Azubis begeistern Schüler fürs Handwerk

Rebekka Rauser ist Ausbildungsbotschafterin für das Schreinerhandwerk, was Johannes Witschard-Vogel, den Ausbildungsleiter der Holzmanufaktur Rottweil, sehr freut.
Rebekka Rauser ist Ausbildungsbotschafterin für das Schreinerhandwerk, was Johannes Witschard-Vogel, den Ausbildungsleiter der Holzmanufaktur Rottweil, sehr freut. (Bild: Siegmeier)

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Ausbildungsbotschafter werben unter Schülern um Nachwuchs. Betriebe sehen in Initiative ein wichtiges Angebot für Jugendliche.

Wer seinen Beruf liebt und ihn mit Begeisterung ausübt, der kann auch andere dafür begeistern. Die Ausbildungsbotschafter der Handwerkskammer Konstanz machen genau das. In Schulklassen erzählen sie von ihrem Ausbildungsberuf, ihrem Arbeitsalltag im Betrieb und warum sie ihren Beruf gegen keinen anderen eintauschen würden.

„Die Initiative Ausbildungsbotschafter trägt das Handwerk direkt zu den Schülern“, sagt Karen Fischer, die bei der Kammer die 76 Ausbildungsbotschafter im Handwerk mitbetreut. „Besonders wertvoll ist, dass die Kontakte authentisch und auf Augenhöhe stattfinden.“ Schüler hätten weniger Berührungsängste und würden unkomplizierter in einen Dialog kommen.

Seit mehr als zehn Jahren werben Jugendliche als Ausbildungsbotschafter für ihre Berufe. Sowohl bei Betrieben, als auch bei Auszubildenden und in den Schulen, kommt das Angebot sehr gut an. Die persönlichen Erfahrungen ermöglichen Schülern authentische Einblicke in verschiedene Berufe. Auf ihre Einsätze werden die Lehrlinge in einer Schulung bei der Handwerkskammer vorbereitet. Dort lernen sie Präsentationstechniken und anderes Hintergrundwissen.

Werbung für unbekannte Berufe

„Wenn man neue Auszubildende haben möchte, dann muss man sie entsprechend anlocken. Dafür sind Gleichaltrige sehr gut geeignet“, weiß Raumausstatter Jan-Jürgen Kachler aus Königsfeld. Nachwuchs zu finden sei schwer geworden, sagt er. Sein Betrieb mit heute acht Mitarbeitern existiert seit knapp 125 Jahren.

„Viele wissen gar nicht, dass es Raumausstatter gibt, geschweige denn, was die tun“. Deswegen sei es auch für kleine Betriebe wichtig, für ihre Handwerksberufe zu werben. Dass die Auszubildenden ab und an ausfielen, weil sie unterwegs seien, sei kein Problem.

Sophia Nobs macht bei Jan-Jürgen Kachler ihre Ausbildung zur Raumausstatterin. Die 24-Jährige ist im zweiten Lehrjahr und Ausbildungsbotschafterin. „Im zweiten Lehrjahr kann man schon eine ganze Menge über den Beruf erzählen“, weiß sie. Sie selbst hat Abitur gemacht.

„Uns hat man am Gymnasium immer nur das Studium vermittelt. Die Ausbildung war kein Thema. Ich wäre froh gewesen, wenn es bei uns Ausbildungsbotschafter gegeben hätte“, sagt die 24-Jährige. Sie sei deswegen gar nicht auf die Idee gekommen, eine Ausbildung zu absolvieren und schon gar nicht im Handwerk.

„Es ist schön, den Schülern zu zeigen, was Handwerk alles zu bieten hat. Nicht nur bei der Vielfalt der Berufe, sondern auch in punkto Karriere“, sagt sie. Ihr Chef habe vorgeschlagen, dass sie sich zur Ausbildungsbotschafterin schulen lasse. „Er unterstützt die Aufgabe voll und ganz“, freut sie sich.

Schreinerin als Vorbild für Mädchen

Auch Rebekka Rauser hätte sich so ein Angebot in ihrer Schulzeit gewünscht. Heute ist sie 30 Jahre alt und nach einem Studium in der Ausbildung zur Schreinerin bei der Holzmanufaktur Rottweil, einem Betrieb mit gut 100 Mitarbeitern. Sie möchte junge Menschen rechtzeitig über die Möglichkeiten und Vielfalt im Handwerk informieren.

„Als Frau im Handwerk bin ich sicher eine gute Repräsentantin“, sagt Rauser, die die Einsätze effektiver als so manche Stellenanzeige findet. Die Einsätze an den Schulen ließen sich problemlos in den Alltag integrieren, sagt Ausbildungsleiter Johannes Witschard-Vogel. „Und wenn‘s mal nicht geht, weil wir grad auf der Baustelle sind, dann ist das auch kein Problem.“

Vorteile gegenüber der Industrie

Bei der Pfaff Energie- und Gebäudetechnik GmbH&Co.KG mit Sitz in Königsfeld und Denkingen sind von 30 Mitarbeitern zwei Ausbildungsbotschafter. Die 19-jährige Lisa Obergfell absolviert eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement und Manuel Bauer lernt den Beruf Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik.

„Durch meine Vorgeschichte – Studium und sechs Jahre Berufserfahrung im Maschinenbau – kann ich jungen Menschen die Vorteile des Handwerks gegenüber der Industrie darstellen“, sagt Manuel Bauer. Als er in der Schule war, sei kaum über das Handwerk als berufliche Möglichkeit gesprochen worden. Er möchte die Schülern darüber informieren, dass ein Studium nicht zwingend die perfekte Lösung ist.

Eine handwerkliche Ausbildung lege den perfekten Grundstein für die berufliche Laufbahn, so der 29- Jährige. Viele Schüler hätten ein falsches Bild vom Handwerk und keine Vorstellung vom Berufsalltag. Allerdings habe sehe er, dass den Jugendlichen Arbeitszeit und Vergütung häufig wichtiger seien als eine spannende Tätigkeit. „Da gibt es im Handwerk auf jeden Fall noch Luft nach oben“, sagt er.

„Ich möchte den Beruf der Kauffrau für Büromanagement bekannter machen. Viele Jugendliche kennen den Beruf Industriekauffrau, aber nicht die Alternative im Handwerk“, erklärt Lisa Obergfell, was ihr wichtig ist.  Für sie selbst sei es eine gute Übung als Ausbildungsbotschafterin Präsentationen zu erstellen und vorzutragen.

„Die Vorteile der Ausbildungsbotschafter sind ganz klar die Azubigewinnung und das Marketing“, betont Firmeninhaber Ralf Pfaff. Jeder einzelne Betrieb müsse heute schauen, wie er junge Leute für die Berufe begeistern könne. Messbar seien die Erfolge nicht, „aber es ist wichtig, dass wir dadurch präsenter sind und der Berufsstand und das Handwerk öffentlicher gemacht werden“, so Pfaff.

Das Handwerk künftig müsse sich künftig besser positionieren. „Wenn man sieht, was die Industrie alles macht, dann dürfen wir nicht mehr warten. Der Fleißige wird belohnt“, sagt er.

(Pressemitteilung: Handwerkskammer Konstanz)