Ukrainer berichten bei „Sommer im Park“: „Putin führt Krieg gegen die Demokratie“

Gespräch über die Ukraine: Oleh Fedko (rechts) und Dolmetscher Vitali bei Sommer im Park.
Gespräch über die Ukraine: Oleh Fedko (rechts) und Dolmetscher Vitali bei Sommer im Park. (Bild: Stadt Tuttlingen)

WOCHENBLATT
WOCHENBLATT

Tuttlingen – Dem Krieg ein Gesicht geben – das war die Intention einer kurzfristig organisierten Veranstaltung im Rahmen von „Sommer im  Park“. Zu Wort kamen zwei Geflüchtete aus der Ukraine – und berichteten vor einem vollen Zirkuszelt, was sie erlebten und wie sie die weitere Lage einschätzen. Oft sind es die kleinen Details, die so viel aussagen.

„In Tuttlingen parkt ein Hyundai mit ukrainischem Kennzeichen – und mehr als 20 Einschusslöchern“, erzählte Christof „Stiefel“ Manz, der das Programm im Zirkuszelt im Stadtgarten organisiert. „An solchen Beobachtungen sieht man, wie nahe dieser Krieg ist.“

Damit der Ukraine-Krieg nach dem ersten Schock im  Frühjahr nicht in Vergessenheit gerät, hatte Manz zwei Menschen eingeladen, die aus eigener Anschauung von Krieg, Flucht und der politischen Lage in ihrer Heimat berichteten: Oleh Fedko, früherer Bürgermeister einer Stadt auf der Krim, sowie die Juristin Olena Asauliak. Übersetzt von den  jungen Ukrainern Vitali und Azim, sprachen sie vor einem vollen Zirkuszelt. Musikalische Beiträge mehrerer junger Sängerinnen rundeten das Programm ab.

Doch die melodischen Teile des Programms konnten nicht über das hinwegtäuschen, was Fedko und Asauliak berichteten. So führte Oleh Fedkos Flucht ihn an die Ufer des Dnipro, an dessen Ufer er ermordete und teil verstümmelte Menschen sah. Obwohl er bereits die russische Annektion der Krim erlebt hatte, war er fassungslos: „Ich hätte nie gedacht, dass die Russen, die sich unsere Brüder nannten, unsere Krankenhäuser und Schulen bombardieren und unsere Leute töten.“

Vier Monate habe er sich versteckt, bis ihm die Flucht gelang, mittlerweile ist die Familie zerrissen und verstreut: Seine Söhne und Schweigersöhne sind allesamt beim Militär, die Töchter und Schwiegertöchter und die Enkel leben in Bulgarien, Moldawien und Polen.

Von Verlusten und Sehnsüchten sprach auch Olena Asauliak: „Wir haben alles hinter uns gelassen: Unsere Männer, unsere Häuser, unsere Arbeitsplätze – alles was wir aufgebaut und erreicht hatten.“ Die Flucht sei ein Weg ins Ungewisse gewesen – aber auch in die Sicherheit. „Wir haben Glück, dass wir in Deutschland sein dürfen und dass die Kinder keine Sirenen mehr hören müssen“, erzählte sie. Die größten Sorgen aber, so waren sich Fedko und Asauliak einig, mache man sich um alle Angehörigen, die noch in der Ukraine sind und gegen die russischen Angreifer kämpfen.

Einig waren sich beide auch, dass Putin nur mit militärischen Mitteln zu stoppen sei: „Wir müssen Putin auf dem Territorium der Ukraine stoppen“, so Oleh Fedko, „sonst kommt der Krieg weiter nach Europa.“ Und dafür bräuchte die Ukraine weiter Unterstützung. Es sei daher auch für Deutschland besser, Waffen an die Ukraine zu liefern, als irgendwann den Kampf auf dem eigenen Territorium austragen zu müssen. Und Olena Asauliak sieht in Putins Krieg mehr als nur einen Eroberungskrieg gegen ihr Land: „Es geht Putin nicht um Territorien – es ist ein Krieg gegen die Demokratie.“

(Pressemitteilung: Stadt Tuttlingen)