Neuer Hitzerekord? Dürre, Unwetter oder alles eitel Sonnenschein: So wird der Sommer 2022

Dürre, Unwetter oder alles eitel Sonnenschein: So wird der Sommer 2022
Die meisten heißen Tage prognostiziert der Wochenblatt-Meteorologe für den Juli 2022. (Bild: pixabay)

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Jung-Meteorologe Niklas Kaa schreibt regelmäßig Wetterberichte für die meteorologisch anspruchsvolle Bodenseeregion und ganz Oberschwaben. Wir stellen ihm hier die wichtigsten Fragen zum trockenen Frühjahr und wollen natürlich auch wissen, wie die Prognose für den kommenden Sommer ist.

Wochenblatt: „Hallo Niklas. Die vergangene Woche fühlte sich schon sehr nach Hochsommer an. Sandalen, Sonne und 26 Grad im Schatten. Nach deinen Prognosen bleibt uns der Hochsommer in dieser Woche noch erhalten. Sind diese Temperaturen für die aktuelle Jahreszeit normal?“

In nahezu jedem Maimonat verzeichnen wir die ersten Sommer- und Hitzetage.

Jung-Meteorologe Niklas Kaa

Niklas: „Solche Temperaturen gehören um die Jahreszeit dazu. In nahezu jedem Maimonat verzeichnen wir die ersten Sommer- und Hitzetage. Von einem Sommertag sprechen wir Meteorologen ab einem Messwert von 25,0 Grad und mehr, von einem Hitzetag ab 30,0 Grad und darüber. Der Mai gehört zur Übergangsjahreszeit Frühling. Das bedeutet, dass besonders im April die Rest-Kälte im Norden gegen die Wärme oder Hitze im Süden kämpft. Im Mai gilt das teilweise auch noch, wobei wir tendenziell auf der wärmeren Seite liegen. Der aktuell laufende Mai wird am Ende mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu warm ausfallen. Unüblich sind solche Temperaturen an sich dennoch nicht.“

Wochenblatt: „Jetzt kam aber auch schnell die Abkühlung, inklusive teils heftiger Gewitter. Das geht zeitig los in diesem Jahr, oder? Wann gibt’s denn typischerweise die Sommergewitter? Kommen die nicht erst, wenn es tagelang schwül und heiß ist?“

Niklas: „Die Bildung von Schauer und Gewitter hat nicht immer was mit Schwüle zu tun. Sie entstehen unter anderem auch durch Konvergenz. Konvergenz bedeutet, dass Winde aus (zwei) unterschiedlichen Richtungen aufeinanderprallen und zum Aufsteigen gezwungen werden. Der gleiche Prozess gilt beim Luftmassenaustausch, wenn die Luftmassen (warm und kalt) quasi aufeinandertreffen. In der Folge entstehen lokale Schauer und Gewitter, durch die vorangeschrittene Jahreszeit teilweise auch mit Unwetterpotential und Tornadogefahr. Tornadogefahr besteht bei Gewittern übrigens immer. Sie sind keinesfalls ausgeschlossen und entstehen in Deutschland jährlich 20 bis 40 Mal.“

Wochenblatt: „Wie sieht es denn aus für die Pflanzenwelt? Ist es denen schon zu trocken? Müssen die Bauern Ernteausfälle befürchten?“

Niklas: „Das wird maßgeblich auf die Entwicklungen der kommenden Wochen und Monate ankommen. Aktuell leben die Pflanzen noch von der Restnässe des Winters. Besonders vom nassen Februar profitieren die nördlicheren Landesteile noch sehr. Dennoch spüren wir – vor allem die Landwirtschaft – schon, dass insbesondere die obersten Bodenschichten unter größerer Trockenheit leiden. Deshalb ist regelmäßiges Gießen auch so wichtig. In den tieferen Bodenschichten ist die Lage regional ebenfalls schon angespannt. Sollten die kommenden Sommermonate ebenfalls zu wenig Niederschläge bringen, müssen wir uns ernsthaftere Gedanken und Sorgen machen. Denn eines ist auch Fakt: Am Bodensee gab es in diesem Jahr noch kein Monat, der zu nass ausfiel. Nur der April kam nach dem exorbitant trockenen März auf knapp 100 % des Niederschlagsolls.“

Bis zu 32 Grad in der zweiten Wochenhälfte

Wochenblatt: „Wie geht es weiter diesen Mai? Spielt der weiter Hochsommer?“

Niklas: „Erst mal ja. In dieser Woche bleibt der „Maisommer“ in Deutschland und der Dreiländereck-Region. In der ersten Wochenhälfte messen wir als Höchstwerte 22 bis 26, nach Wochenmitte sogar 26 bis 30 Grad. Da sind entlang des Rheins durchaus 31 oder 32 Grad denkbar. Dazu kommt Schwüle auf, die die Witterung zunehmend unangenehmer macht. Ab Donnerstag ist auch das Schauer- und Gewitterrisiko bereits leicht erhöht. Danach wird’s tendenziell kühler und nasser – die Natur freut sich!“

Wochenblatt: „Wie lange dauert es denn eigentlich bis so ein Badesee eine erträgliche Wassertemperatur hat, um rein zu hüpfen, ohne sich den Hintern komplett abzufrieren?“

Niklas: „Das kommt auf die Fläche und Tiefe des Sees an. Die aktuelle Wassertemperatur vom Bodensee beträgt zwischen 17 und 18 Grad. Da wagen die ein oder anderen den ersten Sprung ins kühle Nass. Ab Ende Mai/Anfang Juni etabliert sich die Wassertemperatur grob zwischen 19 und 23 Grad, in der Hochzeit des Sommers mitunter auch bei 24 oder 25 Grad.“

Trocken und warm aber voraussichtlich kein Rekord-Sommer

Wochenblatt: „Wie ist die Prognose für den Sommer? Wird das wieder so eine Rekord-Hitze wie zuletzt 2003 oder 2018?“

Niklas: „Davon gehe ich nicht aus. Die Sommer 2003 und 2018 waren schon außergewöhnliche Jahre. Vor allem, weil der Sommer 2018 witterungsmäßig im April begann und mit extremer Trockenheit anhielt. Die Folgen der damaligen Dürre spüren wir in den Erdböden bis heute, zum Beispiel an den Wasserpegeln der Flüsse. Vielmehr denke ich, dass der kommende Sommer zu warm und phasenweise deutlich zu trocken ausfallen wird. DER Sommermonat mit dem meisten Hochsommerwetter, Hitze und Trockenheit wird meines Erachtens der Juli werden. Solch ausgeprägte Unwetterlagen wie im vergangenen Sommer erwarte ich nicht. Dass es dennoch Schauer und kräftigere Gewitter geben wird, ist klar und wird es, wie immer, auch in diesem Sommer geben. Insgesamt werden wir vielfach Niederschlagsdefizite messen. An den Dürresommer 2018 kommen wir allerdings nicht ran.“

Wochenblatt: „In wie weit spielt da der Klimawandel eine Rolle?“

Niklas: „Das kann man so pauschal nicht beantworten, ob und in wie weit einzelne Jahreszeiten was mit dem Klimawandel zu tun haben. Klima besteht aus einem langen Zeitraum, aus mindestens 30 Jahren. Da kann eine Wetterlage, ein Monat oder ein Jahr wenig darüber aussagen. Wichtig ist, die Entwicklungen über einen langen Zeitraum zu beobachten. Wir wissen zum Beispiel, dass die Mitteltemperaturen des neuen Klimamittels (1991 bis 2020) deutlich wärmer sind als noch die des alten Klimamittels der Jahre 1961 bis 1990. Zudem wissen wir auch, dass die Winter in den letzten Jahrzehnten insgesamt immer wärmer wurden.“