Wenn die Nacht zur Qual wird: Schlafstörungen nehmen seit Jahren zu

Wenn die Nacht zur Qual wird: Schlafstörungen nehmen seit Jahren zu
Symbolbild (Bild: privat/AOK)

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Biberach – Psychischer Stress, hormonelle Veränderungen, Medikamente, Alkohol oder der schnarchende Partner: Schlafprobleme können viele Ursachen haben. Eins haben sie jedoch gemeinsam: Für Betroffene wird die Nacht zur Qual – sie liegen im Bett, können nicht abschalten und fühlen sich am nächsten Tag wie gerädert. In Deutschland leiden etwa 15 Prozent der Erwachsenen an einer behandlungsbedürftigen Schlafstörung.  

Im Stadtkreis Ulm und im Alb-Donau-Kreis befanden sich im Jahr 2019 6.032 AOK-Versicherte aufgrund einer Schlafstörung in Behandlung. Die Zahl der Betroffenen nimmt in den letzten Jahren zu: Ihr Anteil stieg in Ulm zwischen 2015 und 2019 durchschnittlich um 7,0 Prozent pro Jahr, im Alb-Donau-Kreis um 5,9 Prozent.

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der AOK Baden-Württemberg aus dem Jahr 2017 hat die Hälfte der Befragten (52 Prozent) im Ländle schon einmal Schwierigkeiten gehabt, abends einzuschlafen: Bei vier Prozent ist dies sehr häufig der Fall, bei zehn Prozent häufig und weiteren 38 Prozent fällt es zumindest ab und zu schwer. Frauen haben häufiger als Männer Einschlafschwierigkeiten und Nicht-Erwerbstätige eher als Erwerbstätige. Unter dem Einfluss der Corona-Pandemie dürften sich die Zahlen weiter erhöhen. Gesundheitliche Sorgen, finanzielle Ängste und Stress durch die Organisation von Kinderbetreuung und Homeoffice erhöhen die psychische Belastung. „Wenn es nicht gelingt, die Grübeleien zu stoppen und sich von Alltagssorgen zu befreien, dann ist die Schlafstörung vorprogrammiert“, sagt Jürgen Weber, stellvertretender Geschäftsführer der AOK Ulm-Biberach.

Die Symptome von Schlafstörungen sind sehr unterschiedlich. Neben Müdigkeit können zum Beispiel Kopfschmerzen, Gedächtnisprobleme, Essstörungen, Zähneknirschen, Bewegungsstörungen der Gliedmaßen, Atmungsstörungen oder Schlafwandeln auftreten. Vor allem chronische Schlafstörungen können die Tagesbefindlichkeit und Leistungsfähigkeit der Betroffenen stark einschränken, die soziale Kompetenz beeinträchtigen und zu Unfällen führen.

In der Regel lassen sich Schlafprobleme auf psychische Belastungsfaktoren wie Lärm, Stress, Termin- und Leistungsdruck, Schichtarbeit oder Sorgen zurückführen. Aber auch hormonelle Veränderungen, organische und psychische Erkrankungen, Medikamente, Alkohol oder Drogen können mögliche Ursachen sein. Wenn die Schlafstörungen anhalten und im Alltag massiv belasten, sollte ein Arzt aufgesucht werden. „Im Rahmen der ärztlichen Beratung können die Gründe herausgefunden, medizinische Ursachen ausgeschlossen und Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden“, sagt Jürgen Weber. „Bei erheblichen Schlafstörungen und Schlafmangel kann eine Untersuchung in einem Schlaflabor angebracht sein.“

Was gegen Schlafstörungen hilft, ist bisher nur in wenigen aussagekräftigen Studien untersucht. „Es gibt viele Mittel und Maßnahmen, die ausprobiert werden können, um wieder besser zu schlafen“, so der stellvertretende AOK-Geschäftsführer. „Dazu gehören Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung und autogenes Training oder eine Veränderung der Schlafgewohnheiten.“ Wichtig und oft angewendet sind auch Maßnahmen zur Verbesserung der Schlafhygiene, beispielsweise die Vermeidung von schweren Mahlzeiten, Alkohol und Kaffee vor dem Schlafengehen. Ebenso sollte man im Bett nicht fernsehen und erst dann ins Bett gehen, wenn man müde ist. Schlafmittel sind meist nicht zu empfehlen – sie kommen nur bei schweren Schlafstörungen vorübergehend infrage. „Verschreibungspflichtige Schlafmittel haben zahlreiche Nebenwirkungen und können schnell abhängig machen“, warnt Jürgen Weber. „Viele Menschen sind am Tag nach der Einnahme noch schläfrig und unkonzentriert und in ihrer Reaktionsfähigkeit herabgesetzt. Bei älteren Menschen können Schlafmittel das Sturzrisiko erhöhen.“