WETTERSTATISTIK DER WETTERWARTE SÜD – Das Jahr 2021 im Rückblick –

Die Sonne strahlt durch die Äste eines Baumes.
Die Sonne strahlt durch die Äste eines Baumes. (Bild: pixabay)

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Ein eigenartiges Jahr geprägt von Wetterextremen

Das Wetter verbreitete 2021 selten Langeweile. Schneemassen im Januar, Rekordwärme Ende Februar, eine Berg- und Talfahrt im März, trockene Eiseskälte im April und ein grottenschlechter Mai, der regenreichste und kälteste seit Jahrzehnten.

Wer gedacht hatte, von nun an könnte es nur noch besser werden, sah sich getäuscht. Auch den ganzen Sommer hindurch wollte sich keine länger anhaltende Schönwetterperiode einstellen. Stattdessen sorgten Tiefausläufer häufig für Regen, teils unwetterartig mit erheblichen Schäden.

Was für die Wetterkundler und Klimaforscher längst klar ist, zeigte sich dieses Jahr eindrucksvoll wie selten zuvor. Die weltweite Erwärmung ist im Polargebiet stärker ausgeprägt als in den Subtropen. Dadurch hat der Temperaturunterschied zwischen diesen beiden Klimazonen und somit auch die Antriebskraft des Jetstreams, der Motor unseres Wetters, abgenommen. Die Wetterlagen weisen eine signifikant größere Beharrlichkeit auf.

Besonders dominant war die Tiefdrucktätigkeit von Mai bis Juli. In diesen drei Monaten wurde so viel Regen gemessen wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen der Wetterwarte Süd im Jahre 1968. Gebietsweise registrierte man das Doppelte bis Dreifache der sonst üblichen Mengen. Es schien so, als würden wir hier in Deutschland, im Alpenraum und in Westeuropa in diesem Sommer das gesamte Nass der Nordhalbkugel abbekommen. Dabei bildeten sich zeitweilig auch Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen. Manche Orte kamen vergleichsweise glimpflich davon, andere traf es gleich mehrmals.

An einigen der 250 Stationen im Messnetz der Wetterwarte Süd wurde im August bereits das Jahressoll erreicht, vor allem im zentralen Oberschwaben. Während hier im Jahr normalerweise rund 900 Liter auf den Quadratmeter fallen, verbuchte Bernhard Katein in Ummendorf bis zum 31. August 1087,5 Liter/m² und Armin Müller in Hopferbach bei Bad Schussenried 1064,4 Liter/m², eine Folge der dort gehäuft aufgetretenen Starkregenfälle. Trotz alledem wurden insgesamt weniger Gewittertage gezählt als in den Jahren davor, da im Mai und August aufgrund der kühlen Temperaturen dafür das Wärmepotenzial fehlte.

Zwar kam es auch in unserer Region durch das Chaoswetter zu Starkregen, Hagelschlag, Überschwemmungen, Aquaplaning und Erdrutschen. Aber alles nicht einmal ansatzweise vergleichbar mit den Schreckensbildern, die wir aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder Franken zu sehen bekamen.

Obwohl sich danach bis in den Dezember hinein vielfach trockenes Hochdruckwetter einstellte, liegen die Jahressummen der meisten Stationen über dem Soll, allerdings keineswegs im Rekordniveau.

Nach einer Reihe außergewöhnlich warmer Jahre reiht sich 2021 in der über 50-jährigen Messreihe auf Platz 20 ein, also im oberen Mittelfeld, aber meilenweit entfernt von den Spitzenwerten der Vorjahre. An der Wetterzentrale in Bad Schussenried war es mit einer Durchschnittstemperatur von 8,7°C im Vergleich zum klimarelevanten Bezugszeitraum 1961 bis 1990 etwa ein Grad zu warm, bezogen auf die letzten, unverkennbar vom Klimawandel geprägten dreißig Jahre jedoch drei Zehntel Grad zu kühl.

2021 lag der Mittelwert noch bei 10,2°C! Auffallend kalt waren der April und August und allen voran der Mai. Der Februar hingegen brachte neben ein paar klirrend kaltenEistagen bereits Frühlingswärme und vom 19. bis zum 25. den Zeitraum im Wetterjahr mit der größten Temperaturabweichung nach oben. Außerdem glänzte er mit besonders viel Sonnenschein. Ohnehin konnten wir uns über die Sonnenscheindauer nicht beklagen, in der Summe rund 100 Stunden mehr als in einem durchschnittlichen Jahr. 

Wetterkundliche Schlaglichter

Schneemassen, Mallorcaluft und Hochwasser

Von Tiefdruckgebieten geprägt, ist der Winter ausgesprochen wechselhaft und nass mit ungewöhnlichen Gegensätzen. Massen an Schnee, dann wieder laue Frühlingsluft mit Tauwetter und Hochwasser. In der zweiten Februarhälfte kommt Hoch „Ilonka“, welches sich ganz offensichtlich in der Jahreszeit geirrt hat und uns eine Woche lang mit Saharastaub und frühlingshaftem Wetter wie Ende April/Anfang Mai verwöhnt. 22 Grad in Isny, 21 Grad in Weingarten und Wangen.

Sommerwärme und Märzwinter

Die Berg- und Talfahrt der Temperaturen setzt sich im März fort. Auf ausgesprochen kalte Witterungsabschnitte folgen frühsommerlich warme Phasen.

Kältester April seit zwanzig Jahren

In den letzten fünfzehn Jahren gab es im April häufig viel Sonnenschein und vorgezogene Maiwärme. 2021 zeigt er mal wieder sein wahres Gesicht. Nach einem verheißungsvollen Auftakt legt polare Kaltluft lange Zeit die aufkeimenden Frühlingsgefühle auf Eis.

Kältester Mai seit dreißig Jahren

Der Mai ist einziges Trauerspiel: nass, kalt und windig, mitunter stürmisch wie im Herbst. Dieser Frühling kommt den meisten derart unterkühlt vor wie seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr. Dabei waren solche Temperaturverhältnisse bis weit in die 90er-Jahre hinein durchaus der Normalfall.

Hitzewellen und Regenfluten

Was für ein Monat! Von Schafskälte und Bodenfrost, über sengende Hitze, Tropennächte, Trockenheit und Waldbrandgefahr bis hin zu schweren Gewittern und Unwettern mit sintflutartigen Regenfällen und Überflutungen, Sturmböen und Hagel ist im Juni alles geboten.

Und so was nennt sich Sommer!

Während in weiten Teilen der Nordhalbkugel überdurchschnittlich hohe Temperaturen herrschen, vielerorts sogar große Hitze mit ausgeprägter Trockenheit, Dürre und verheerenden Waldbränden, vermiesen uns Tiefdruckgebiete die Sommerlaune. Erst auf seine späten Tage entschädigt der Sommer im September dann doch noch ein wenig für das, was er in den Wochen zuvor versäumt hatte. Dank der Hochdruckfamilie „Gaya“, „Hermelinde“, „Isgard“ und „Jenny“ gibt es zum Ende der Ferien- und Haupturlaubszeit häufig allerbestes Freizeitwetter und bei Temperaturen um die 25 Grad selbst in den Freibädern zeitweise mehr Betrieb als im Hochsommer.

Zähes Herbstgrau

Hoher Luftdruck dominiert im Oktober und November das Wettergeschehen. Wie bei herbstlichen Hochdrucklagen üblich bilden sich dabei allerdings hartnäckige Nebelfelder, welche die Region öfters in zwei gänzlich unterschiedliche Wetterzonen teilen: unten feuchtkaltes Dauergrau, oben dagegen strahlendmildes Himmelblau.

Grüne, trübe Weihnachten und Rekordwärme an Silvester

Kräftige Schneefälle in der ersten Dezemberhälfte wecken die Hoffnung auf weiße Weihnachten. Doch es bleibt ein Wunschtraum. Tauwetter lässt die weiße Pracht in den Niederungen rasch wieder dahinschmelzen. Zum Jahresende geht es mit den Temperaturen weiter bergauf. Im südlichen Baden-Württemberg und im angrenzenden Bayern, in der Schweiz und in Vorarlberg werden Rekordwerte für Silvester verzeichnet. Spitzenreiter ist Waltenhofen im Allgäu mit 16,2°C. An Weihnachten ohne Schnee hat man sich schon gewöhnt, dass aber auch der Jahreswechsel grün und gar frühlingshaft lau ausfällt, war bis vor zwanzig Jahren äußerst selten.

                                                                                                                                                     WWS-roro