Kurzweiliger Austausch über Europa Veranstaltung zum Europatag erwies sich als Zugpferd Europatag angesichts des Krieges

Veranstaltung zum Europatag erwies sich als Zugpferd Europatag angesichts des Krieges
Europaerfahrene erzählten aus ihren unterschiedlichen Blickwinkeln von ihren Erfahrungen. (Bild: Stadt Wangen / sum)

WOCHENBLATT
WOCHENBLATT

Wangen – Das „Friedensprojekt Europa“ hat angesichts des Krieges in der Ukraine eine große Zahl von Menschen mobilisiert und das Dorfgemeinschaftshaus in Deuchelried fast bis auf den letzten Platz gefüllt.

In einer Videobotschaft blickte die Bundestagsabgeordnete Heike Engelhardt, die auch Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist, auf die vielen positiven Errungenschaften Europas seit dem Zweiten Weltkrieg. „Europa ist ein Friedensversprechen“, sagte sie und verwies unter anderem auf die vielen Kontakte, die es über bürgerschaftliche, Kulturelle und sportliche Beziehungen in ganz Europa gibt. Gerade angesichts des aktuellen Krieges in der Ukraine rief sie dazu auf, an den gewachsenen Freundschaften festzuhalten.

Was die Flucht vor Krieg und Zerstörung für ihn und seine Familie bedeutete, berichtete Andrij Lepyavko, der mit seiner Frau, vier Kindern und seiner Mutter aus Termopil fortging. Es habe kein Wasser und kein Essen geben in den drei Tagen, die es dauerte, die Grenze zu passieren. Schwierige hygienische Umstände waren auszuhalten. „Wir sind sehr dankbar, für all das was, hier in Wangen für uns und unser Landgetan wird“, sagte er. 

Kurzweilig von Dr. Jörg Wendorff und Pfarrerin Friederike Hönig moderiert, berichteten Jakob Vochezer, Wangen, als Erasmus-Student in Prag, Katrin Gössl aus Tettnang, als Erasmus-Studentin und Auszubildende in einer Metzgerei in Frankreich, Diakonin Sophia Hauf, Wangen, die gerade mit Erasmus-Plus in Rumänien war, Bergsteiger Norrdine Nouar aus Oberstaufen, Walter Patschke, Wangen, langjähriger Vorsitzender des Partnerschaftsvereins, Gisela Woidschützke, Wangen, langjähriges Mitglied des Partnerschaftsvereins, Pfarrer Albrecht Knoch, der unter anderem in Paris studierte, sowie Kultur- und Sportamtsleiter Hermann Spang von ihren vielseitigen und guten Erfahrungen in Europa.

Große Anziehungskraft hatte die Veranstaltung zum Europatag.
Große Anziehungskraft hatte die Veranstaltung zum Europatag. (Bild: Stadt Wangen / sum)

Sie alle erzählten von „vielen intensiven Begegnungen, die Europa lebendig machen“, wie Hermann Spang sich ausdrückte. Ob es eine gemeinsame Sprache braucht, um sich zu verstehen?  Sie sei hilfreich, um mehr von einem Land zu erfahren, wie Gisela Woidschützke sagte. Doch entscheidend ist sie nicht immer – wie Katrin Gössl mit einem großen Schmunzeln erzählte. Sie war unter anderem als Auszubildende im Metzgerhandwerk in Anger/ Frankreich. Ihre Bilanz: „Im Handwerk versteht man sich immer.“ Der Zufall brachte sie auch zum Studium nach Budapest: „Es war das Beste, was mir passieren konnte“, bilanzierte sie. Ähnlich erging es Jakob Vochezer als Student in Prag. Dort lernte er schnell den „europäischen Spirit“ kennen, wie er sagte.

Ein Aufenthalt in einem anderen Land schaffe immer auch die Chance, sich selber kennenzulernen. So jedenfalls ging es Sophia Hauf, die mit dem Blick auf die Unterschiede ihre Selbstwahrnehmung schärfte. Eine Erfarung, die auch Nourrdine Nouar machte und daraus folgerte, man müsse die Geschichte der anderen verstehen.

Aus einem anderen Blickwinkel lernte der inzwischen pensionierte Französisch-Lehrer Walter Patschke die Nachbarn vor vielen Jahren kennen. Geprägt von den Kriegserfahrungen seines Vaters war für ihn immer klar: „Wir müssen daran arbeiten, dass so etwas nicht wieder geschieht.“ Albrecht Knoch lernte die Nachbarn nach dem Abitur bei einem zweijährigen Freiwilligendienst, dann im Studium und schließlich auch als evangelischer Pfarrer in einer französischen Gemeinde kennen. Damals war alles noch weit umständlicher, um ins Ausland zu kommen. Deshalb, so sagte Knoch, beneide er die Jugend, denn die EU habe inzwischen mit dem Erasmus-Programm sehr gute Möglichkeiten geschaffen, um ins europäische Ausland zu gehen.

Dass es auch anstrengend sein kann, Unterschiede auszuhalten, darüber waren sich alle Podiumsteilnehmer einig. Doch die Unterschiede wahrzunehmen fördere auch die Kreativität, hieß es. Jörg Wendorff fand es wichtig, auf diese Unterschiede und die Möglichkeiten zum Brückenbauen hinzuweisen. Von Europa mit all seinen Facetten zu erzählen, das sei gerade heute umso wichtiger, sagte Friederike Hönig.

Wo so viel gesprochen wurde, gab es auch berührende Musik zu hören. Daria Artemieva und Armem Artemiev sangen aktuelle ukrainische Chansons. Die Musiklehrer an der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu Dmytro Omelchak, Alexej Khrushchov und Vladimir Bussovikov spielten ohne Gage, belohnt durch den herzlichen Applaus und ein Geschenk von Fairtrade Stadt Wangen.