Koalitionsbeschlüsse Was bringt das Ampel-Klimapaket für Verkehr und Wohnen?

Die Parteichefs der Koalitionsparteien: Lars Klingbeil (SPD) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP, v.l.n.r.).
Die Parteichefs der Koalitionsparteien: Lars Klingbeil (SPD) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP, v.l.n.r.). (Bild: Michael Kappeler/dpa)

Deutsche Presse-Agentur
Deutsche Presse-Agentur

Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden – das ist eine komplexe Großoperation. Die Regierung will den Umbau jetzt forcieren. Was folgt daraus für Millionen Bahnkunden, Autofahrer und Hausbewohner?

Berlin (dpa) – Mehr Geld für die Schiene, mehr praktische Angebote für E-Autos und überhaupt mehr Tempo: Die Ampel-Koalitionäre haben nach langem Streit eine Reihe von Vorhaben festgezurrt, die den Klimaschutz besonders im Verkehr voranbringen sollen – hinkt der Sektor beim Verringern von Treibhausgasen doch immer noch hinterher.

Zum Paket gehören auch Änderungen bei der Lkw-Maut zugunsten der Schiene und beschleunigte Planungen, um Staustellen auf Autobahnen zu beseitigen. Auch die umstrittene Umstellung auf sauberere Heizungen soll vorankommen. Dabei wie in anderen Punkten sind aber noch diverse Fragen zu klären, wie nicht nur Verbraucherschützer monieren.

Was ist bei der Bahn geplant?

Die klimafreundliche Schiene soll eine neue Finanzspritze bekommen, um das strapazierte und störanfällige Gleisnetz in Schuss zu bringen und auszubauen. Dafür hat die bundeseigene Deutsche Bahn bis 2027 einen Investitionsbedaf von 45 Milliarden Euro, der «soweit wie finanziell darstellbar» gedeckt werden soll. Erklärte Priorität: mehr Kapazitäten für Güter- und Personenzüge im Kernnetz der wichtigsten Strecken. Bahnchef Richard Lutz sagte, das seien «entscheidende Schlüssel», um Wachstumsziele für die Schiene zu erreichen und die derzeit «unbefriedigende» Pünktlichkeit zu verbessern.

Woher kommt das extra Geld?

Zur Finanzierung plant die Koalition eine grundlegende Neuerung. Denn ein Teil soll aus der Lkw-Maut kommen, für die bisher galt: Einnahmen aus der Straße fließen wieder in die Straße. Die Bahnbranche und die Gewerkschaft EVG begrüßten diese Weichenstellung. Dabei rechnet die Koalition mit jährlich fünf bis sechs Milliarden Euro für die Bahn aus dieser neuen Quelle – und das unabhängig von der Haushaltslage. Die restlichen Milliarden sind aber noch zu sichern. Das Geld für die Schiene soll aus einer neuen CO2-Komponente der Lkw-Maut kommen.

Was wird bei der Lkw-Maut noch geändert?

Die Lkw-Maut, die auf allen Autobahnen und Bundesstraßen für Laster ab 7,5 Tonnen fällig ist, soll außerdem ausgeweitet werden. Ab 2024 sollen auch schon kleinere Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen einbezogen werden, darunter sind zum Beispiel auch Transporter von Paketdiensten. Inwiefern höhere Kosten für die Fuhrunternehmen am Ende auch bei den Preisen für Endkunden ankommen, muss sich zeigen. «Handwerksbetriebe werden ausgenommen», heißt es aber ausdrücklich im Beschlusspapier.

Was kommt noch für Bahnkunden?

Das künftige 49-Euro-Ticket für Busse und Bahnen im ganz Deutschland soll ohne Aufpreis in die Bahncard 100 integriert werden, so dass sie in allen Städten auch für den Nahverkehr genutzt werden kann. Das zielt auf echte Vielfahrer, die eine solche Jahres-Flatrate-Karte für alle Züge haben. Kostenpunkt in der zweiten Klasse: 4339 Euro. Das Ampel-Papier hebt auch einen weiteren Ausbau des Nahverkehrsangebots «insbesondere in suburbanen und ländlichen Räumen» hervor. Zusagen zu höheren regulären Zahlungen aus Berlin dafür gibt es vorerst nicht.

Was soll bei den Autobahnen passieren?

Nach hartem Gezerre zwischen Grünen und FDP ist nun auch mehr Tempo bei bestimmten Autobahnvorhaben vereinbart. Laut Beschluss geht es aber um «eine eng begrenzte Zahl von besonders wichtigen Projekten und Teilprojekten zur Engpassbeseitigung» – konkret gibt es eine Liste mit 144 Projekten aus dem Bundesverkehrswegeplan. Angestrebter Effekt: weniger Staus. Zugleich sollen entlang der Bundesfernstraßen mehr Windkraft- und Solaranlagen entstehen. «Es soll kein Kilometer Autobahn mehr geplant werden, ohne die Möglichkeiten der Erzeugung erneuerbarer Energien auszuschöpfen», heißt es im Ampel-Papier.

Was ist noch für Autofahrer vorgesehen?

Für das große Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Fahrzeugen bis 2030 sollen E-Autos attraktiver werden – zu Jahresbeginn waren rund eine Million Pkw mit Batterie zugelassen. Dafür soll es binnen fünf Jahren an jeder größeren Tankstelle mindestens einen Schnellladepunkt geben, geregelt über eine Verpflichtung der Betreiber. Auflage für Parkplätze an Flughäfen, Bahnhöfen und Einzelhandel soll werden, dass es dort offen zugängliche Ladepunkte gibt. Beim Pkw-Kauf soll in der Energieverbrauchskennzeichnung («Klima-Label») klarer werden, wie die Belastung über den Lebenszyklus durch CO2-Bepreisung und Kfz-Steuer aussieht. Die Ampel will außerdem die Besteuerung von Kraftstoffen angehen und stärker die «Umwelt- und Klimawirkung» berücksichtigen.

Was ist bei Heizungen geplant?

Eigentlich hatte die Ampel sich schon vor einem Jahr geeinigt, dass ab 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Ein erster Entwurf löste aber Protest besonders in FDP-Reihen aus. Bedenken scheinen nun ausgeräumt: Noch im April will das Kabinett das Gesetz beschließen. Vor der Sommerpause soll es den Bundestag passieren. Die Koalitionäre versicherten erneut, soziale Härten abzufedern. Finanzhilfe für jene, die sich keine neue Heizung leisten können, hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits angekündigt. Die Verbraucherzentralen kritisierten «schwammige» Beschlüsse. Es brauche jetzt Klarheit, wie verbindlich erneuerbare Energien in Heizungskellern ab 2024 würden.

Welche Fragen sind bei Heizungen noch zu klären?

Ausbuchstabiert werden muss auch noch, was genau ein von der Koalition versprochener «technologieoffener Ansatz» bedeuten soll. Nach Angaben von FDP-Chef Christian Lindner könnten Anlagen etwa auch mit Wasserstoff oder Biomasse genutzt werden. Heizungen mit fossilen Energieträgern sollten weiter betrieben werden können, wenn sie mit klimafreundlichen Gasen laufen. Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen merkte schon an, dass Wasserstoffheizungen «sicherlich nur in Einzelfällen die Lösung» sein würden und nicht für die breite Masse – einfach, weil Wasserstoff knapp und fürs Heizen teuer sei.