Kanzler Scholz kritisiert die Debatte über die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine als lächerlich. Die Unionsfraktion kontert. Und macht klare Zusagen für den Fall einer Regierungsübernahme.
Die Spitze der Unionsfraktion rechnet ungeachtet der Taurus-Absage von Kanzler Olaf Scholz damit, dass der SPD-Politiker einer Lieferung der Marschflugkörper an die Ukraine am Ende doch noch zustimmt.
«Ich kann es mir jedenfalls gut vorstellen», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten, Thorsten Frei, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Denn es scheint mir unbestritten zu sein, dass der Taurus eben der Marschflugkörper ist, der den ukrainischen Bedürfnissen am stärksten entgegenkäme.»
Es gehe darum, russische Nachschublinien zu treffen und damit auch «für eine gewisse Entlastung zu sorgen, was die russischen Angriffe in der Ukraine anbelangt», begründete Frei seine Einschätzung. «Das ist umso notwendiger, als die Ukrainer mit einem Bruchteil der Schussmunition auskommen müssen, die die Russen zur Verfügung haben.» Er fügte hinzu: «Deswegen könnte ich mir gut vorstellen, dass auch der Bundeskanzler irgendwann an den Punkt kommt, wo er es machen wird.»
Union weist Scholz-Kritik an Taurus-Debatte zurück
Kritik von Scholz an der auch aus der Union forcierten Debatte über eine Taurus-Lieferung wies Frei scharf zurück. Scholz kommuniziere zu spät und sei damit «eine wesentliche Ursache für die Art und Weise der Debatte».
Der Kanzler hatte auch vor dem Hintergrund, dass Deutschland rein nach dem Volumen zweitgrößter Waffenlieferant der Ukraine ist, kritisiert: «Die Debatte in Deutschland ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.» Er wünsche sich eine Diskussion, die Besonnenheit nicht diskreditiere als etwas, das zögerlich sei. Frei entgegnete: «Für den Bundeskanzler wäre es wichtig, von vorne zu führen, klare Ansagen zu machen und vor allen Dingen in der Kommunikation nicht zusätzliche Unsicherheiten zu schüren.»
Scholz lehnt eine Taurus-Lieferung auch mit der Begründung ab, Deutschland könne so in den Krieg hineingezogen werden. Frei sagte, wenn der Kanzler «eine politische Entscheidung trifft, dann ist es natürlich zunächst einmal zu akzeptieren. Er ist der Bundeskanzler». Die Entscheidung sei aber durch die jüngsten Äußerungen von Scholz «nicht plausibler geworden». So habe der Kanzler bei der Frage, ob deutsche Soldaten bei einer Taurus-Lieferung in der Ukraine eingesetzt werden müssten, «eine Begründung geliefert, die der Einschätzung der Luftwaffenführung objektiv widersprochen hat».
Nachdem die Unionsfraktion jüngst zweimal Anträge zur Lieferung von Taurus-Raketen in den Bundestag eingebracht und dabei teilweise auch Zustimmung aus der FDP bekommen hatte, soll es nun in absehbarer Zeit keine ähnliche Abstimmung geben. «Derzeit habe ich keine Veränderung in der Debatte wahrgenommen, und deswegen gibt es auch keine Notwendigkeit, warum wir diese oder in einer der folgenden Wochen so etwas erneut zur Abstimmung stellen sollten», sagte der CDU-Politiker.
Frei: Außenpolitik nicht von Stimmungen abhängig machen
Zur Frage, ob dies angesichts der eher ablehnenden Haltung in der Bevölkerung zu einer Taurus-Lieferung mit anstehenden Wahlkämpfen zu tun habe, sagte Frei: «Natürlich muss man schauen, wie die Menschen die Situation einschätzen.» Insbesondere außenpolitische Entscheidungen könnten aber nicht von Stimmungslagen abhängig gemacht werden.
«Unabhängig davon, dass wir damit vielleicht öffentlich keine Punkte machen können, halten wir unsere Haltung für richtig.» Auf die Frage, ob eine künftige unionsgeführte Bundesregierung Taurus-Raketen an die Ukraine liefern würde, antwortete Frei: «Ja.»
Union: Kein Aufweichen der Schuldenbremse
Im Raum stehen auch Überlegungen, dass bei einer Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten es Forderungen nach mehr deutscher Finanzhilfe für die Ukraine geben könnte. Dennoch hielt Frei an der Schuldenbremse und der Ablehnung eines Sonderfonds zur Ukraine-Hilfe fest. Einen solchen Sonderfonds «würde ich heute ausschließen», sagte er. Derartige Fonds mache man, «wenn sozusagen aus dem Nichts heraus große Herausforderungen für den Staat entstehen». Dies sei bei der Ukraine nicht der Fall.
Die Verantwortung von Scholz als Bundeskanzler sei es, aus der richtigen Analyse einer Zeitenwende die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. «Da hat die Bundesregierung in den letzten zwei Jahren nicht geliefert», kritisierte Frei. «Und es würde nicht dadurch besser werden, dass wir weiteres schuldenfinanziertes Geld zur Verfügung stellen würden.»