Überlastete Praxen – frustrierte Patienten

Wartende Patienten: Nicht nur in Zeiten von Corona und beginnender Grippewelle sind Arztpraxen schwer erreichbar.
Wartende Patienten: Nicht nur in Zeiten von Corona und beginnender Grippewelle sind Arztpraxen schwer erreichbar. (Bild: picture alliance / Sina Schuldt/dpa | Sina Schuldt)

Patienten müssen bei einem Anruf in ihrer Arztpraxis oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Die Gründe sind vielschichtig: Es gibt gerade noch ausreichend viele Ärzte, diese haben aber mit Personalproblemen zu kämpfen und besonders am Wochenanfang herrscht ein regelrechter Ansturm auf die Praxen.

Geduld ist gefragt

Wer krank ist, einen Termin vereinbaren, oder Medikamente bestellen möchte, hat es nicht leicht. Die telefonische Kontaktaufnahme mit den Praxen fordert von den Patienten eine große Portion Geduld. In manchen Praxen können Patienten nach den Ansagetexten zwar mit einer Ziffernauswahl ihr Anliegen auswählen, dies ist aber noch keine Garantie, dass der Anruf auch zum Ziel führt. Technische Unzulänglichkeiten und Personalprobleme in den Praxen, sorgen mitunter für Frust bei den Patienten. Besonders ärgerlich ist, wenn sich Patienten bei einigen Facharztpraxen endlose „Werbeschleifen“ mit kostenpflichtigen Zusatzbehandlungen anhören dürfen, ein telefonischer Kontakt aber nach gefühlten „Ewigkeiten“ trotzdem nicht zustande kommt. Bei anderen Praxen gibt es als Service für Rezepte eine spezielle Rufnummer, bei der die Patienten ihre Bestellung aufgeben können. Wir wollten wissen, welche Verbesserungsmöglichkeiten die Kassenärztliche Vereinigung (Baden-Württemberg) sieht und fragten bei deren Pressesprecher Kai Sonntag nach.

Montags werden die Praxen gestürmt

Sonntag, der die Situation gut kennt, schildert die Problemstellungen in den Praxen: „Bitte berücksichtigen Sie, dass das Anrufaufkommen teilweise extrem hoch ist. Eine der großen Krankenkassen hat einmal errechnet, dass an einem normalen Montag etwa jeder 12. Bundesbürger eine Arztpraxis aufsucht (!!). Mir ist klar, dass die Erreichbarkeit nicht nur an Montagen schwierig ist, es soll nur die Dimension verdeutlichen. Bitte berücksichtigen Sie auch, dass die Praxen corona-/grippebedingt Personalausfälle haben und viele MFA-Stellen in den Praxen nicht besetzt sind. Die Arztpraxen erleiden aktuell das gleiche Schicksal wie alle anderen Gesundheitsbereiche auch.“

Technische Lösungen für besseren Patientenservice

In seiner Analyse der Problemstellung sieht Sonntag den Ausbau der bestehenden Telefonanlagen und den Einsatz von modernen Kommunikationsmitteln als Verbesserungsmöglichkeit: „Viele Arztpraxen schaffen Abhilfe, indem sie automatisierte Anrufbeantwortungssysteme angeschafft haben, die einen Teil der Anrufe abfangen. Nicht wenige Anrufe (Rezepte, Überweisungen etc.) können auch so abgearbeitet werden. Und weiter gibt es immer mehr Praxen, die auf Onlinesysteme, etwa zur Terminbuchung, zurückgreifen.“

Die Zukunft bringt zusätzliche Probleme

Noch ist wenigstens die hausärztliche Versorgung im Ländle einigermaßen gesichert. In Baden-Württemberg sind derzeit aber schon hunderte Hausarztsitze offen. Die Zukunft sieht eher düster aus, denn in den kommenden Jahren wird sich die Situation deutlich verschärfen. In vielen Praxen gibt es bereits einen Aufnahmestopp, ca. 1400 Hausärzte sind über 60 Jahre alt, gehen also in absehbarer Zeit in den Ruhestand. Was dann?