Die Hälfte aller Ausbildungsplätze in Baden-Württemberg ist noch nicht besetzt. Dabei starten die meisten Lehren bereits nächsten Monat oder spätestens Ende September. Warum das so ist und wie man sich jetzt noch herausfindet, in welchem Job man gut aufgehoben wäre, fassen wir hier zusammen.
Nach den letzten Prüfungen in der Schule hat man die Qual die Wahl. Was mache ich jetzt? Ein Jahr lang verreisen, freiwilliges soziales Jahr oder direkt rein in Studium oder Ausbildung? Und wenn man sich für Letzteres entscheidet: Was genau soll man denn lernen? Braucht es ein Studium überhaupt? Und bin ich womöglich eine begnadete Chirurgiemechanikerin? Oder besser in der Tierpflege aufgehoben? Ärztin, Beamtin in der JVA oder vielleicht doch Journalismus?
Beruf vs. Berufung
Am besten versucht man sich in einem Feld, das einem sowieso schon liegt. Jemand mit Geduld und Geschick ist in einem anderen Job gut aufgehoben als ein grobmotorischer Redner, der es schafft, ein Publikum zu begeistern aber keinen Fahrradschlauch wechseln kann. Die meisten Menschen haben im Teenie-Alter zumindest eine leise Ahnung davon, was sie womöglich besser können als andere. Manche allerdings stehen im Alter von 16 oder 18 Jahren noch total auf dem Schlauch, was ihren beruflichen Werdegang betrifft. Für die aller wenigsten steht seit dem Kindergarten fest, dass sie Feuerwehrmann oder Tierarzt werden wollen und das ist auch völlig in Ordnung.
2022: Verstärkt Angebote zur beruflichen Orientierung an Schulen
Nach zwei Jahren pandemiebedingten Notlösungen gibt es 2022 wieder viele Angebote zur beruflichen Orientierung. Zum Beispiel wurde der Orientierungstest des Landes (Was studiere ich?) endlich um Ausbildungen erweitert. Heißt, dass einem nicht nur mögliche Studiengänge angezeigt werden, die gut passen könnten, sondern auch Ausbildungsberufe. Überhaupt fährt Baden-Württemberg gerade mächtiges Geschütz auf, um mehr Jugendliche davon zu überzeugen, dass eine Ausbildung eine gute Idee ist. Unter anderem mit einer Kampagne für Eltern.
„Nur“ eine Ausbildung genießt weniger Ansehen als ein Studium
Die soll dafür sorgen, dass Eltern ihrem Nachwuchs Ausbildungsberufe ans Herz legen. Oder die Eltern selbst erst einmal davon überzeugen, dass es keine Schande ist, wenn der Nachwuchs eben NICHT studiert. Denn das ist nach wie vor ein gesellschaftliches Problem. Der Glaube, dass ein Studium mehr wert sei als eine Ausbildung. Was Verdienstmöglichkeiten und persönliche Entwicklung und Aufstiegschancen betrifft, spielt die Art der Ausbildung nicht immer eine Rolle. In vielen Ausbildungsberufen verdient man zum Beispiel innerhalt weniger Jahre genau so viel oder sogar mehr als jemand mit einem vergleichbaren Studium.
Praktikumswoche – jeden Tag ein anderes Unternehmen kennen lernen
Aber um so etwas zu wissen und um herauszufinden, worauf man prinzipiell Bock hat, dafür muss man getestet haben, wofür man sich entscheidet. Zum Glück gibt es die Möglichkeit, Praktika zu absolvieren. Da kann man unverbindlich in verschiedene Betriebe und Branchen hinein schnuppern, ohne sich auf irgendetwas festlegen zu müssen. Und am Ende findet man vielleicht etwas so überraschend gut, dass der weitere Werdegang gar keine Frage mehr ist. Auch hier gibt’s vom Land Baden-Württemberg eine Initiative. Mit der Praktikumswoche hat man die Chance, an fünf Tagen in fünf Unternehmen zu schauen. Und diese Unternehmen sind so ausgewählt, dass es sich um… – genau! – fünf verschiedene Branchen handelt.
2022 wieder mehr Ausbildungsstellen als während der Pandemie
Wenn man dann etwas gefunden hat, das einem gefällt, stehen die Chancen darauf, den Ausbildungsplatz auch zu bekommen, sehr sehr gut. Denn in unserem Bundesland kommen auf 73.502 ausgeschriebene Lehrstellen gerade einmal 45.338 unterschriebene Verträge. Im Umkehrschluss heißt das: wahnsinnig viele unbesetzte Lehrstellen. Und eine davon wartet vielleicht auf genau DICH! Also nicht lange fackeln und einfach mal vorstellen!