Liebesbeweis und begehrtes Diebesgut: Der Maibaum

Bäume sind ein Zeichen des Lebens und stehen für Wachstum, Fruchtbarkeit und Standhaftigkeit.
Bäume sind ein Zeichen des Lebens und stehen für Wachstum, Fruchtbarkeit und Standhaftigkeit. (Bild: Pixabay)

Pünktlich zum Start in den Mai ist es vielerorts wieder so weit: bunt geschmückte Maibäume werden aufgestellt – entweder feierlich auf dem Dorfplatz oder heimlich nachts im Vorgarten der Angebeteten. Aber was hat es mit dieser besonderen Tradition eigentlich auf sich? Wir sind für Sie auf Spurensuche gegangen.

Liebesmaien – Liebesbekenntnis einmal anders

Um die Liebe auf dem Dorf offiziell zu machen ist es in Schwaben seit jeher Tradition, dass männliche Jugendliche und junge Männer in der Nacht auf den 1. Mai am Haus der Freundin oder Angebeteten einen Baum anbringen – den sogenannten Maien.

Diese Birken oder Tannen werden in der Regel mit buntem Krepp-Papier verziert und mit einem roten Maienherz aus Holz oder Pappe versehen. Auf diesem steht der Name der verehrten jungen Dame. Aber natürlich wird nicht verraten, werden den Liebesmaien aufgestellt hat. Die „Beschenkte“ muss also genau überlegen, bei welchem Mann sie hoch in der Gunst steht.

Ein geheimnisvolles Liebesgeständnis an die Liebste wird mit einem kleinen Maien überbracht.
Ein geheimnisvolles Liebesgeständnis an die Liebste wird mit einem kleinen Maien überbracht. (Bild: Pixabay)

Ist der Maibaum erst einmal ordnungsgemäß aufgestellt – bei Bäumen von 5-10 Metern Länge kein ganz leichtes Unterfangen mitten in der Nacht – bleibt dieser einen Monat lang stehen. Am 1. Juni wird der Maibaum schließlich wieder von demjenigen abgeholt, der ihn auch gestellt hat. Also spätestens dann erfährt die junge Frau, wer ihr diese besondere Freude bereitet hat. Üblicherweise wird der Baumabholer mit einer Einladung zum Essen und einem Kasten Bier belohnt.

Vielerorts gibt es jedoch auch die Tradition, dass der junge Mann von der Mutter der Angebeteten einen Kuchen, vom Vater einen Kasten Bier und von ihr selbst einen Kuss erhält. Kuchen und Bier werden zumeist an die Junggesellen verteilt, welche den Baum „auslösen“ – zumeist dieselben, die auch schon beim Setzen des Baumes geholfen haben. Bevor der Baum schließlich abtransportiert wird, darf sich die Angebetete noch eine dünne Scheibe vom Fuß des Stammes als Erinnerung absägen.

Interessant für alle Männer: In Schaltjahren ist die Tradition in vielen Region genau umgekehrt – dann stellen die jungen Frauen ihrem Schwarm einen Liebesmaien vors Haus oder in den Garten.

Klassischer Maibaum

Damit auch alle Verheirateten und zurzeit nicht angebeteten etwas vom Maibaum haben, gibt es in vielen Orten Oberschwabens jedes Jahr am 30. April oder direkt am 1. Mai ein Maibaumstellen. Dieses findet in der Regel auf dem Dorfplatz statt und wird feierlich mit Musik begleitet. Wird der Baum bereits am Vorabend des 1. Mai aufgestellt, geht die Veranstaltung in einen weitläufig bekannten Maitanz (auch Tanz in den Mai genannt) über.

Bei den festlich aufgestellten Maibäumen handelt es sich zumeist um hochstämmige Tannen, welche bis nahe der Spitze entastet und anschließend kunterbunt verziert werden. Die Gestaltung der Maibäume kann jedoch von Region zu Region sehr unterschiedlich aussehen. Grundsätzlich sind sie aber mindestens mit einem großen Kranz aus Tannenzwiegen und vielen bunten Fahnen versehen.

Der Maibaum wird traditionell mit Hand aufgestellt.
Der Maibaum wird traditionell mit Hand aufgestellt. (Bild: Pixabay)

Bevor der Maibaum schließlich aufgestellt wird, erfolgt eine feierliche Prozession durchs Dorf. Hier können alle Schaulustigen den schönen Maibaum bestaunen und sich in die richtige Stimmung für das Maibaumstellen bringen.

Auch diese Maibäume bleiben fast immer genau einen Monat stehen und werden, je nach Region, anschließend verlost oder versteigert und helfen dem oder der neuen Besitzer/in warm durch den nächsten Winter zu kommen.

Maibaumstehlen – ein lustiger Kampf um Ruhm und Ehre

Neben dem Aufstellen von Maibäumen gibt es eine weitere Tradition: das Stehlen der Maibäume. Hierbei versuchen „Diebe“ benachbarter Dörfer oder Gemeinden den Maibaum einer anderen Ortschaft zu klauen. Gelingt dies, wird der Maibaum bis zum 1. Mai versteckt und dann feierlich neben dem eigenen Maibaum aufgestellt. Um dies zu verhindern, hat jede Gemeinde Maibaumwächter. Sie sollen den Baum vor unrechtmäßiger Entwendung schützen und dadurch das ganze Dorf vor Spott und Häme bewahren.

Mitglieder des Burschenvereins Harlaching heben das obere Viertel eines Maibaums an um ihn auszurichten und auf Holzböcken abzulegen. In so einem Maibaum steckt eine Menge Zeit und Arbeit.
Mitglieder des Burschenvereins Harlaching heben das obere Viertel eines Maibaums an um ihn auszurichten und auf Holzböcken abzulegen. In so einem Maibaum steckt eine Menge Zeit und Arbeit. (Bild: picture alliance/dpa | Tobias Hase)

Aus diesem Grund versuchen die Bestohlenen, den Maibaum vorher bei den Dieben auszulösen. Bei der Auslöse handelt es sich in den meisten Fällen um Naturalien (Getränke und Essen). Nach erfolgreichen Rückgabeverhandlungen wird der gestohlene Baum, oft in Begleitung einer feierlichen Prozession mit Blasmusik, von den Dieben zu seinem rechtmäßigen Eigentümer zurückgebracht. Scheitern die Verhandlungen, wird der Maibaum dann am 1. Mai als „Schandbaum“ für das bestohlene Dorf neben dem eigenen Maibaum aufgestellt. Diese Tradition hat ihren Ursprung in Nieder- und Oberösterreich und ist in Deutschland heute hauptsächlich noch in Bayern Usus.

Für alle Hobbydetektive heißt es nun also bis zum 1. Mai: Augen auf nach Baumdieben! Denn wer weiß, vielleicht handelt es sich beim netten Nachbarn von nebenan ja um einen gemeingefährlichen Maibaumdieb. Und eine bestohlene Gemeinde würde sich, bei sachdienlichen Tipps zum Aufenthaltsort ihres gestohlenen Maibaums, ganz bestimmt erkenntlich zeigen…

Regeln zum Maibaum klau und wie er ehrenvoll gestohlen werden kann, lesen Sie hier.

Wohin am 1. Mai? Wir haben Tipps aus der Region zusammengefasst.