Wegfall von Isolationspflicht – Abstimmung über Impfpflicht

Eine Frau sitzt während der Isolation nach einem positiven Corona-PCR-Test auf ihrem Bett.
Eine Frau sitzt während der Isolation nach einem positiven Corona-PCR-Test auf ihrem Bett. (Bild: Sebastian Gollnow/dpa)

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Ab dem 1. Mai sollen sich Corona- Infizierte nur noch freiwillig in Isolation begeben. Das ruft harsche Kritik auf den Plan. Dabei steht die Abstimmung über die Impfpflicht im Bundestag kurz bevor.

Berlin (dpa) – Die Kritik an Plänen, zum 1. Mai die Isolationspflicht für Corona-Infizierte abzuschaffen, wird schärfer. Der Sozialverband VdK warf den Gesundheitsministern von Bund und Ländern vor, «komplett auf das „Prinzip Durchseuchung“» zu setzen.

«Der Schutz der Risikogruppen spielt für die Politik offenbar überhaupt keine Rolle mehr», sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele am Dienstag in Berlin.

Sehr alte Menschen, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke hätten zu Recht große Sorge vor einer Ansteckung mit Corona und seien auf Solidarität angewiesen. «Viele von ihnen und viele ihrer Angehörigen werden sich ab Mai noch weiter einschränken und isolieren müssen. Es wird dann auch immer wahrscheinlicher, dass das Virus doch in Pflegeeinrichtungen hineingetragen wird», meinte Bentele. «Diese Politik gefährdet Menschenleben.»

Kritik von Ärztinnen und Ärzten

Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) kritisierte, dass die Isolationspflicht auch für Infizierte mit Symptomen wegfallen soll. Für sie sollte ebenso wie für infizierte Mitarbeiter im medizinischen und pflegerischen Bereich im Fall eines positiven Corona-Nachweises weiterhin eine Isolation von fünf oder sieben Tagen gelten, sagte BVÖGD-Vizechefin Elke Bruns-Philipps der Düsseldorfer «Rheinischen Post». «Ungezielte Bürgertestungen» und Quarantäne für Haushaltsangehörige und enge Kontaktpersonen seien hingegen nicht mehr erforderlich.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich am Montag darauf verständigt, dass Corona-Infizierte und Kontaktpersonen ab dem 1. Mai in der Regel nur noch freiwillig und für kürzere Zeit in Isolierung oder Quarantäne müssen. Infizierten wird demnach künftig nur noch «dringend empfohlen», sich für fünf Tage zu isolieren und Kontakte zu meiden – für Kontaktpersonen von Infizierten soll es entsprechend gelten. Eine Anordnung des Gesundheitsamts fällt weg. Strengere Vorgaben sollen aber noch für Beschäftigte in Gesundheitswesen und Pflege bleiben, die sich infiziert haben.

SPD kämpft für Impfpflicht

Währenddessen wirbt die SPD bis kurz vor der Abstimmung im Bundestag weiter um Unterstützung für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht. «Bis zum Schluss werden wir alles versuchen, dass es einen Kompromiss gibt zwischen den verschiedenen Gruppen», sagte der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich am Dienstag in Berlin. Er verwies auf den geänderten Entwurf der Abgeordnetengruppe, die zunächst für eine Impfpflicht ab 18 Jahren eingetreten ist. Der Entwurf beinhalte jetzt auch verschiedene Elemente anderer Anträge. Umso wichtiger sei nun, alles für eine breite Mehrheit für eine Impfpflicht zu unternehmen, die möglicherweise vom Alter her abgestuft sei.

Über die umstrittene Impfpflicht, für die sich auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) einsetzt, soll der Bundestag an diesem Donnerstag ohne sonst übliche Fraktionsvorgaben entscheiden. Streit gibt es aber schon um die Frage, in welcher Reihenfolge über die verschiedenen Initiativen abgestimmt wird. Mützenich sagte, ausgehend von zwei Vorschlägen der Bundestagsverwaltung neige die SPD sehr stark jenem zu, zuerst über die vorliegenden Anträge abzustimmen. Dabei handelt es sich um einen Antrag einer Abgeordnetengruppe und einen Antrag der AfD, die jeweils eine Impfpflicht ablehnen – sowie einen Antrag der Union, der vorerst nur den Aufbau eines Impfregisters vorsieht.

Danach solle über die beiden ausgearbeiteten Gesetzentwürfe zu einer Impfpflicht abgestimmt werden, sagte Mützenich. Er wünsche sich, dass über den Entwurf der größten Gruppe zum Schluss abgestimmt werde. Dies ist der Kompromissvorschlag der Gruppe, die zunächst eine Impfpflicht ab 18 Jahren anstrebte. Sie schlägt nun eine Pflicht ab 50 zum 1. Oktober vor – der Bundestag soll aber Anfang September entscheiden, ob sie noch auf alle Erwachsenen ausgeweitet wird.

Union fürchtet Tricksereien bei Abstimmung

Die CDU/CSU-Opposition im Bundestag befürchtet, dass die Ampel-Fraktionen bei der Abstimmung über die allgemeine Impfpflicht die üblichen Regeln außer Kraft setzen wollen, um zu einer Mehrheit zu kommen. Konkret geht es um die Reihenfolge, in der an diesem Donnerstag über die vorliegenden fünf Anträge abgestimmt wird. «Ich will hier ganz ausdrücklich die Koalition davor warnen, am Donnerstag schon in der Reihenfolge der Abstimmungen eine Manipulation vorzunehmen im Hinblick auf dieses Thema», sagte der Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz am Dienstag in Berlin.