Vor einem halben Jahr legt der Gesundheitsminister erste Pläne für die Cannabis-Legalisierung vor. Sie gehen wohl zu weit und werden überarbeitet. Mit Spannung warten die Befürworter nun darauf, was kommt.
Maximal drei Pflanzen auf dem Fensterbrett, höchstens 25 Gramm für den Eigenbedarf und Vereine zum gemeinschaftlichen Anbau von Gras – so könnte der erste Schritt der von der Ampel angestrebten Cannabis-Legalisierung in Deutschland aussehen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) wollen heute (12. April) in Berlin überarbeitete Pläne dafür vorstellen. «Die Legalisierung von Cannabis: sie kommt doch», schrieb Lauterbach vorab bei Twitter. Doch sie wird voraussichtlich nicht so weitreichend wie ursprünglich von der Ampel-Koalition geplant.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenFachpolitiker der Koalition zeigten sich dennoch froh, dass sich nun etwas bewegt. «Ein verspätetes Osterei liegt im Hanfnest!», twitterte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther. «Endlich!», schrieb die drogenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Kristine Lütke. Sie sei «sehr gespannt».
In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP noch verabredet, die «kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften» einzuführen. Solche Cannabis-Shops gibt es etwa in den USA in einigen Bundesstaaten. Im Oktober hatte Lauterbach als zuständiger Minister – der ursprünglich selbst gegen eine Cannabis-Legalisierung war – Vorschläge dafür vorgelegt (Eckpunkte). Seitdem warten die Befürworter auf einen Gesetzentwurf.
Die Materie ist rechtlich schwierig: Von Anfang an gab es Bedenken, dass das Ampel-Vorhaben an internationalem und EU-Recht scheitern könnte oder davon ausgebremst wird. So haben sich die Staaten des Schengen-Raums beispielsweise im «Schengener Durchführungsübereinkommen» dazu verpflichtet, «die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden».
Neue Eckpunkte wohl nicht so weitreichend
Lauterbach hatte Mitte März zwar gesagt, er habe von der EU-Kommission sehr gute Rückmeldungen zu dem Vorhaben bekommen. Aber auch der SPD-Parteivorstand kam kürzlich zu dem Schluss: «Eine umfassende Legalisierung ist aus europarechtlichen Gründen offensichtlich kurzfristig nicht umsetzbar.» Die neuen Eckpunkte, die heute vorgelegt werden sollen, sind nach allem, was vorab durchgesickert, allerdings noch nicht bestätigt ist, daher nicht so weitreichend, wie die ursprünglichen:
- Maximal 30 Gramm «Genusscannabis» zum Eigenkonsum sollen straffrei sein. Das war der ursprüngliche Plan. Nun sollen es nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) 25 Gramm sein.
- «Drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person» sollen im Eigenanbau erlaubt sein. Bei den drei Pflanzen aus dem ursprünglichen Entwurf bleibt es voraussichtlich.
- Die Droge sollte ursprünglich in Cannabis-Shops («lizenzierte Fachgeschäfte») oder eventuell auch Apotheken legal ab 18 gekauft werden können. Das war der Kern der Legalisierungspläne der Ampel. Doch dieses Vorhaben wird nun wahrscheinlich fallengelassen und damit auch der Plan eine «staatlich kontrollierte Lieferkette» vom Anbau über Lieferung bis zum Verkauf aufzubauen.
- Eine Abgabe in lizenzierten Geschäften ist verschiedenen Berichten zufolge nur noch wissenschaftlich begleitet in regionalen Modellprojekten geplant. Da würde sich allerdings die Frage stellen, wie Cannabis-Tourismus innerhalb Deutschlands unterbunden werden soll.
- Eine Art Zwischenschritt zum freien Verkauf könnten sogenannte Cannabis-Social-Clubs darstellen. Dafür hatte sich auch der SPD-Vorstand ausgesprochen: «Zentraler Bestandteil der Legalisierung sind für uns sogenannte Cannabis-Social-Clubs (CSC)». In solchen Vereinen könnten sich Mitglieder mit Cannabis-Produkten aus eigenen Anbau versorgen. Nach dpa-Informationen könnten dort maximal 25 Gramm auf einmal und höchstens 50 Gramm pro Monat an Vereinsmitglieder abgegeben werden. Nicht-Mitglieder können kein Cannabis bekommen.
Erwartungen heute eher verhalten
In der Cannabis-Wirtschaft hofft man seit langem auf einen Boom durch eine mögliche Legalisierung in Deutschland: Von Herstellern von Cannabisöl-Verdampfern über Firmen, die sich auf Saatgut und Gewächshausbeleuchtung spezialisiert haben bis hin zu Herstellern von Arzneimitteln auf Cannabis-Basis hoffen viele auf gute Geschäfte.
Die Erwartungen waren vorab eher verhalten: Man müsse zunächst die Details der Ampel-Pläne auswerten und sehen, ob damit Investitionsentscheidungen möglich würden und der Schwarzmarkt spürbar zurückgedrängt werden könne, sagte Jürgen Neumeyer, vom Branchenverband der Cannabiswirtschaft der dpa.