Teilmobilisierung, Scheinreferenden, Annexion – Russland eskaliert den Krieg gegen die Ukraine immer weiter. Die EU reagiert mit neuen Sanktionen. Treffen soll es unter anderem Russlands Ölsektor.
Brüssel (dpa) – Die EU-Staaten haben ein achtes Paket mit Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht. Die ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten billigten am Mittwoch unter anderem die rechtlichen Voraussetzungen für einen von den G7-Staaten unterstützten Preisdeckel für Ölimporte aus Russland. Das bestätigten mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Die Einigung muss nun noch im schriftlichen Verfahren von den Hauptstädten bestätigt werden. Dies sollte bis Donnerstagvormittag geschehen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Einigung: «Wir werden weder Putins Scheinreferenden noch irgendeine Art von Annexion in der Ukraine akzeptieren», schrieb die deutsche Politikerin auf Twitter. Man sei entschlossen, den Kreml weiter zur Kasse zu bitten. Von der Leyen hatte das Paket Mitte vergangener Woche vorgeschlagen. Kremlchef Wladimir Putin erklärte kurz darauf vier besetzte ukrainische Gebiete zu russischem Staatsgebiet. International wird dieser Schritt nicht anerkannt. Auch die Staats- und Regierungschefs der EU erklärten die Entscheidung für nichtig.
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Mehr InformationenLitauens Außenminister Gabrielius Landsbergis hält die neuen Sanktionen für schwach. «Die Zeit für starke Pakete ist vorbei, und beim Lesen der vorgelegten Dokumente hat man manchmal den Eindruck, dass es mehr Ausnahmen als Sanktionen gibt», sagte er im litauischen Radio. «Trotzdem ist es besser als nichts, als gar kein Paket».
Keine Posten mehr für EU-Bürger bei Staatskonzernen
Teil der Grundsatzeinigung vom Mittwoch sind unter anderem Exportverbote, die etwa bestimmte Schlüsseltechnologien für die Luftfahrt betreffen. Zudem soll es unter anderem ein Importverbot für bestimmten Stahl aus Russland geben.
Auch soll es EU-Bürgern künftig verboten sein, Sitze in Führungsgremien russischer Staatsunternehmen einzunehmen. Dafür hatte sich vor allem die Bundesregierung eingesetzt, nachdem Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) lange Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft gewesen war. Hinzu kommen etwa Strafmaßnahmen gegen Personen, die bei der Durchführung der Scheinreferenden in den mittlerweile durch Russland annektierten Gebieten auf ukrainischem Gebiet geholfen haben. Sie werden mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt.
Mit dem neuen Sanktionspaket schaffen die EU-Staaten zudem die Grundlage dafür, dass Russland Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis verkaufen muss als derzeit. Auf dieses Vorgehen hatte sich bereits die G7-Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien Anfang September verständigt. Demnach soll der Seetransport von Erdölprodukten und Rohöl aus Russland weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimmten Preis gekauft wurde. Ein konkretes Limit dafür gibt es bislang nicht. Funktionieren könnte dies, indem wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regel geknüpft werden.
Ungarn sieht seine Interessen gewahrt
Dadurch sollen die Einnahmen Moskaus reduziert werden, aus denen auch der Krieg gegen die Ukraine finanziert wird. Zu den G7 gehören unter anderem die drei EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Italien. Die EU selbst hat bereits beschlossen, dass ab dem 5. Dezember kein russisches Rohöl mehr über den Seeweg in die Europäische Union eingeführt werden darf.
Unklar war vor allem, ob Ungarn den neuen Sanktionen zustimmen würde. Ministerpräsident Viktor Orban hatte zuletzt immer wieder gegen die bereits beschlossenen Strafmaßnahmen gewettert, obwohl seine Regierung die Beschlüsse – zum Teil mit Ausnahmen für das eigene Land – mitgetragen hatte. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto sagte nach Angaben eines Regierungssprechers nun, dass die neuen Sanktionen Ungarns Interessen nicht verletzten. Es gebe Ausnahmen für all jene Strafmaßnahmen, die etwa die Sicherheit der ungarischen Energieversorgung berührten. Länder wie Zypern und Griechenland wiederum hatten Bedenken, weil sie große Tankerflotten haben, die Öl transportieren.