Vorsicht: Anrufer wollen kostenpflichtige Pflegeberatungen an ältere Menschen verkaufen

Legen Sie einfach auf: Am Telefon werden kostenpflichtige Pflegeberatungen angeboten, die es anderswo kostenfrei gibt.
Legen Sie einfach auf: Am Telefon werden kostenpflichtige Pflegeberatungen angeboten, die es anderswo kostenfrei gibt. (Bild: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Fleig / Eibner-Pressefoto)

Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig, wollen zu Hause bleiben und beantragen Pflegeleistungen. Was aber steht mir zu und welche Formulare muss ich ausfüllen? Hier setzen aktuell die Mitarbeiter einer Schweizer Firma am Telefon an. Die Verbraucherzentrale rät: „Nein danke und auflegen.“

Offizielle Stellen informieren kostenfrei

Gegen eine Servicegebühr von 199 Euro bietet eine Firma derzeit Beratungen über Pflegeleistungen an. Die Betroffenen, vorwiegend ältere Menschen, erhalten meist einen Anruf und dann ein Schreiben. Die Firma wirbt damit, bei der Durchsetzung eines Anspruchs auf Pflegeleistungen über bis zu 6.280 Euro jährlich zu helfen. Das allein ist aus Sicht der Verbraucherzentralen schon unseriös. Warum? „Pflegebedürftige erhalten bei offiziellen Stellen von Kommunen oder Pflegekassen eine kostenlose Beratung. Grundsätzlich gilt: Werbeanrufe ohne ausdrückliche Einwilligung der Verbraucher sind unzulässig.“

Haben Pflegebedürftige Anspruch auf bis zu 6.280 Euro?

Das klingt zunächst viel. In Wirklichkeit kann dies aber noch mehr sein. Die Leistungen hängen vor allem vom Pflegegrad ab. Außerdem ist nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW das Versprechen des Anbieters nicht haltbar, dass die Pflegekasse „keine Bedarfsprüfung“ vornimmt. Denn Pflegekassen sind verpflichtet, etwa den Bedarf für einen Umbau oder für einen Hausnotruf zu prüfen, was die Firma in ihren Geschäftsbedingungen auch erwähnt.

Warum fallen ältere Menschen auf solche Angebote herein?

„Das Gespräch verläuft ganz nett, es wird Verständnis für die häusliche Situation gezeigt und alles, was in Richtung Pflege geht, ist oft auch ein dramatisches und emotionales Thema, wenn es beispielsweise Angehörigen schlecht geht. Das alles nutzen die Mitarbeiter der unseriösen Firmen aus und kommen so oft an ihr Ziel,“ so Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Stuttgart. Sein Tipp: „Frühzeitig an neutralen und unabhängigen Stellen rund um das Thema Pflege und Pflegegeld beraten lassen.“

Den Vertrag schnellstmöglich widerrufen

Wichtig für Betroffene: Wer am Telefon einen Vertrag geschlossen hat – unter Umständen auch unwissentlich – sollte nicht sofort zahlen, sondern den Vertrag widerrufen. Wie geht das?

Die Verbraucherzentrale rät

Am Telefon abgeschlossene Verträge, bis auf wenige Ausnahmen, auch ohne nachträgliche Bestätigung, sind gültig. Betroffene können telefonisch geschlossene Verträge jedoch in der Regel 14 Tage lang widerrufen. Anbieter sind verpflichtet, über das Widerrufsrechts zu informieren und eine Widerrufsbelehrung vorzulegen. Reicht der Anbieter die Belehrung nach, haben Verbraucher ab dann 14 Tage Zeit für den Widerruf. Erfolgt keine Widerrufsbelehrung, verlängert sich das Widerrufsrecht und erlischt erst nach 12 Monaten und 14 Tagen. Betroffene können für den Widerruf einen Musterbrief der Verbraucherzentrale NRW nutzen.

Auf der sicheren Seite: „Per Einschreiben“

„Den Widerruf am besten per Einschreiben mit Rückschein versenden. Wer das Faxgerät zum Widerruf nutzt sollte daran denken, unbedingt eine Kopie der gesendeten Seite ziehen,“ so Peter Grieble.

Vielleicht erst die Spitze des Eisbergs

Kann diese neue Masche Nachahmer in ähnlicher Form auf den Plan ziehen? „Pflegeleistungen zu beantragen ist ein komplexes Thema. Wer pflegebedürftig ist, muss sich mit komplizierten Anträgen und Regelungen befassen. Hier den Durchblick zu behalten, ist nicht einfach. Das machen sich kommerzielle Anbieter zunutze. Es besteht die Möglichkeit, dass das erst die Spitze des Eisbergs ist.“

Wie kommen die Anrufer an die Telefonnummern?

„Wir erfahren immer wieder, dass unseriöse Anbieter die gängigen Telefonverzeichnisse nach älteren Vornamen durchforsten und natürlich auch Adresse ankaufen.“ Die Verbraucherzentralen helfen weiter.

Mehr zu diesem Thema unter www.pflegewegweiser-nrw.de

Musterbrief zum Widerspruch gegen unberechtigte Forderungen: www.verbraucherzentrale.de/sites/default/files/2020-01/Abwehr_einer_unberechtigten_Forderung_Abo.pdf

(Quelle: Verbraucherzentrale Stgt und NRW)