Kommentar Wildpinkeln: Strafen, Täter & der Ekel-Faktor

Wildpinkeln: Strafen, Täter & der Ekel-Faktor
Gegen Harndrang an sich ist nichts einzuwenden. Ungeniert in der Öffentlichkeit zu urinieren jedoch, findet nicht nur die Autorin dieses Textes unappetitlich.

Ein Parkplatz an einer stark befahrenen Bundesstraße. Ein Mann steht neben seinem Auto und pinkelt ungeniert neben eine Picknickbank. Ein anderer holt sein bestes Stück im Park heraus und strullt in die Hecke während zwei Meter weiter Kinder fröhlich einem Ball hinterherjagen. Was ist bloß mit den Männern los?

Jeder Mensch muss mal Urin lassen, aber kann man dafür nicht eine Toilette aufsuchen? Bei Männern macht sich eine volle Blase täglich rund vier Mal bemerkbar, bei Frauen meistens etwas öfter. Wie schön, dass sich über die Jahrhunderte ein System entwickelt hat, um geschützt zu urinieren. Archäologen datieren die ältesten Überreste öffentlicher WCs auf ca. 3.000 vor Christus. Sicher ist, dass spätestens mit den alten Römern der Fortschritt einzog, wenn es um die Verrichtung der Notdurft ging.

4 Mal täglich müssen Männer im Schnitt urinieren. Frauen haben das Bedürfnis häufiger.
4 Mal täglich müssen Männer im Schnitt urinieren. Frauen haben das Bedürfnis häufiger.

Wildpinkler: Tolles Vorbild für Kinder

Noch nie sind mir so viele Wildpinkler wie dieses Jahr aufgefallen. Natürlich darf man nicht alle Männer über einen Kamm scheren. Es gibt auch Exemplare, die nehmen Rücksicht. Es ist noch keine zwei Wochen her, da fuhr ich an einem Sonntag zur Mittagszeit mit dem Auto von Bavendorf in Richtung Waltenweiler. Die Straße ist hier bekanntlich schmal und am Straßenrand stand ein Radfahrer, im Schlepptau ein Kinderanhänger mit Kind. Der sportlich gekleidete Vater stand direkt daneben, das Kind schaute zu und der Wasserstrahl lief über die Straße. Ja geht’s noch?

Dann erzählt mir eine Bekannte, dass bei ihr in Tettnang, inmitten des Zentrum, immer wieder Männer direkt unterm Balkon pinkeln, obwohl sie draufsteht, frische Luft genießt. Spricht sie die Männer an, dann hat es schon öfters frech geheißen: „Wenn dir das nicht passt, dann lass mich doch auf dein Klo!“

Pinkeln in der Öffentlichkeit? Für manche Herren offensichtlich kein Problem. Dabei ist das ein Straftatbestand...
Pinkeln in der Öffentlichkeit? Für manche Herren offensichtlich kein Problem. Dabei ist das ein Straftatbestand…

Frauen müssen auch. Ob beim Wandern oder beim Radeln. Manchmal kann man einfach nicht mehr warten, bis eine öffentliche Toilette in Sicht ist. Da muss man eben in die Natur. Wir Frauen machen das auch. Aber liebe Männer, es gibt doch Möglichkeiten, sich einen Baum oder ein Plätzchen hinter einem Busch in den hinteren Reihen auszusuchen, oder?

Bis 5.000 Euro Bußgeld: Öffentliches Urinieren als Straftat

Was viele gar nicht wissen, ist die Tatsache, dass Urinieren in der Öffentlichkeit ein Bußgeld nach sich ziehen kann. Wie hoch das genau angesetzt ist, regelt jede Region selbstständig. Besonders strenge Städte wie beispielsweise Erfurt, Hannover oder auch Stuttgart verhängen bis zu 5.000 Euro Strafe fürs Wildpinkeln.

Ob solch subtilen Hinweise wohl hilfreich wären?
Ob solch subtilen Hinweise wohl hilfreich wären?

Zu beachten ist hierbei, wo das Pinkeln im „Outdoor-Bereich“ stattgefunden hat. Zum Beispiel zieht das Urinieren im Wald oder hinter einem Baum im Park zumeist nur ein Verwarn- oder Bußgeld nach sich, weil der Übeltäter eventuell Einsicht zeigt und die Beamten Verständnis für den Notfall haben. Laut Bußgeldkatalog 2022 kann unter Umständen beim Wildpieseln der Straftatbestand „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ vorliegen. Der Gesetzgeber sieht dafür eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor.

Bußgelder fürs Wildpinkeln in Nachbarländern und „Nette Toiletten“

Und wie sieht es im Nachbarland Schweiz aus? Immerhin ist Wildpinkeln bei den Eidgenossen günstiger als in Spanien. In Zürich und Luzern kostet das Urinieren im Freien 80 Franken. In Schaffhausen wird man mit einer Strafe von 200 Franken zur Kasse gebeten, in Bern sind 90 Franken fällig.

Urinieren in der Ravensburger Innenstadt

Auch in der Ravensburger Altstadt gibt es immer wieder Beschwerden über Wildpinkler. Innenstadtbewohner melden sich regelmäßig bei der Stadt und beklagen, dass es zu wenige Toiletten gibt. Hier gibt es welche: Am Bahnhof, in der Marienplatztiefgarage, im Parkhaus Bahnstadt und am Untertor (Behindertentoilette).

In vielen Städten gibt es die Aktion der "Netten Toilette". Ravensburg ist auch dabei.Bild: picture alliance / dpa | Angelika Warmuth
In vielen Städten gibt es die Aktion der „Netten Toilette“. Ravensburg ist auch dabei.
Bild: picture alliance / dpa | Angelika Warmuth

Dann wären da noch die WCs der „Netten Toilette“ in der Innenstadt. Ausgewählte Ravensburger Geschäfte, Restaurants und Cafés stellen ihre Toiletten öffentlich zur Verfügung. Allesamt sind sie anhand eines Aufklebers an der Eingangstür zu erkennen.

Mit der Wildkamera gegen Wildpinkler

Manch ein Hausbesitzer hat genug davon, dass seine Hauswand laufend als stilles Örtchen zweckentfremdet wird und setzt auf seinem Grundstück auf eine Wildkamera. Also Männer, aufgepasst!