Waffenlieferungen, Sanktionen und Gaspreis: EU-Abgeordneter Norbert Lins zum Krieg in der Ukraine

Norbert Lins ist Mitglied des Europäischen Parlaments und lebt in Pfullendorf.
Norbert Lins ist Mitglied des Europäischen Parlaments und lebt in Pfullendorf. (Bild: EPPGroup-MLahousse)

Der Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, erschüttert die Welt. Die Bedrohung war gefühlt noch nie so nah wie jetzt, hier in Europa. Wie sicher sind wir in der EU? Welche Auswirkungen haben die Sanktionen gegen Russland auf unseren Alltag und was muss passieren, um den Wahnsinn endlich zu stoppen? Diese und noch mehr Fragen beantwortet der EU-Abgeordnete Norbert Lins im Wochenblatt-Interview.

Seit 2014 sitzt der gebürtige Ravensburger im EU-Parlament und entscheidet mit über die GANZ wichtigen Themen. Seit 2019 ist Norbert Lins (CDU) Vorsitzender des Agrarausschusses. Dort geht es vorrangig um landwirtschaftliche und umweltpolitische Themen. Er pendelt aktuell zwischen Brüssel, Straßburg und Pfullendorf. Zum Krieg positioniert er sich klar.

Wochenblatt: „Herr Lins, was passiert da gerade in der Ukraine?“

Norbert Lins: „Der Kreml-Herrscher und Kriegsverbrecher Putin führt einen Angriffskrieg gegen ein souveränes Land. Seit dem zweiten Weltkrieg ist das der erste Krieg in Europa. Und nicht nur die Ukraine wird bedroht. Auch die Staaten mit proeuropäischer Regierung, wie zum Beispiel Moldawien, sind in Putins Visier geraten.“

Wochenblatt: „Wie hilft die EU in diesem Konflikt?“

Norbert Lins: „Wir unterstützen die Ukraine mit mehreren Maßnahmen. Die 90 Tage-Regel für Flüchtlinge wurde aufgehoben, um den Ukrainern, die ihr Land verlassen mussten, so unkompliziert wie möglich, helfen zu können. Und zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union wurde ein 450 Millionen Euro Paket für Waffenlieferungen genehmigt.“

Wochenblatt: „Ist das denn der richtige Weg, Waffen ins Kriegsgebiet zu schicken?“

Norbert Lins: „Ich stehe hinter diesen Waffenlieferungen. Zusätzlich zu diesem Paket bekommen die Ukrainer auch Waffenlieferungen aus Mitgliedstaaten. Die werden einfach zur Verteidigung dringend benötigt.“

Wochenblatt: „Besonders ernst scheint Putin die EU nicht zu nehmen. Woran liegt das?“

Norbert Lins: „Putin kann mit den Wertvorstellungen der EU nichts anfangen. Er ist verhaftet in einer ganz alten Denke.“

Wochenblatt: „In einer zerstörerischen Denke… Sind wir denn sicher hier in Deutschland?“

Norbert Lins: „Ich sehe keine akute Sicherheitsgefahr für uns.“

Wochenblatt: „Nun laufen ja allerlei Sanktionen gegen Russland. Ausländische Konten russischer Oligarchen werden eingefroren, russische Sportler von Wettkämpfen ausgeschlossen, Handelsbeziehungen gekappt und russische Produkte in den Discountern aus den Regalen genommen. Inwiefern bringt denn das Erfolg und leidet nicht auch das russische Volk darunter, das diesen Krieg überhaupt nicht gutheißt?“

Norbert Lins: „Es ist nicht unser Ziel, das russische Volk zu schädigen. Die Sanktionen sollen den Oligarchen weh tun. Deren Familien leben nämlich oft gar nicht in Russland. Deren Kinder gehen auf Europäische Elite-Internate. Und wenn die Familien dort nicht an ihr Geld kommen oder die Schulen genauer hinschauen und feststellen, wer da genau auf ihren Schülerlisten steht, dann kann es ungemütlich für diese Familien werden. Wir sind froh darüber, dass auch die Schweiz sich dazu durchgerungen hat, diese Sanktionen mit durchzuführen. Jeder dritte Rubel liegt in der Schweiz. Das macht viel aus.“

Wochenblatt: „Welche Auswirkungen hat der Krieg wirtschaftlich gesehen denn auf uns? Können wir in Zukunft noch das Benzin für unsere Autos bezahlen? Wird der Gaspreis noch mehr durch die Decke gehen oder wird das Gas sogar knapp?“

Norbert Lins: „Unsere Gasreserven liegen bei 31 Prozent. Das reicht, um durch diesen Winter zu kommen. Ich bin überzeugt, dass wir die kommenden Wochen auch ohne russisches Gas auskommen. Wir besprechen gerade, woher unser Gas sonst noch kommen kann.“

Wochenblatt: „Die Ukraine wünscht sich eine Aufnahme in die EU? Was hat sie denn davon?“

Norbert Lins: „Am Dienstag (Anmerkung der Red.: 08.03.22) wird es eine Sondersitzung zur Aufnahme geben. Die Ukraine hat einen Aufnahmeantrag gestellt und die EU hat ihnen eine Perspektive zugesichert. Eine Mitgliedschaft wäre ein klares, politisches Signal.“

Wochenblatt: „Was müsste denn passieren, damit dieser Krieg ein Ende findet?“

Norbert Lins: „Der Schlüssel dazu liegt im Kreml. Der Krieg läuft nicht planmäßig. Wir werden sehen, wie es weiter geht.“

Wochenblatt: „Was wünschen Sie sich in Zukunft von der EU?“

Norbert Lins: „Ich wünsche mir für die EU, dass sie genauso zusammenhält, wie wir es jetzt, in dieser Krisensituation sehen. Wir zeigen Geschlossenheit.“