Der letzte reguläre Wolodymyr Selenskyj vor der Sommerpause soll eine formelle Entscheidung zur Neubesetzung von Spitzenposten bringen. Für Ursula von der Leyen ist es allerdings nur ein Zwischenschritt.
EU-Kommissionspräsidentin, EU-Chefdiplomat und EU-Ratspräsident: Bei einem EU-Gipfel in Brüssel soll an diesem Donnerstag und Freitag eine formelle Entscheidung zur Neubesetzung von EU-Spitzenposten nach der Europawahl getroffen werden. Als nahezu sicher gilt, dass die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen dabei für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission nominiert wird.
Eine informelle Einigung von Staats- und Regierungschefs der großen europäischen Parteienfamilien vor dem Gipfel sieht zudem vor, dass die liberale estnische Regierungschefin Kaja Kallas den Posten der EU-Außenbeauftragten bekommt und der sozialdemokratische frühere portugiesische Regierungschef António Costa zum EU-Ratspräsidenten gewählt wird. In dieser Position wäre Costa dann dafür zuständig, die EU-Gipfel vorzubereiten und die Arbeitssitzungen zu leiten.
Selenskyj wird zu Gipfel erwartet
Am Rande des Spitzentreffens ist zudem vorgesehen, eine Vereinbarung über die Sicherheitszusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU zu unterzeichnen. Dazu wird auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Brüssel erwartet. Neben dem Personalpaket soll beim Gipfel eine sogenannte strategische Agenda für die Jahre bis 2029 angenommen werden. Mit ihr werden für die nächsten fünf Jahre die Ausrichtung und die Ziele der EU festgelegt. Zudem stehen Beratungen zur Lage im Nahen Osten sowie zur Wettbewerbsfähigkeit und Verteidigungsindustrie der EU auf der Agenda.
Grundlage der informellen Einigung auf das Personalpaket ist das Ergebnis der Europawahl vor etwas mehr als zwei Wochen. Bei ihr erzielte das Mitte-Rechts-Bündnis EVP mit der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen als Spitzenkandidatin das mit Abstand beste Ergebnis. Sie will nun mit der zweitplatzierten Parteienfamilie der Sozialdemokraten (S&D) und den Liberalen (Renew) eine informelle Koalition bilden will. Für die EVP – zu der auch CDU und CSU gehören – verhandelten federführend der polnische Ministerpräsident Donald Tusk und der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, für die Sozialdemokraten Bundeskanzler Olaf Scholz und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez. Die Liberalen setzen auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und den scheidenden niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte als Verhandlungsführer.
Nun muss das Personalpaket auch formell beim Gipfel beschlossen werden. Dafür braucht es die Zustimmung von 20 EU-Staaten, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten. Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte sich zuletzt erbost darüber gezeigt, dass sie trotz des guten Ergebnisses ihrer Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) bei der Europawahl nicht direkt an den Gesprächen über das Personalpaket beteiligt wurde. Ihre Zustimmung wird aller Voraussicht nach aber auch nicht benötigt.
Parlament kann von der Leyen noch verhindern
Das EU-Parlament kann den Staats- und Regierungschefs aber theoretisch noch einen Strich durch die Rechnung machen. Eine Mehrheit des Parlaments muss die Besetzung der Kommission bestätigen. Das informelle Bündnis aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen hat theoretisch eine komfortable Mehrheit von etwa 400 der 720 Stimmen. Es wird aber damit gerechnet, dass eine gewisse Zahl von Abgeordneten in der geheimen Wahl von der Fraktionslinie abweichen und von der Leyen nicht ihre Stimme geben werden. Deswegen wird davon ausgegangen, dass sich von der Leyen auch noch um Stimmen von Abgeordneten anderer Parteien bemühen wird, insbesondere um die der Grünen. Vertreterinnen und Vertreter der Grünen hatten jüngst immer wieder Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Ukraine bekommt Sicherheitszusagen
Das Sicherheitsabkommen, das die EU mit der Ukraine unterzeichnen will, geht auf eine Initiative der Mitglieder der G7-Gruppe westlicher Wirtschaftsmächte zurück. Sie hatten am Rande des Nato-Gipfels im litauischen Vilnius im vergangenen Jahr vereinbart, dass einzelne Staaten mit der Ukraine bilaterale Vereinbarungen abschließen sollten, um deren Sicherheit langfristig zu gewährleisten. Länder wie Großbritannien, Deutschland und Frankreich machten im Januar und Februar den Anfang. Zuletzt folgten untere anderem die USA.
Mit den Abkommen werden der Ukraine unter anderem Waffenlieferungen, Finanzhilfen und politische Kooperation zugesichert. Sie sollen helfen, die Zeit bis zum angestrebten Nato-Beitritt des Landes zu überbrücken. Deutschland hat der Ukraine beispielsweise zugesagt, seine militärische Unterstützung fortzusetzen und auszubauen – unter anderem durch weitere Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten.
Zuletzt war Selenskyj Ende Mai in Brüssel, um ein Sicherheitsabkommen zwischen seinem Land und Belgien zu unterzeichnen. Mit ihm wird der Ukraine unter anderem die Lieferung von 30 Kampfjets vom Typ F-16 zugesagt.