Tarifbezahlung in der Pflege greift

Eine Pflegekraft geht in einem Stuttgarter Pflegeheim mit einer älteren Frau über den Flur.
Eine Pflegekraft geht in einem Stuttgarter Pflegeheim mit einer älteren Frau über den Flur. (Bild: Christoph Schmidt/dpa)

WOCHENBLATT
WOCHENBLATT

Pflegekräfte werden dringend gesucht, viele sind überlastet. Daher sollen bessere Bedingungen her, auch beim Geld. Um das durchzusetzen, greifen jetzt gesetzliche Neuregelungen. Doch wo landen die Kosten?

Berlin (dpa) – Angesichts der nun verpflichtenden Tarifbezahlung in der Altenpflege hat der Sozialverband VdK immer weitere Belastungen für Pflegebedürftige kritisiert. «Die Politik hat es versäumt, die tarifliche Bezahlung von Pflegekräften – die wir natürlich begrüßen – auch vernünftig gegenzufinanzieren», sagte Präsidentin Verena Bentele am Dienstag. Viele Einrichtungsträger und Dienste-Anbieter reichten die Kosten daher an die Pflegedürftigen weiter. Ab diesem Donnerstag darf es Versorgungsverträge nur noch mit Pflegeheimen geben, die nach Tarif oder ähnlich zahlen. Dies war noch von der alten schwarz-roten Bundesregierung auf den Weg gebracht worden.

Inzwischen haben rund 90 Prozent aller Einrichtungen eine entsprechende verpflichtende Rückmeldung zur Tariftreue abgegeben, wie der Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Zum Ende einer Frist zum 30. April waren es 78 Prozent gewesen. Seitdem gingen knapp 9900 Nachmeldungen von Einrichtungen zur Umsetzung der Regelungen ein.

Die Chefin des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, sagte der dpa, für die Pflegekassen und die Pflegeeinrichtungen seien die Regelungen zur Tariftreue mit einem erheblichen Aufwand verbunden. «Aber die Umsetzung ist auf einem guten Weg.» Grundsätzlich werde das Ziel einer angemessenen Bezahlung der Beschäftigten in der Pflege unterstützt. Unklar seien aber die genauen finanziellen Auswirkungen.

«Fest steht, dass höhere Löhne auch zu höheren Kosten führen werden», erläuterte Reinmann. «Es besteht die Gefahr, dass sie in Form höherer Eigenanteile auf die Pflegebedürftigen abgewälzt werden.» Angesichts der dramatischen Finanzlage der Pflegeversicherung, die ohnehin mit dem Rücken zur Wand steht, seien dringend nachhaltige Lösungen nötig.

Eine Milliarde jährlich als Zuschuss vom Bund

Um zur Versorgung zugelassen zu werden, haben Einrichtungen laut Bundesgesundheitsministerium nunmehr drei Möglichkeiten: Sie können selbst einen Tarifvertrag abschließen, mindestens entsprechend eines regional anwendbaren Tarifvertrags bezahlen oder mindestens in Höhe des Durchschnitts aller Tariflöhne in der Region entlohnen. Der AOK-Bundesverband hat eine Zusammenführung und Plausibilisierung der Rückmeldungen der Pflegeeinrichtungen übernommen.

Zur Finanzierung stieg der Pflegebeitrag für Menschen ab 23 Jahre ohne Kinder bereits von 3,3 auf 3,4 Prozent. Der Bund gibt zudem nun jährlich eine Milliarde Euro als Zuschuss in die Pflegeversicherung. Teil der Reform sind auch Entlastungen für Heimbewohner bei selbst zu zahlenden Anteilen. Sie bekommen seit Jahresbeginn neben Zahlungen der Pflegekasse einen Zuschlag, der mit der Pflegedauer steigt.

VdK-Präsidentin Bentele verwies auch auf Erhöhungen für steigende Energiekosten. Für viele Pflegebedürftige bleibe nur der Gang zum Sozialamt. «Wir befürchten zudem, dass viele zu Hause Gepflegte auf Leistungen verzichten.» Die Pflegeversicherung müsse endlich alle Pflegeleistungen übernehmen.