Friedensnobelpreis für Iranerin Narges Mohammadi

Friedensnobelpreis für Iranerin Narges Mohammadi
«Ich werde nie aufhören, für die Verwirklichung von Demokratie, Freiheit und Gleichheit zu kämpfen», zitiert die «New York Times» aus einem Statement von Narges Mohammadi. Hier bei einer Demo in Teheran im Jahr 2002. (Bild: Hasan Sarbakhshian/AP/dpa)

Deutsche Presse-Agentur
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«Frau, Leben, Freiheit»: Entgegen aller Widerstände des Staates kämpfen Frauen im Iran für ihre Rechte. Die inhaftierte Narges Mohammadi ist eine der prominentesten Stimmen der Bewegung. Nun erhält sie für ihren mutigen Einsatz den Friedensnobelpreis.

Die inhaftierte Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi aus dem Iran wird in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Sie bekommt den prestigeträchtigen Preis «für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit für alle», wie die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Bekanntgabe am Freitag in Oslo sagte.

Narges Mohammadi ist eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran und wurde bereits mehrfach inhaftiert. Aktuell verbüßt die 51-Jährige eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran. Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, brachte Mohammadi einen Bericht ans Licht, der mutmaßliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.

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Schon seit ihrer Zeit als Studentin vor rund drei Jahrzehnten habe Mohammadi ein Leben mit einem «kalkulierten Risiko» geführt, sagte Reiss-Andersen bei der Bekanntgabe. «Ihr mutiger Kampf ist mit enormen persönlichen Kosten einhergegangen.» Insgesamt 13 Mal sei sie festgenommen und 5 Mal verurteilt worden. Die Strafen beliefen sich auf zusammengenommen 31 Jahre Gefängnis und 154 Peitschenhiebe.

Die Norwegerin machte deutlich, dass der Nobelpreis auch die gesamte Bewegung würdige, die unter dem Slogan «Frau, Leben, Freiheit» auf die iranischen Straßen gegangen war. «Dieser Preis ist in erster Linie eine Anerkennung der sehr wichtigen Arbeit einer ganzen Bewegung im Iran mit ihrer unangefochtenen Anführerin Narges Mohammadi», sagte Reiss-Andersen.

Freilassung gefordert

Die Bundesregierung begrüßte die Entscheidung des Nobelkomitees. «Die Auszeichnung von Frau Mohammadi steht auch stellvertretend für alle mutigen Frauen Irans, die sich für Gleichberechtigung und Menschenrechte einsetzen», sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin. Dies geschehe oft unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Freiheit.

Beim Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri stieß die Auswahl von Mohammadi ebenfalls auf Zustimmung. «Narges Mohammadi ist eine herausragende Person, mutig bis hin zum Heldentum und seit mehr als 25 Jahren eine führende Persönlichkeit in der iranischen Bewegung für Menschenrechte und Geschlechtergleichstellung», sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur. Es stehe außer Zweifel, dass Mohammadi eine außergewöhnliche Persönlichkeit sei.

Die Vereinten Nationen forderten nach der Bekanntgabe die Freilassung von Mohammadi und aller inhaftierten Menschenrechtsverteidiger im Iran. «Frauen im Iran sind eine Inspiration für die Welt», sagte Liz Throssell, Sprecherin des UN-Büros für Menschenrechte, in Genf.

Angesichts einer angespannten Weltlage mit Ukraine-Krieg, Klimakrise sowie weiteren Krisen und Konflikten in verschiedenen Erdteilen waren in diesem Jahr 259 Persönlichkeiten und 92 Organisationen für den Friedensnobelpreis im Rennen. Die Gesamtzahl von 351 Kandidatinnen und Kandidaten war damit die zweithöchste jemals. Wer unter den Nominierten ist, wird von den Nobel-Institutionen traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten.

Wichtigster politischer Preis

Der Friedensnobelpreis gilt als wichtigster politischer Preis der Erde. Im vergangenen Jahr waren der inhaftierte belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki sowie die Menschenrechtsorganisationen Memorial aus Russland und Center for Civil Liberties aus der Ukraine ausgezeichnet worden. Sie wurden damit unter anderem für ihren Einsatz für die Zivilgesellschaften in ihren Heimatländern, das Recht auf Machtkritik und den Schutz der Grundrechte der Bürger geehrt.

Die Nobelpreise gehen auf das Testament des schwedischen Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Der Friedensnobelpreis ist dabei der einzige, der nicht in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, sondern in der norwegischen Hauptstadt Oslo vergeben wird. In Stockholm waren von Montag bis Donnerstag bereits die Preisträgerinnen und Preisträger in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Literatur verkündet worden. Zum Abschluss der diesjährigen Preisbekanntgaben folgt am Montag noch der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

Alle Auszeichnungen sind in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) pro Kategorie und damit mit einer Million Kronen mehr als in den Vorjahren dotiert. Feierlich überreicht werden sie dann traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Nobel. Ob die iranische Führung Mohammadi dafür die Reise nach Norwegen erlaubt, ist noch unklar.