Wahrheit hinter dem Wetterphänomen Gibt es die „Giftwolke Beate“? Jung-Meteorologe klärt auf

Gibt es die „Giftwolke Beate“? Jung-Meteorologe klärt auf
Jung-Meteorologe Niklas Kaa klärt über die aktuelle Wetterlage und über die angebliche „Giftwolke Beate“ auf. (Bild: Fotomontage privat / picture alliance/dpa | Thomas Warnack)

WOCHENBLATT
WOCHENBLATT

Berichte über eine sogenannte „Giftwolke Beate“ kursieren seit einigen Tagen im Internet. Sie soll angeblich durch eine Inversionswetterlage entstanden sein und zu erhöhten Feinstaubwerten sowie gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Deutschland führen.

Niklas Kaa, unser Jung-Meteorologe, erläutert die Hintergründe und klärt die Bevölkerung über die tatsächliche Lage auf.

Was ist eine Inversionswetterlage?

Eine Inversionswetterlage tritt häufig im Spätherbst und Winter auf. Sie entsteht, wenn ein Hochdruckgebiet die Wetterlage bestimmt. Dabei gibt es oft wenig Wind. Feuchtigkeit aus Böden und Gewässern bleibt in der unteren Atmosphäre und bildet Nebel oder Hochnebel.

Solche Wetterlagen sind laut Niklas Kaa um diese Jahreszeit üblich und führen im Flachland zu trüben, kalten Bedingungen. In den Bergen ist es dagegen sonnig und klar, da der Wind in höheren Lagen lebhafter ist.

Nebel und Feinstaub: Die Rolle der Inversion

Durch die Windstille bei Inversionslagen verbleiben Schadstoffe wie Feinstaub in der Nähe des Bodens. Besonders betroffen sind große Industrieregionen wie das Ruhrgebiet. „Da wir im Dauergrau wenig bis keinen Windgang haben, bleiben lokale Feinstaubansammlungen länger an Ort und Stelle“, erklärt Niklas Kaa. In den Bergen ist die Luftqualität dagegen meist besser.

Keine „Giftwolke“: Die tatsächlichen Auswirkungen

Niklas Kaa weist die Panikmache in den Medien entschieden zurück. „Allein der Name ‚Giftwolke‘ hört sich beängstigend an“, sagt er. Natürlich könnten sich Feinstaubpartikel in Bodennähe ansammeln, besonders in Industriegebieten, doch für die allgemeine Bevölkerung bestehe keine Gefahr. Hier sind sich Wetterexperte Roland Roth und Niklas Kaa einig.

Solche Wetterlagen seien für Herbst und Winter normal und kein Grund zur Besorgnis. Kaa betont: „Für die meisten Menschen besteht keine akute gesundheitliche Gefahr, auch wenn die Luftqualität in den Städten zeitweise schlechter sein kann.“

Wetterlagen, die Schadstoffe begünstigen

„Das sind die Wetterlagen, die wenig bis keinen Wind erzeugen. Hochdrucklagen sind dafür prädestiniert, besonders in den Wintermonaten, wenn das Wetter ruht und grau ist“, erläutert Kaa. Ohne Wind könnten sich Schadstoffe nicht in höhere Luftschichten bewegen, was die Luftqualität zeitweise verschlechtern könne. Sobald jedoch Wind aufkommt, werde die Luft durchmischt und die Belastung sinke.

Regionale Unterschiede bei Nebel und Feinstaub

Die Intensität von Nebel und Feinstaubbelastung variiert regional stark. Klassische Nebelgebiete wie das Bodenseegebiet sind besonders betroffen, da sich in den windstillen Wintermonaten Hochnebel bildet.

Ein Vogel fliegt am Morgen im Gegenlicht der aufgehenden Sonne über ein nebliges Waldgebiet in Dürmentingen.
Ein Vogel fliegt am Morgen im Gegenlicht der aufgehenden Sonne über ein nebliges Waldgebiet in Dürmentingen. (Bild: picture alliance/dpa | Thomas Warnack)

In Westdeutschland sorgt die Nähe zum Atlantik oft für mehr Wind, wodurch Nebel und Schadstoffe schneller abtransportiert werden. Im Osten und Süden Deutschlands treten hingegen häufiger Inversionslagen auf, die dichten Nebel mit sich bringen.

Langfristige Folgen für die Luftqualität

Langanhaltende Inversionslagen können die Luftqualität in Industrieregionen wie dem Ruhrgebiet weiter verschlechtern. Dennoch sind gesundheitliche Schäden für die meisten Menschen unwahrscheinlich. Lediglich Personen mit Lungenerkrankungen könnten unter den schlechteren Bedingungen leiden. Am Bodensee und in ländlichen Regionen ist die Luftqualität in der Regel besser, auch bei Inversionslagen.

Keine Notwendigkeit für Warnungen

Kaa betont, dass keine konkreten Warnungen für die Bevölkerung notwendig sind. Aussagen, man solle das Haus nicht verlassen, seien falsch und unbegründet. Aussagen, dass man das Haus nicht verlassen solle, hält Niklas Kaa für übertrieben: „Ganz im Gegenteil: Auch wenn die Sonne nicht scheint, geht raus, macht einen Spaziergang und tankt Sauerstoff.“ Nur Menschen mit schweren Lungenerkrankungen sollten bei Bedarf Vorsicht walten lassen.

Verlässlichkeit der Vorhersagen

Die Dauer von Inversionslagen lässt sich verlässlich vorhersagen. Solche Wetterlagen treten vor allem im Herbst und Winter auf, insbesondere in den Monaten Oktober bis Januar. Während sich die Luft am Erdboden bei länger anhaltender Inversion weiter abkühlt, genießen die Gebirgsregionen sonniges Winterwetter und eine klare Fernsicht.

Keine Panik, aber Aufmerksamkeit

Inversionswetterlagen sind ein normales Phänomen, das vor allem Menschen mit Lungenerkrankungen betreffen könnte, aber keine allgemeine Gefahr darstellt. Niklas Kaa bittet um Gelassenheit und ruft dazu auf, sich auf sachliche Informationen zu verlassen und sich nicht von Schlagzeilen wie der Giftwolke verunsichern zu lassen.

Roland Roth, Leiter der Wetterwarte Süd, hat die Wetterlage ebenfalls eingeordnet und auf die Notwendigkeit sachlicher Berichterstattung hingewiesen.