Umwelthilfe will Feuerwerksverbot an Silvester

Feuerwerk in Köln.
Feuerwerk in Köln. (Bild: Christophe Gateau/dpa)

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Dass Feuerwerk und Böllern nicht unbedingt vernünftig sind, bestreitet kaum jemand. Streit gibt es aber um die Frage, ob diese Form von Spaß trotz Krach und Verletzungen hingenommen werden muss.

Berlin (dpa) – Die Fronten sind weiterhin verhärtet, Kompromisse kaum in Sicht: Die einen wollen in der Silvesternacht Raketen in den Himmel schießen und laute Böller zünden. Die anderen verlangen saubere Luft, Ruhe und weniger Verletzungen.

Erneut hat die Initiative Deutsche Umwelthilfe (DUH) wenige Wochen vor dem 31. Dezember ein Feuerwerksverbot zum Jahreswechsel und für die weitere Zukunft gefordert. Diesmal sicherte sich die Initiative Unterstützung von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), einigen Ärzten und Tierschützern. Bei einer Internet-Pressekonferenz wurde es zeitweise emotional.

Im vergangenen Jahr wurde der Kauf von Feuerwerkskörpern in ganz Deutschland wegen der Corona-Pandemie verboten, zusätzlich richteten manche Städte Verbotszonen ein.

Daran will der Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch anknüpfen. «Feuerwerk zum Jahreswechsel mit Schwarzpulver muss unterbleiben.» Als Argumente nannte er vor allem die Luftverschmutzung durch Feinstaub, die Verletzungen von Händen und Augen durch Böllerexplosionen sowie die Auswirkungen des Lärms auf Tiere. Resch forderte die Bundesregierung auf, das Sprengstoffgesetz möglichst bald zu ändern und das Silvester-Feuerwerk in diesem Jahr möglichst schnell zu verbieten.

Raketen und Böller produzierten Tausende Tonnen unnötigen Abfall, sagte Resch. Der freigesetzte Feinstaub sei «extrem gesundheitsgefährdend», die Knallerei verursache Verletzungen und psychischen Stress bei empfindlichen Menschen. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen sowie Nutz- und Wildtiere litten unter dem nächtlichen Krach. Resch sagte, private Feuerwerke seien bereits «in den meisten Staaten» verboten, Belege dafür gab es aber zunächst nicht. In Europa untersagten in den vergangenen Jahren einige Großstädte private Feuerwerke, ansonsten ist es weitgehend erlaubt.

Resch lehnte Kompromisse wie große Feuerwerke an zentralen Plätzen in den Großstädten statt des privaten Feuerwerks ab. Auch ein Verbot der ganz lauten Böller sei letztlich nicht der richtige Schritt, privates Feuerwerk müsse grundsätzlich abgeschafft werden. Silvester sollte es stattdessen Licht- und Lasershows geben.

Der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, (GdP), würde zumindest städtisches Feuerwerk hinnehmen: «Das hohe Verletzungsrisiko sowie unkalkulierbare Brandgefahren für jedermann sind gute Gründe genug, um Feuerwerk nur an bestimmten Orten in den Kommunen zuzulassen.» Es gehe auch um die Sicherheit von Polizisten und Feuerwehrleuten in dieser Nacht.

Der Lungenarzt Norbert Mülleneisen redete sich am Montag in Rage und sagte, Feuerwerk sei «völliger Schwachsinn» und «Blödsinn». Er verglich die Gefühle von Menschen mit Asthma, die in der Silvesternacht dem Feuerwerks-Rauch ausgesetzt seien, mit der Foltermethode Waterboarding, die ein Erstickungsgefühl bewirkt. Er rate Asthmatikern, im Haus zu bleiben.

Ein Augenarzt sprach von 500 Augenverletzungen in jedem Jahr, 400 davon leicht und 100 schwer, so dass die Patienten im Krankenhaus bleiben müssten. Wie viele Hand- und Trommelfell-Verletzungen mit stationären Behandlungen es zu Silvester wegen Böllern gibt, ist nicht bekannt.

Die Feuerwerkshersteller und die Hobby-Feuerwerker reagierten empört und warfen der Umwelthilfe falsche Argumente und Zahlen vor. Es gehe um eine beliebte Silvester-Tradition und das Kulturgut Feuerwerk, betonte der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI). Der größte Teil der Patienten in den Notaufnahmen der Krankenhäuser sei wegen Alkoholkonsum oder anderer Verletzungen dort, nicht wegen Böllern. Zudem seien schwere Verletzungen «ausschließlich Folgen von illegalem oder unsachgemäß abgeranntem Feuerwerk».

Der Bundesverband Pyrotechnik (BVPK), ein Zusammenschluss von Profi- und Hobby-Feuerwerkern, warf der Umwelthilfe polemische Zuspitzung und «gezielte Fehlinformation» vor. Die Feinstaubbelastung durch Silvesterfeuerwerk liege laut Umweltbundesamt viel niedriger als von der DUH behauptet, sie sei zudem nur kurzzeitig und mache lediglich 0,7 Prozent des Feinstaubs eines Jahres aus.

Viele Menschen liebten einen Jahreswechsel mit individuellem Silvesterfeuerwerk. «Einmal im Jahr die Funken sprühen zu lassen, bedeutet für viele Menschen eine ganz besondere Faszination.» Ein Verbot von Kleinfeuerwerk vor der eigenen Haustür oder im Garten senke auch weder die Corona-Infektionszahlen, noch entlaste es Krankenhäuser.