landkreis händeringend und ständig auf der Suche Standorten und Liegenschaften sei. Die Erweiterung am Standort Goethestraße sei zeitnah möglich und werde daher umgesetzt.

Friedel weiter: „Die Stadt Riedlingen wurde vorab über die Planungen informiert, eine Information der Anwohner über die Erweiterung erfolgt ebenfalls noch. Weiter ist der Elternbeirat auf uns zugekommen, ein entsprechender Termin wurde für den 22. November vereinbart. Selbstverständlich sind wir bemüht die Unterbringung so gut es geht, für alle Beteiligten möglichst verträglich zu gestalten.“

Fraktionssprecherin von WiR lehnt Gespräch ab

Eine deutliche Absage am Gespräch mit den Elternvertretern der Realschule kommt von Dorothea Kraus-Kieferle, das der Redaktion vorliegt: „Da die Verwaltung in Ihrer Entscheidung zum Standort der Flüchtlingsunterbringungen den Gemeinderat lediglich in Kenntnis gesetzt hat, bitte ich Sie, Herr Schafft, diesen Konflikt zwischen Elternbeirat der Realschule Riedlingen und Verwaltung zu lösen. Gleichzeitig habe ich den Elternbeirat sowie die Schulleitung informiert, dass ich an der Veranstaltung nicht teilnehmen werde, da die Riedlinger Verwaltung in Gesprächen mit dem Landratsamt Entscheidungen zur Standortfrage getroffen hat. Insofern ist der Gemeinderat auch nicht der geeignete Ansprechpartner.“

Ihre Fraktionskollegen, die ebenfalls angefragt wurden, gaben keine Stellungnahme ab.