„Wie im Knast!“ – Wochenblatt-Leserin Laura über Corona-Weihnachten im Krankenhaus

Weihnachtsdeko, Krücken, Maske: so sieht es derzeit in Lauras Zimmer aus.
Weihnachtsdeko, Krücken, Maske: so sieht es derzeit in Lauras Zimmer aus. (Bild: Privat)

WOCHENBLATT-Leserin Laura* muss das Weihnachtsfest im Krankenhaus verbringen. Wie es dort in Pandemie-Zeiten zugeht, welche kuriosen Auflagen für Besucher gelten und wie Laura regelmäßig um ihr Abendessen kämpfen muss – das berichtet die 27-Jährige im WOCHENBLATT.

„Meine „Glückssträhne“ begann Ende November: Ich fühlte mich tagelang unwohl, arbeitete trotzdem täglich im Homeoffice und als es nicht besser wurde, ging ich schließlich doch zum Arzt. Diagnose: Corona! Es folgte eine Woche häusliche Quarantäne, Nachbarn und Freunde kümmerten sich liebevoll um mich und stellten leckeres Essen vor die Tür. Das half allerdings nur bedingt gegen meine extremen Gliederschmerzen, das Fieber und meinen instabilen Kreislauf. Als ich dann abends mal kurz frische Luft auf der Terrasse schnappen wollte, machte der Kreislauf dann richtig schlapp und ich bin umgefallen. Der Notarzt kam und es ging ab in die Klinik. Das ist jetzt gut zwei Wochen her. Seitdem habe ich zwei Operationen hinter mir und den Klinik-Alltag in all seinen Facetten kennenlernen müssen.  

Gynäkologie und Chirurgie zusammengelegt

Immerhin: Meine Covid-Infektion spielte bei der Aufnahme im Krankenhaus keine Rolle mehr, ich musste nicht auf die Corona-Station. Dafür wurde es die Chirurgie. Denn bei meinem Sturz auf der Terrasse habe ich mir eine üble Knieverletzung zugezogen. Hier ist zurzeit übrigens auch die Gynäkologie untergebracht. Wie auch in vielen anderen Bereichen wurden aus Platzgründen verschiedene Abteilungen zusammengelegt. Ich lag daher neben einer Hochschwangeren, die zwar nett war, sich allerdings regelmäßig übergeben musste.

Mit dem Rollstuhl aufs Klo

Ich selbst kann nicht aufstehen, muss mit dem Rollstuhl aufs Klo geschoben werden. Regelmäßig bekomme ich Opiate gegen die Schmerzen, der Arzt fragt immer: „Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie stark sind die Schmerzen?“ Ich kann das bald nicht mehr hören, außerdem machen die Opiate müde und verursachen bei mir eine Art „Scheißegal-Einstellung“. Einmal war die Dosis so hoch, dass ich anschließend beatmet werden musste. Das war beängstigend.

Durch die Verletzung beim Sturz ist Laura derzeit auf einen Rollstuhl angewiesen.
Durch die Verletzung beim Sturz ist Laura derzeit auf einen Rollstuhl angewiesen. (Bild: Marcus Aurelius von Pexels)

Für Wochen ans Krankenhausbett gefesselt

Ich kann mittlerweile nicht mehr zählen, wie oft mir Tränen gekommen sind. Warum passiert mir das alles? Und ausgerechnet jetzt zur Weihnachtszeit? Zu Weihnachten möchte ich zu Hause sein. Bei meinen Lieblingsmenschen. Aber das wird dieses Jahr nichts… Dazu kommt dieses Gefühl zur Untätigkeit verdammt zu sein. Ich treibe normalerweise fast jeden Tag Sport. Deshalb fällt es mir wirklich schwer, jetzt vier Wochen lang ans Bett gefesselt zu sein. Ich vermisse mein bequemes Bett. Schlaflose Nächte gehen an die Substanz. Weil mir wirklich oft die Tränen kommen, schickten mir die Ärzte schon einen Psychologen vorbei, der spontan auf eine beginnende Depression tippte.

Wenig Krankenbesuche wegen Corona-Auflagen

Kleine Lichtblicke gibt es nachmittags, dann ist nämlich Besuchszeit. Exakt eine Stunde pro Tag darf mich jemand besuchen, darauf wird penibel geachtet. Allerdings nur zwischen 13 und 16 Uhr, zudem muss sich jeder Besucher testen – auch wenn er geimpft oder genesen ist. Als meine Zimmernachbarin einmal nach 16 Uhr eine Tasche von einem Bekannten in Empfang nehmen wollte, wurde das knallhart verboten.

Inzwischen ist immerhin die Infektion mit dem Corona-Virus überstanden.
Inzwischen ist immerhin die Infektion mit dem Corona-Virus überstanden. (Bild: Pixabay)

Krankenhaus-Essen = Knast-Essen?

Manchmal fühlt es sich an wie im Knast! Jedenfalls stelle ich mir die Rationierung der Mahlzeiten im Gefängnis ähnlich vor. Klar ist das hier kein Hotel aber an manchen Tagen habe ich wirklich gelitten vor lauter Hunger. Wenn die Operationen am Nachmittag sind und man bis dahin eben nüchtern bleiben muss, dann ist das eben so. Aber wenn man dann wach wird und erfährt, dass es erst wieder Frühstück am nächsten Morgen gibt und bis dahin nicht mal eine Scheibe trockenes Brot, dann ist das echt hart! Wenn mich das nächste Mal jemand besuchen kommt, muss ich ihn dringend darum bitten, mir einen kleinen Notfall-Vorrat mitzubringen.

Lange Tage ohne Abwechslung

Mein Tagesablauf ist eintönig: Dreimal am Tag kommt der Arzt und fragt mich nach meinem Befinden. Dreimal täglich taucht eine Schwester bei mir im Zimmer auf. Die bringt dann (hoffentlich) Essen, Medikamente und legt Infusionen. Einmal am Tag wird zudem Blut von einer weiteren Mitarbeiterin abgenommen. Immerhin hat die Putzfrau etwas zu erzählen. Denn die ist eine richtige Quasselstrippe. Meine schwangere Zimmerkollegin hat sich mittlerweile angesichts der Auflagen übrigens selbst entlassen. Ihr Mann durfte bei der Geburt des ersten Kindes dabei sein, da es nun das Zweite ist, allerdings nicht. Der Sinn dahinter erschließt sich mir nicht so ganz. Dafür liegt jetzt eine ältere Russin hier im Zimmer, die oft und gerne lautstark mit ihrem Mann telefoniert – vielleicht lerne ich jetzt ja wenigstens ein bisschen russisch?

Ich kann letztlich nur hoffen, dass die Zeit schnell vergeht, ich weiterhin gute Fortschritte mache und bald aus dem Bau hier raus bin. Das Personal tut was es kann, doch letztlich geht es drunter und drüber. Weihnachten möchte ich einfach gerne zuhause mit leckerem Essen und meiner Familie verbringen und nicht bei Krankenhaus-Kost mit stark begrenzten Besuchszeiten. Vielleicht klappt es doch noch und ich schaffe es, kurz vor den Feiertagen noch auf die Beine zu kommen. Das wünsche ich mir wirklich sehr!

*Name von der Redaktion geändert