Millionenschäden durch erneute Unwetter im Kreis Biberach

Das Unwetter verwandelte die Landschaft bei Andelfingen in eine Seelandschaft
Das Unwetter verwandelte die Landschaft bei Andelfingen in eine Seelandschaft (Bild: MK)

Während fast 25 Millionen Fernsehzuschauer dem Europameisterschaftsspiel Ungarn gegen Deutschland zuschauten, tobten in Oberschwaben schwere Unwetter. Wieder einmal schwer getroffen wurde der Kreis Biberach. Wie Verena Pfender (Öffentlichkeitsarbeit beim Landratsamt Biberach) mitteilte, verursachten die Unwetter neben erheblichen Sachschäden auch Personenschäden.

Knapp 2000 Anrufe gingen bei der Integrierten Leitstelle (ILS) ein. Der erste Notruf erfolgte um 21 Uhr, der Höhepunkt der Anrufe lag dann zwischen 22 und 23 Uhr. In nur einer Stunde wurde die ILS mit etwa 500 Anrufen konfrontiert. Kreisweit mussten, so Pfender, die Feuerwehren zu etwa 1000 Einsätzen ausrücken, Unterstützung erhielten sie vom THW (Technisches Hilfswerk).

Mit knapp 500 Einsätzen war die Kreisstadt Biberach der Hotspot für die Hilfseinsätze.
Mit knapp 500 Einsätzen war die Kreisstadt Biberach der Hotspot für die Hilfseinsätze. (Bild: MK)

Mit knapp 500 Einsätzen war die Kreisstadt Biberach der Hotspot für die Hilfseinsätze. Insgesamt mussten neun Personen aus ihren Fahrzeugen befreit werden, sieben Personen wurden leicht verletzt. Neben den Teilorten Bachlangen, Mettenberg, Ringschnait, Rindenmoos und Rißegg. Schwerpunkte der Kernstadt waren Memminger, Waldseer und Ulmer Straße.

Kloster Heiligkreuztal nimmt Schaden

Auch der westliche Teil des Landkreises wurde vom Unwetter getroffen. In Heiligkreuztal trat der Mühlbach über die Ufer. Verstärkt wurde das Problem durch einen Rückstau von Andelfingen her. Dort wurde das tiefergelegene Gelände zur Seenplatte. Gegen 1.30 Uhr erfolgte die Alarmierung der Feuerwehr Grüningen. Verstärkung erfolgte später durch das THW Überlingen, das nahezu zeitgleich alarmiert wurde.

J. Ehlen, Robert Johannsen und F.Haller vom THW Überlingen haben mit ihren Kollegen beim Kloster Heiligkreuztal wertvolle Hilfe geleistet
J. Ehlen, Robert Johannsen und F.Haller vom THW Überlingen haben mit ihren Kollegen beim Kloster Heiligkreuztal wertvolle Hilfe geleistet (Bild: MK)

„Wir haben dieselbe Ausrüstung, wie unsere Riedlinger Kollegen, die aktuell in Biberach eingesetzt sind“, betonte der Überlinger THW-Ortsbeauftragte Robert Johannsen. Mit den eingesetzten Pumpen wurde das Wasser vom Mühlbach hinauf zur Straße gepumpt und dort in den Straßengraben geleitet. „Wir können pro Minute 5000 Liter Wasser abpumpen“, so Johannsen. Im Keller der Klosteranlage waren die Grüninger Feuerwehrleute noch um 11 Uhr mit dem Absaugen, des durch die Mauern eingedrungenen Wassers, beschäftigt.

Mit sehr leistungsstarken Pumpen wurde das Wasser abgeleitet (Bilder: MK)

Wetterexperte Roland Roth erklärt die Unwetterserie

Der Leiter der Wetterwarte Süd (Bad Schussenried), die über 100 Wetterstationen verfügt, verbindet die Wetterkapriolen des Jahres mit dem Klimawandel und einem Polarsplit im Herbst 2020. „Noch nie hatten wir solche Wetterextreme, wie in diesem Jahr. Dem Januar mit viel Schnee, folgte ein viel zu warmer Februar. Dann folgten von März bis im Mai regenreiche und zu kalte Monate. Der Juni brachte schließlich extrem heißes und auch schwüles Wetter“, erläuterte Roth.

Er beschreibt, dass im Herbst des letzten Jahres Warmluft in die Polarluft eindrang. „Dies führte in einem Split dazu, dass nun eine hochreichende Kaltluft über Mitteleuropa liegt. Diese Höhenkaltluft regt die Schwüle regelrecht an“, erklärt Roth.

Roland Roth ist auch beim Schussenrieder Fuhrmannstag der Wettermann
Roland Roth ist auch beim Schussenrieder Fuhrmannstag der Wettermann (Bild: MK)

Ihm zufolge, sorgen steigende Durchschnitts-Temperaturen dafür, dass die Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Steigt dies schwüle Luft, die mehr Energie in sich trägt, in große Höhen auf, trifft sie auf die Kaltluft, in der Folge komme es zu starken Gewittern.

Klimawandel ist unübersehbar

„Das Wetter ist derzeit in alle Richtungen extrem“, erklärt Roth. Besonders betroffen sind demnach die Regionen Alb, Oberschwaben, Bodensee und Allgäu. „In den letzten 100 Jahren stieg die Durchschnitts-Temperatur um 1,1 Grad an. In den genannten Bereichen in den letzten 40 Jahren um fast 2 Grad“, erläutert Roth die außergewöhnliche Entwicklung in der Region.

Klimatologisch erklärt, vergleicht Roth die Anstiege mit Fahrzeugen: „Wir sind von einem VW auf einen Ferrari umgestiegen und wir geben immer noch mehr Gas.“ Menschen, die den Klimawandel leugnen, kann er nicht verstehen: „Wer die Veränderungen nicht glaubt oder sehen will, der glaubt auch, dass die Erde eine Scheibe ist.“

Eine weitere Meldung zum Unwetter im Landkreis Biberach lesen Sie hier: https://www.wochenblatt-news.de/millionenschaeden-durch-erneute-unwetter-im-kreis-biberach/