Im Jahr 1983 erschütterte ein Skandal die deutsche Medienlandschaft, der bis heute als einer der größten Medienskandale gilt. Das Magazin „Stern“ verkündete damals die Entdeckung der vermeintlichen Tagebücher Adolf Hitlers – ein Fund, der als historische Sensation angekündigt wurde. Doch nur wenige Wochen später kam die bittere Wahrheit ans Licht: Die Tagebücher waren eine Fälschung. Der Mann hinter dem spektakulären Fund, Reporter Gerd Heidemann, ist nun im Alter von 93 Jahren verstorben.
Die Enthüllung der „Hitler-Tagebücher“
Am 22. April 1983 meldete der „Stern“, er habe 60 geheime Tagebücher Adolf Hitlers aus der Zeit von 1932 bis 1945 entdeckt. Die Chefredaktion präsentierte die Dokumente als bahnbrechenden Fund, der die Biografie Hitlers und die Geschichte des NS-Regimes neu schreiben könnte. Doch die ersten Zweifel ließen nicht lange auf sich warten. Namhafte Historiker wie Martin Broszat und Eberhard Jäckel äußerten Skepsis. Auch internationale Experten wie der britische Historiker Hugh Trevor-Roper nannten die Dokumente eine Fälschung.
Die Täuschung und ihre Folgen
Gerd Heidemann, der die Tagebücher entdeckt haben wollte, fiel auf den Fälscher Konrad Kujau herein. Kujau hatte die Dokumente detailreich und kunstvoll gefälscht, doch eine Untersuchung des Bundesarchivs in Koblenz entlarvte die angeblichen Tagebücher als Produkt einer Fälscherwerkstatt. Der Skandal kostete den Verlag Gruner + Jahr 9,3 Millionen D-Mark und zog rechtliche Konsequenzen nach sich: Kujau wurde zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt, Heidemann erhielt eine Strafe von vier Jahren und acht Monaten.
Das Vermächtnis des Medienskandals
Der Skandal hat nicht nur die Glaubwürdigkeit des „Stern“ schwer beschädigt, sondern auch bis heute anhaltende kulturelle Spuren hinterlassen. Bereits 1992 wurde der Fall in der satirischen Filmkomödie „Schtonk!“ von Helmut Dietl verarbeitet. In jüngerer Zeit widmete sich der „Stern“ selbstkritisch dem Thema in dem Podcast „Faking Hitler“, und 2021 erschien eine gleichnamige RTL+-Serie.
Ein dunkles Kapitel in der Mediengeschichte
2023, 40 Jahre nach dem Skandal, wurden die 52 gefälschten Kladden dem Bundesarchiv in Koblenz übergeben. Dort sollen sie digitalisiert und im Kontext authentischer Quellen als Fälschungen dokumentiert werden. Bundesarchiv-Präsident Michael Hollmann betonte, dass die gefälschten Tagebücher in den 1980er Jahren geeignet gewesen wären, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verharmlosen. Umso wichtiger sei es, dieses Kapitel der Nachkriegsgeschichte kritisch aufzuarbeiten.
Das Erbe von Gerd Heidemann
Gerd Heidemann, einst gefeierter Reporter des „Stern“, wird vor allem mit diesem Skandal in Erinnerung bleiben. Sein Leben und Wirken sind eine Mahnung an die Bedeutung von Sorgfalt und kritischer Prüfung in der journalistischen Arbeit. Der Medienskandal um die Hitler-Tagebücher bleibt ein Lehrstück über Täuschung, Leichtgläubigkeit und die Verantwortung der Medien.