Versäumnisse der Vergangenheit wiegen schwer – Ein Kommentar

Das Riedlinger Einkommensniveau liegt seit Jahrzehnten weit unterhalb dem Landesdurchschnitt.
Das Riedlinger Einkommensniveau liegt seit Jahrzehnten weit unterhalb dem Landesdurchschnitt. (Bild; Maximilian Kohler)

Finanziell stehen Riedlingen schwere Jahre bevor. Nun rächen sich Versäumnisse, die in der auch jüngeren Vergangenheit begangen wurden. Das Wegbrechen von ganzen Wirtschaftszweigen ist kein Verschulden von Gemeinderat und der Verwaltung, die Tatenlosigkeit um entgegenzusteuern dagegen schon.

Vor gut 40 Jahren gab es in Riedlingen noch vier Baufirmen (Barth, Benner, Anliker, Steidele), übrig geblieben ist mit der Firma Barth nur eine. Auch die ganzen Textilbetriebe (Hempel, Gönner, WüHoTri, Baur) gibt es längst nicht mehr. Das Milchwerk ist weggebrochen, Silit verkleinerte sich und Feinguss Blank kämpft derzeit als Zulieferer mit den Folgen, Transformation in der Automobilwirtschaft. Zudem traf die Schul- und Behördenstadt, dass auch noch die Sonderbehörden abwanderten.

Mit dem anwachsenden Verlust von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, begann der finanzielle Niedergang der Stadt, denn leider wurde nie ein Ausgleich geschaffen. Gemeinderat und Verwaltung haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Statt eine entschlossene und erfolgreiche Gewerbeförderung zu betreiben, wurde das Gegenteil getan. Es wurden auch keine attraktiven und preisgünstigen Gewerbegebiete ausgewiesen, wie es der ehemalige HGR-Vorsitzende Franz Selg schon 1987 forderte. So nimmt es kein Wunder, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geringer ist als 1999. Das kommt einer Blamage gleich, vor allem, wenn man den Vergleich zu den umliegenden Städten zieht.

Das Riedlinger Einkommensniveau liegt seit Jahrzehnten weit unterhalb dem Landesdurchschnitt. Angesichts dessen langt die Stadt bei der Grundsteuer unverhältnismäßig hin. Dass diese 85 Prozent höher liegt als in Biberach, gleicht einem Skandal. In Biberach ist das Einkommen und somit die Kaufkraft wesentlich höher als in der alten Oberamtsstadt. Kein Wunder, dass dort die Innenstadt belebt ist, während in Riedlingen nur durch den Wochenmarkt am Freitag eine messbare Einkäuferfrequenz erzielt wird.

Höchste Zeit für den Gemeinderat und die Verwaltung die Notbremse zu ziehen. Ohne eine energische und erfolgreiche Gewerbeförderung, die mit der Schaffung von möglichst vielen sozialversicherungspflichtigen begleitet wird, steht die Stadt bald am finanziellen Abgrund. Dies stand vor Jahren schon einmal in einem Erlass des Landratsamtes zum Haushalt. Es ist verwunderlich, dass im Gemeinderat und in der Verwaltung noch immer über Projekte diskutiert wird, die zwar Kosten, aber keine Einnahmen generieren. Nice to have, wird dies neudeutsch umschrieben. Dies kann sich bestenfalls eine Stadt erlauben, die über ausreichende Einnahmen verfügt. Im fälligen Kassensturz sollten zumindest die Gartenschau und das Projekt Stadthallenareal auf den Prüfstand. Zeit bleibt nicht mehr viel.      

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