Tee und Decken bei extremer Kälte: Kältebusse sind unterwegs

Tee und Decken bei extremer Kälte: Kältebusse sind unterwegs
Ein wohnungsloser Mann hält eine Schale mit Eintopf, die er von Helfern des Kältebusses bekommen hat, in den Händen. (Moritz Frankenberg/dpa/Archivbild)

WOCHENBLATT
WOCHENBLATT

Stuttgart (dpa/lsw) – Die ausgestorbenen Innenstädte im Corona-Lockdown erleichtern den wenigen Kältebussen im Land in diesen klirrend kalten Nächten die Versorgung der Obdachlosen. «Die Straßen sind bislang völlig leer gewesen. Da fällt es natürlich leichter, durch die Fußgängerzonen zu kommen. Man kann die Wohnungslosen auch schneller erkennen», sagt Sandra Welsch, die für das Deutsche Rote Kreuz in Stuttgart den Einsatz des Kältebusses koordiniert. Haben Restaurants oder Clubs geöffnet, seien deutlich mehr Menschen und angetrunkene Feiernde unterwegs, die die Arbeit der Ehrenamtlichen störten, sagt sie weiter. Wohnungslose könnten im Moment auch leichter einen Schlafplatz finden, weil Geschäfte geschlossen seien.

In Stuttgart kommt der Kältebus von Stadt und DRK zum Einsatz, wenn die Temperaturen die Minusgrade erreichen. Zahlreiche bekannte oder vom Sozialamt, Streetworkern oder Anrufern gemeldete Plätze werden derzeit Nacht für Nacht ab 22.00 Uhr angefahren, es wird heißer Tee ebenso verteilt wie gespendete warme Schlafsäcke, Wolldecken, Kleidung, gestrickte Hundepullis, Schokolade und andere Snacks. Die Helfer verweisen auch auf die Angebote der Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe und bringen Bedürftige in seltenen Fällen in Notunterkünfte.

Kältebusse gibt es in Baden-Württemberg auch in Mannheim und in Esslingen. Der Kältebus in Karlsruhe steht dagegen nach Angaben des DRK seit drei Wochen wegen der Corona-Auflagen still.

«In Corona-Zeiten sind gibt es keine geöffneten Cafés und kaum Stuben zum Aufwärmen oder Duschen, weniger Pfandflaschen zum Einsammeln. Deshalb sind die Obdachlosen mehr in Not als zuvor», sagt Welsch. Sie ist von Beginn an und seit 2013 beim Kältebus mit dabei. In einer normalen Nacht spricht das Team des Busses ein Dutzend Wohnungslose an, 30 Orte im ganzen Stadtgebiet stehen auf der Liste der möglichen Anfahrtpunkte für die Versorgungsstation auf Rädern. «Es gibt aber auch Nächte, in denen wir nur ganz wenige erreichen», sagt Welsch. Das DRK registriert rund 50 Anrufe mit Hinweisen am Tag. «Die Resonanz ist riesig», sagt Welsch.

Genaue Angaben zur Zahl der als akut obdachlos gelten Menschen, die auf der Straße leben, gibt es nicht. «Diese Zahl kann nur geschätzt werde», sagt eine Sprecherin der Stadt Stuttgart. Nach Aussagen von Straßensozialarbeitern gehe das Sozialamt von bis zu 100 Menschen aus.

Derzeit sind nach Angaben der Stadt rund 75 von etwa 100 Plätzen in Notunterkünften belegt. «Es ist gewährleistet, dass jeder, der Schutz vor der Kälte sucht, auch eine Unterkunft findet», versicherte die Stadtsprecherin. Viele entscheiden sich jedoch bewusst für die Straße. Sie weigern sich unter anderem aus Scheu oder Angst vor Diebstahl und Übergriffen, diese Räume aufzusuchen. Anderen ist es nicht möglich, ihren Hund mitzunehmen.