Tote und Verletzte bei Hochwassern im westdeutschen Bundesgebiet

Die Feuerwehr versucht, die Wassermassen mit Sandsäcke zu stoppen.
Die Feuerwehr versucht, die Wassermassen mit Sandsäcke zu stoppen. (Bild: David Young/dpa)

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Schuld (wb / tmy) – Die Unwetter und der Dauerregen der vergangenen Tage und Stunden haben weitere Tote und Vermisstenfälle mit sich gebracht. Mindestens vier Todesopfer sind – Stand Donnerstagmorgen – in Schuld bei Adenau im Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz zu beklagen gewesen. Die Menschen hatten sich auf den Dächern ihrer Häuser in Sicherheit bringen wollen.

Doch dann stürzten sechs Gebäude ein, sodass die Menschen sowie ihr Hab und Gut in den Fluten mit sich gerissen wurden. Mindestens 50 bis 60 Personen werden zur Stunde noch vermisst. Auch viele weitere Landkreise in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen seien betroffen – Dutzende Rettungskräfte sind im Dauereinsatz und stoßen an ihre Grenzen.

Vorerst sei noch keine Entspannung in Sicht, weil in den kommenden Stunden zunächst weitere Regenfälle erwartet werden und viele An- und Bewohner in ihren Häusern, die von der Stromversorgung abgeschlossen sind, ausharren müssen und auf schnelle Hilfe angewiesen sind. Auch mehrere Straßen und Autobahnen sind überflutet, während die Bevertalsperre in Hückeswagen (NRW) derzeit überläuft.

Die Deutsche Presse Agentur berichtet:

Altena/Werdohl/Wuppertal/Trier (dpa) – Im Landkreis Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) sind vier Menschen nach schweren Überflutungen ums Leben gekommen. Das bestätigte ein Sprecher der Polizei in Koblenz am Morgen. Die genauen Umstände seien noch unklar. Die Opfer wurden demnach an mehreren Orten gefunden.

Im Eifel-Ort Schuld bei Adenau sind laut Polizei in der Nacht sechs Häuser eingestürzt. Nach Angaben eines Polizeisprechers vom Morgen werden dort derzeit mehr als 30 Menschen vermisst.

Eine Vielzahl an Häusern sei instabil, es bestehe Einsturzgefahr. Die Lage in Schuld sei unübersichtlich, so der Sprecher. Wie viele Menschen genau vermisst würden, sei noch unklar. Der Katastrophenfall sei ausgerufen worden.

Der gesamte Landkreis Ahrweiler sei von der Unwetterlage betroffen, sagte der Sprecher. Mehrere Orte wurden demnach wegen des Hochwassers von der Außenwelt abgeschnitten. Ungefähr 50 Menschen befänden sich dort auf Hausdächern und müssten gerettet werden.

THW-Helfer eingeschlossen

Auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm ist die Situation wegen Hochwassers nach Angaben eines Kreis-Sprechers extrem gefährlich. In Messerich in der Eifel wurden nach Angaben des Kreises zwei Helfer des Technischen Hilfswerks von den Fluten eingeschlossen, es besteht Lebensgefahr, wie der SWR berichtete.

Es sei mit Sturzfluten und Überflutungen zu rechnen, hieß es. Auf dem Campingplatz «Stahlhütte» in Dorsel (Kreis Ahrweiler) und weiteren Anlagen entlang der Ahr mussten Personen von den Dächern ihrer Campingwagen gerettet werden.

Zwei Einsatzkräfte sterben

Im Einsatz gegen die Auswirkungen der neuesten Unwetter sind zwei Feuerwehrleute im Märkischen Kreis ums Leben gekommen. In Altena im Sauerland kam bei der Rettung eines Mannes nach dem Starkregen ein 46 Jahre alter Feuerwehrmann ums Leben. Er wurde von den Wassermassen fortgerissen und ertrank. Das bestätigte ein Sprecher der Polizei im Märkischen Kreis. Nur zwei Stunden später kollabierte ein 52 Jahre alter Feuerwehrmann bei einem Einsatz im Bereich des Kraftwerks Werdohl-Elverlingsen. Er sei trotz Reanimations- und Hilfsmaßnahmen gestorben, teilte die Polizei mit.

Die Polizei gehe von einem gesundheitlichen Notfall aus. In Altena waren – wie in vielen anderen Orten – Keller und Straßen überflutet. Der über die Ufer getretene Fluss Lenne verschärfte dort die Situation zusätzlich. Das Wasser lief in die Innenstadt. Altena sei «so gut wie nicht erreichbar», teilte die Polizei am Nachmittag mit.

Damm droht zu brechen

Der Damm der Steinbachtalsperre in Euskirchen droht aufgrund des Unwetters zu brechen. Daher sei am Donnerstag die Autobahn 61 zwischen Bliesheim und Meckenheim vollgesperrt worden, teilt die Polizei mit. Zuvor war die A61 bereits gesperrt worden, weil die Autobahn von Wasser überflutet worden sei. Zur Beobachtung des Dammes seien das Technische Hilfswerk (THW) und die Polizei vor Ort. Der Verkehr wird auf die A565 umgeleitet.

Menschen in Hückeswagen müssen Häuser verlassen

In Hückeswagen im Oberbergischen Kreis lief aufgrund der heftigen Regenfälle die Bevertalsperre über. Das Wasser liefe aktuell unkontrolliert über den Rand der Staumauer, teilt ein Sprecher der Leitstelle am frühen Morgen mit. Mehr als 1000 Menschen mussten demnach ihre Häuser verlassen. Nach enormen Regenfällen haben die Behörden im Bergischen Land einen unkontrollierten Überlauf der Wupper-Talsperre bei Radevormwald befürchtet.

Einsatzkräfte der Feuerwehr können das Wasser nach Angaben eines Sprechers der Leitstelle Oberbergischer Kreis mittlerweile jedoch kontrolliert ablaufen lassen. Aus Sicherheitsgründen wurden die Anwohner der Wupper in Radevormwald bereits seit dem späten Abend aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen, auch mit Lautsprecherdurchsagen. Für Betroffene wurde eine Betreuungsstelle in einer Grundschule in Radevormwald eingerichtet.

Mehrere Häuser sowie ein Tierheim wurden am frühen Morgen in Solingen-Unterburg aufgrund des Hochwassers evakuiert. Der Wasserzufluss bleibe derzeit unvermindert hoch, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Wuppertal mitteilte. Demnach werde das Wasser momentan von Einsatzkräften der Feuerwehr abgelassen, was sich auf das Stadtgebiet auswirkt. Die Bewohner konnten in Notunterkünften und teilweise bei Bekannten untergebracht werden.

Wupper überflutet Straßen

Auch in Wuppertal sorgten heftige Regenfälle zu einem Anstieg der Wupper und so für überflutete Straßen. Wie ein Sprecher der Polizei am frühen Morgen mitteilte, wurden einige Straßen auf der Talachse entlang der Wupper gesperrt. Anwohner wurden demnach aufgefordert, sich nicht in Kellergeschossen aufzuhalten, sondern sich in höher gelegene Wohnungen zu begeben. Trotz der angekündigten Flutwelle sei die Unwetterlage in der Stadt aber noch überschaubar, teilte der Sprecher weiter mit. Die Feuerwehr wies auf Twitter vorzeitig darauf hin, den Trinkwasserverbrauch vorsorglich einzuschränken. Durch einen Stromausfall sei auch die Wasserversorgung betroffen.

Bahnbetrieb teilweise eingestellt

Die Deutsche Bahn riet allen Bahnreisenden, Nordrhein-Westfalen weiträumig zu umfahren. «Bitte verschieben Sie Reisen von und nach NRW nach Möglichkeit auf die kommenden Tage», hieß es in einer Mitteilung. Am Mittwoch wurde auf zahlreichen Bahnlinien der Betrieb eingestellt. Die Bahn berichtete unter anderem von Verspätungen und Ausfällen von Zügen zwischen Köln und Düsseldorf sowie zwischen Köln und Wuppertal. Die Strecken zwischen Köln und Koblenz waren auf beiden Seiten des Rheins nicht befahrbar. ICE-Züge zwischen Frankfurt und Brüssel fuhren nur zwischen Frankfurt und Köln.

Laschet reist in betroffene Gebiete

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) will heute die von Überflutungen besonders betroffene Ruhrgebietsstadt Hagen besuchen.

In Rheinland-Pfalz rief der Kreis Vulkaneifel nach starken Regenfällen und Überschwemmungen den Katastrophenfall aus. «Die Lage ist sehr ernst, wir haben viele überschwemmte Straßen und Ortschaften, die nicht mehr erreichbar sind», sagte Landrätin Julia Gieseking am Mittwochabend in Daun. Die Schulen im Kreis sollen am Donnerstag geschlossen bleiben.

Nach Überschwemmungen wegen anhaltender Regenfälle wurde am Mittwochabend im Landkreis Trier-Saarburg die zweithöchste Alarmstufe ausgerufen. Nach einer Mitteilung der Technischen Einsatzleitung des Brand- und Katastrophenschutzes waren am frühen Donnerstagmorgen die Verbandsgemeinden Trier-Land, Schweich und Konz am heftigsten vom Hochwasser betroffen.

Schleswig-Holstein auch betroffen

Auch im Norden Deutschlands war die Feuerwehr im Großeinsatz. Nach einem starken Gewitterschauer sind die Einsatzkräfte der Feuerwehr in Uetersen in Schleswig-Holstein zu zahlreichen Einsätzen ausgerückt. In rund 60 Fällen wurden am Mittwochabend überflutete Keller, Straßen und Grundstücke leergepumpt, wie der Kreisfeuerwehrverband mitteilt.

Besonders heftig trafen demnach die Wassermassen die Fußgängerzone, vier Wohnblocks und das Gelände einer Chemiefirma, bei der die Produktionshallen vollzulaufen drohten. Als die Einsatzkräfte bei der Firma eintrafen, hätten Mitarbeiter des Betriebs die Hallen bereits mit dafür vorgesehenen Barrieren gegen das Wasser geschützt. Die Gefahr eines Gefahrgutaustritts habe zu keiner Zeit bestanden, hieß es.