Wohin fährt der Lindauer Stadtbus in Zukunft?

Der Zentrale Umsteigepunkt in der Anheggerstraße (ZUP) soll bleiben, um den Halbstundentakt zu sichern.
Der Zentrale Umsteigepunkt in der Anheggerstraße (ZUP) soll bleiben, um den Halbstundentakt zu sichern. (Bild: Wilfried Vögel)

Lindauer Stadtrat folgt mit 15:10 Stimmen weitgehend den Empfehlungen des externen Planungsbüros Metron aus der Schweiz

Lindau – Seit seiner Einführung im Oktober 1994 gehört der türkise Bus zum Stadtbild der Inselstadt Lindau. Das System bestand ursprünglich aus acht Durchmesserlinien, die sich halbstündlich am Zentralen Umsteigepunkt (ZUP)  in der Anheggerstraße im Stadtteil Aeschach treffen und dort eine Umsteigemöglichkeit von jeder Linie zu jeder anderen bieten.

Was damals als „Quantensprung“, als „Jahrhundertereignis“ bzw. „Meilenstein“ in der Stadtgeschichte gefeiert, von den Medien als „Sternstunde“ und „Lindauer Oktober-Revolution“ bezeichnet wurde, hat an Glanz verloren. Man könnte auch sagen: „Der Lack ist ab“.

Verspätungen sind die Regel und nicht die Ausnahme. Ganze Umläufe müssen immer wieder entfallen, weil einzelne oder mehrere Stadtbusse deutlich verspätet am ZUP einfahren und damit das ganze System zu Fall bringen.

Nächste Abfahrt 14.47 Uhr, so kann man es am ZUP lesen. Fahrplanmäßig wäre die Abfahrt um 14.40 Uhr. Verspätungen sind beim Stadtbus leider an der Tagesordnung.
Nächste Abfahrt 14.47 Uhr, so kann man es am ZUP lesen. Fahrplanmäßig wäre die Abfahrt um 14.40 Uhr. Verspätungen sind beim Stadtbus leider an der Tagesordnung. (Bild: Wilfried Vögel)

Das sorgt für Verärgerung bei vielen Fahrgästen, die Termine versäumen und nicht auf Pünktlichkeit hoffen dürfen. Die Folge: Die Fahrgastzahlen nahmen, auch wegen Corona, immer mehr ab. Der Frust bei den Fahrgästen ist groß – und er ist nachvollziehbar und verständlich.

Seitens des städtischen Betreibers, der Stadtverkehr Lindau GmbH, hat man in der Vergangenheit immer wieder durch verschiedene Eingriffe und Modifikationen des Liniensystems versucht, den Problemen Herr zu werden. Mit mäßigem Erfolg. Das System wurde immer wieder mal behutsam angepasst, Linienführungen verändert, Haltestellen und eine Linie hinzugefügt. Unter dem Strich hat das nur zu minimalen Verbesserungen geführt. Der „große Wurf“ war nie dabei.

Erschwerend hinzu kamen eine ganze Reihe von Faktoren, die diese negative Entwicklung befeuerten. So sollte z.B. der neue Reutiner Bahnhalt am Berliner Platz möglichst optimal in das Bussystem eingebunden werden. Eine Aufgabe, die angesichts der gleichermaßen komplizierten und komplexen Verkehrssituation in Lindau mit den bekannten Stausituationen kaum lösbar scheint. Zahlreiche Baustellen im Lindauer Straßennetz sorgen und sorgten für weiteres Ungemach.

Verspätungen und Ausfälle blieben an der Tagesordnung. Grundsätzlich in Frage stellen will das System offenbar niemand. Aber so weiter wurschteln will offenbar auch niemand. Also entschloss man sich, das schweizerische Verkehrsplanungsbüro Metron mit einer Prüfstudie zu beauftragen.

Die Analyse der Schweizer überrascht kaum jemand: Das System ist viel zu anfällig für Störungen im Betriebsablauf. Einmal aufgetretene Verspätungen können unter Tags nicht mehr aufgeholt werden. Das hohe Verkehrsaufkommen, Begegnungsverkehr, parkende Fahrzeuge, fehlende Zeitpuffer, unzureichende Busbevorzugung, u.a. an Lichtsignalanlagen, machen das System extrem störanfällig und damit unattraktiv.

Künftig soll der Stadtbus am ZUP wieder prünktlich abfahren. Ob das klappt, steht in den Sternen.
Künftig soll der Stadtbus am ZUP wieder prünktlich abfahren. Ob das klappt, steht in den Sternen. (Bild: Wilfried Vögel)

Metron kam auch zum Schluss, sollte man am Halbstundentakt (Mindestanforderung) festhalten wollen, kann auch am Standort des ZUP in der Anheggerstraße nicht gerüttelt werden. Eine Verlegung an den Bahnhalt in Reutin ist nicht möglich bzw. zielführend.

Metron schlug ein ganzes Bündel an Verbesserungsvorschlägen vor. Dazu gehörten eine teilweise veränderte Linienführung, eine verbesserte Bevorzugung des Busses an den Ampeln, verkürzte Fahrwege, die Aufgabe von bisher bestehenden Haltestellen und sogar eine eigene Busspur in der Kolpingstraße.

Das sorgte bei den Betroffenen postwendend für zum Teil heftige Proteste. Dies gilt vor allem für die Haltestelle an der Grenzsiedlung beim Grenzübergang Unterhochsteg, sowie im Bereich Enzisweiler.

Einschränkungen wird es auch im Bereich „Oberes Wannental“ geben, das künftig, wie Enzisweiler auch, nur noch bei der Hinfahrt und nicht auch noch bei der Rückfahrt bedient werden soll, um kostbare Fahrzeit einzusparen.

Der Lindauer Stadtrat ist in seiner Sitzung am 5. Mai den Empfehlungen von Metron weitgehend gefolgt, was die Änderungen des Linienweges, die Aufgabe von Haltestellen, die Anpassung der Lichtsignalanlagen und Schaffung einer Busspur in der Kolpingstraße angeht. Die Proteste von Fahrgästen, die von entsprechenden Einschränkungen betroffen sind, werden unüberhörbar sein.

Eine Meinung dazu hat unser Redakteur Wilfried Vögel auch. Er gehörte in der 1990iger Jahren der Projektgruppe an, die das Stadtbus-System sozusagen in eigener Regie und mit viel „Gehirnschmalz“ entwickelt hat, an. Ein Kommentar.